Für den 28. Oktober
rufen im Internet sogenannte freie Kameradschaften aus dem
rechtsextremen Spektrum zu einer Demonstration in Düsseldorf
unter dem Motto "Argumente statt Verbote" auf.
Auf den Seiten des "Aktionsbüros
Norddeutschland" ist unter anderem zu lesen: "Der Bombenanschlag von Düsseldorf
Ende Juli hat eine riesige Hetzkampagne gegen die gesamte Nationale Opposition
ausgelöst. Ohne Beweise für einen sog. "rechtsextremen" Hintergrund wurde die
Explosion als ein Indiz für einen vermeintlich existierenden "Terror von Rechts"
verkauft (...) Es wird Zeit, hier vor Ort in Düsseldorf ein Zeichen zu setzen."
Es drängt sich
hierbei die Frage auf, ob mit diesem Zeichen auch eine Aktion wie
der Brandanschlag gegen die Düsseldorfer Synagoge gemeint ist.
Immerhin die zeitliche Nähe zwischen der Veröffentlichung des
Demonstrationsaufrufes und dem antisemitischen Brandanschlag ist
verblüffend.
Das Internet wird
entsprechend seiner wachsenden Bedeutung immer mehr zu einem
Tummelplatz der Rechtsextremen jeglicher Ausrichtung. Allein über
die Seiten des "nationalen Widerstandes", gemeint sind damit hier
die schon erwähnten freien Kameradschaften, wird in diesem Monat zu
vier Demonstrationen aufgerufen.
Zur Erläuterung: Als
freie Kameradschaften bezeichnen sich diejenigen Rechtsextremisten,
welche sich unabhängig von Parteien wie der NPD in Gruppen von zehn
bis fünfzehn Personen organisieren und auch unabhängig von zentralen
Weisungen nach dem Prinzip des "führerlosen Widerstandes" handeln.
Volksverhetzung
und ähnliche Straftaten
Doch nicht nur als
Mobilisierungsplattform dient das WWW den Rechten. So sind über die
Internetseiten des "Deutschen Rechtsbüros", welches seine Startseite
mit einer antisemitischen Karikatur versehen hat,
Rechtshilfebroschüren für Neonazis zu bestellen. Bezeichnend ist der
Inhalt von Heft 1: "Volksverhetzung und ähnliche Straftaten", mit
dem Untertitel: "Überblick über die Rechtslage, welche Äußerungen
strafbar und welche erlaubt sind". Im Inhaltsverzeichnis finden sich
dann unter anderem Ratschläge zu folgende Themen:
"Ausländerkritische Äußerungen, Judenkritische Äußerungen oder
Äußerungen zum Thema Holocaust".
Diese Beispiele decken
noch nicht einmal die Spitze des Eisberges rassistischer und
antisemitischer Seiten im Internet ab. Das Angebot rechter Sites
wächst im gleichen Maße, wie das Netz selbst. Wer aus diesem
Phänomen jedoch, wie Cornelie Sonntag-Wolgast, Staatssekretärin im
Bundesinnenministerium, ein härteres und wirkungsvolleres Vorgehen
gegen die Betreiber fordert, oder wie Frau Däubler-Gmelin den
Einsatz von Filtersoftware empfiehlt, redet am Problem vorbei und
zeigt nur sein, beziehungsweise ihr Unverständnis der Funktionsweise
des World Wide Web.
Davon einmal
abgesehen, liegen viele rechtsextreme Internetseiten bei Providern
in den USA. Dort ist das Recht auf freie Rede ein sehr hohes Gut,
welches durch das „First Amendment“ in der Verfassung eingeschrieben
ist. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass die US-Amerikaner ihre
Verfassung ändern werden, weil die deutsche Politik sich hilflos in
der Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus zeigt. Für andere
Länder dürfte ähnliches gelten.
Im Umgehen mit antisemitischen und rechtsextremen Internetseiten wird häufig das
Medium Internet zur Ursache des Problems erklärt, um der Öffentlichkeit
einfache, griffige Lösungen zu präsentieren. Antisemitismus, Rassismus und
Rechtsextremismus lassen sich eben auch nicht an einigen tausend
stiefeltragenden Nazis festmachen, so bedrohlich diese auch sind.
Nein, es sind Probleme
direkt aus der Mitte der deutschen Gesellschaft und wer dies
ignoriert, um Wählerstimmen ganz rechts zu fangen, macht sich
mitschuldig an Anschlägen, Morden und Menschenjagden in Deutschland.
Es gilt zur Zeit eben nicht möglichst viele neue Initiativen gegen
Rechts von oben zu initiieren, sondern bestehende Projekte und
Netzwerke zu fördern und auszubauen.
is
haGalil onLine
11-10-2000
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