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Erste Wagner-Aufführung in Israel:
Siegfried-Haman gewinnt vor Gericht
und im Konzertsaal

Von Oliver Maor

Zu einer bemerkenswerten Premiere kam es letzten Freitag in Rishon LeZion: Das in dieser Kleinstadt bei Tel Aviv beheimatete Sinfonieorchester führte unter Leitung des Dirigenten Mendi Rodan, gegen erheblichen Widerstand aus Teilen der Bevölkerung, ein Stück des umstrittenen deutschen Komponisten Richard Wagner auf, und zwar das "Siegfried-Idyll".

Erfolglos waren zunächst einige Versuche, die Aufführung zu unterbinden, und zwar auch mit juristischen Mitteln. Einige Personen und Einrichtungen hatten gegen die Aufführung geklagt. Sie begründeten dies mit der Furcht vor psychisch-körperlichen Folgen, die das Spiel eines Wagner-Stückes in Israel auf Überlebende der Shoah hätte, etwa Schlaflosigkeit, Unruhe und Angstzustände.

Der Oberste Gerichtshof Israels bestätigte einen Tag vor der Aufführung in einer Eilentscheidung den Beschluß des erstinstanzlich mit der Sache befaßten Gerichts, die Aufführung nicht einstweilen zu untersagen. Nun könnte, weil das gerichtliche Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, die Aufführung des Stückes theoretisch noch verboten werden - für die Zukunft. Es ist aber äußerst fragwürdig, ob dies geschehen wird. Denn auch in Israel ist die Kunstausdrucksfreiheit als Grundrecht geschützt.

Grundsätzlich hat jeder die Freiheit, wegzuhören, wenn er bestimmte Kunst nicht mag, und dies wird von ihm rechtlich auch erwartet. Traditionell wird nach der israelischen Rechtsprechung die Schwelle, ab der nicht nur eine nicht justiziable Geschmacksfrage, sondern eine unzulässige Rechtsverletzung vorliegt, auf liberale Weise zugunsten der Meinungs- und Kunstfreiheit sehr hoch angesetzt. Und dies führt nicht nur dazu, daß Enthüllungsjournalismus, detaillierte Berichte über nachrichtendienstliche Aktivitäten oder auch politische Hetzkampagnen in einem sehr weiten Rahmen möglich sind, sondern eben auch dazu, daß Werke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, die von Opfern des Antisemitismus und ihren Nachkommen als unzumutbar empfunden werden.

Musikalisches Germanentum
zur Untermalung roher Grausamkeit

Es ist unumstritten, daß Wagner Antisemit war. Wagner war der Lieblingskompnist Hitlers. Die tümelnde Schwere seiner Musik ist Sinnbild musikalischen Germanentums. Wagner-Musik wurde auch in Konzentrationslagern gespielt, gleichsam als Untermalung roher Grausamkeit. Hieraus erklärt sich der lange Bann der Wagner-Musik in Israel. Die letzte öffentliche Wagner-Aufführung im heutigen Israel vor 1981 sollte einen Tag nach der Reichspogromnacht 1938 stattfinden. Wegen der Ereignisse in Deutschland wurde sie abgesagt. 

Im Jahre 1981 beabsichtigte dann Zubin Mehta, Dirigent der Israelischen Philharmonie, in einem öffentlichen Konzert in Israel das "Tristan"-Vorspiel aufzuführen. Ältere Zuschauer brachen dabei unter Tränen zusammen. Buh-Rufe erschallten, von anderen wurde ein Sturm auf die Bühne unternommen. Mühsam vollendete das Orchester das Konzert. In späteren Jahren spielte dann der staatliche Sender "Stimme der Musik" gelegentlich "Lohengrin" oder "Siegfried", ohne daß dies zu besonderen Protesten geführt hätte. Im August 2000 stand dann das Wagner-Werk "Tristan und Isolde", und zwar in voller Länge, im Radioprogramm des Senders.

Während des Konzertes blieb ein größerer Tumult aus. Nach einem Bericht der israelischen Tageszeitung "Ha´Aretz" wirkte die Szene so, als hätten sich niemals zuvor mehr Fernsehkameras in einem Konzertsaal befunden als am Freitag. Die Zahl der Journalisten überstieg diejenige der Protestierenden bei weitem. Einige Zuhörer verließen zu Beginn des "Siegfried-Idyll" in schweigendem Protest den Saal.

Ein einzelner Mann, der in der Zeitung als "Shlomo" bezeichnet wird und zu dem angegeben wird, seine Familie habe während der Shoah gelitten, brachte sein Mißfallen dadurch zum Ausdruck, daß er etwa zwanzig Minuten lang Lärm erzeugte, mit einer Rassel, wie sie sonst zum Purimfest in der Synagoge betätigt wird, wenn beim Lesen der Esther-Rolle der Name "Haman" fällt - Haman war erklärter Feind des jüdischen Volkes, an dem er einen Genozid beabsichtigte, der schließlich durch eine wundersame Verknüpfung von Ereignissen und den Widerstand der Juden im damaligen Perserrreich verhindert wurde. Schließlich verließ Shlomo gebeugt und unter den verärgerten Augen und Rufen des Publikums den Saal - begleitet von Wagner-Musik, deren Spiel er nicht zu verhindern vermochte. Die Rassel wurde ihm vom Sicherheitsdienst abgenommen.

Vor dem Konzertsaal protestierte eine Anzahl Shoah-Überlebender, die Flugblätter verteilten und Protestplakate trugen. Eine Musikwissenschaftlerin wird vom Fernsehsender N24 mit den Worten zitiert: "Dies ist ein Schandfleck für das ganze israelische Volk. Wagner hat Hitler mit seinem Rassismus und Antisemitismus inspiriert, und deshalb kann ich nicht zustimmen, dass Wagner hier gespielt wird." Ein israelischer Historiker, selbst Shoah-Überlebender, meinte dagegen: "Ich unterscheide streng zwischen der Welt der Klänge und der Welt von gestern, die ich nicht vergesse. Hitler liebte Wagner, aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun." 

Damit sind die Argumente in der Debatte bereits weitgehend ausgeleuchtet. Auf der einen Seite steht die Ansicht, nur weil der Schöpfer der Musik Antisemit war und von einem - viel späteren - verbrecherischen Regime propagandistisch verwendet wurde, bedeutet dies nicht unbedingt, daß die von ihm geschaffene Musik selbst antisemitisch oder sonst nicht verwendbar sei. Das Werk ist damit losgelöst von seinem Urheber und seiner zeitweiligen Verwendung. 

Die Gegenmeinung verweist darauf, daß die durch den Urheber gesetzte und zu verbrecherischen Zwecken mißbrauchte Musik einen judenfeindlichen Stempel aufgedrückt bekommen hat, der nicht entfernt werden kann. Wer die Musik verwendet, nimmt danach automatisch Bezug auf ihren früheren Gebrauch.

Der Schrecken des Namens Haman für das Volk Israel ist gebrochen. Wie es aussieht, wird dasselbe Schicksal auch die Wagner'sche Musik ereilten.

haGalil onLine 30-10-2000

 

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