Salzburgs "Allerheiligen-Tradition":
Alles dreht sich um die Waffen-SS
Salzburg - Auch am heurigen Allerheiligentag dürfte der Salzburger
Kommunalfriedhof nicht ganz ohne politische Kundgebung bleiben.
Nebst dem bereits traditionellen Veranstaltungsreigen - diverse
Kranzniederlegungen am Kriegerdenkmal, darunter auch durch die
Kameradschaft IV für die "gefallenen Kameraden der Waffen-SS" -
werden die Grünen mit einem Kranz "der Deserteure, ermordet von der
Waffen-SS" gedenken.
Eine
"Trauerversammlung" um ermordete Juden, Zwangsarbeiter und sonstige
Opfer des Nazi-Regimes wurde von der Polizei zwar nicht genehmigt,
doch haben sich die Veranstalter auch in früheren Jahren dadurch
nicht von kleineren Aktionen abhalten lassen.
Angemeldet hat die Kundgebung zur Trauer um "ermordete Salzburger JüdInnen,
Sinti und Roma, Zwangsarbeiter, Euthanasieopfer, Kriegsdienstverweigerer und
Personen des Widerstands gegen die Nazis" eine Gruppe von zwölf Personen, allen
voran der Münchner Künstler Wolfram Kastner. Weitere Proponenten laut Kastner
sind der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer, der Grüne
Nationalratsabgeordnete Peter Pilz sowie Eugene Sensenig-Dabbous (Gender Link).
Mit Bescheid per 30. Oktober hat die Bundespolizeidirektion Salzburg die
Kundgebung untersagt, da "deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft". Bei der
angemeldeten Trauerversammlung würde es sich "nicht um einen volksgebräuchlichen
Aufzug (eine Trauerversammlung) handeln", vielmehr gehe es um "eine politische
Manifestation, die sich gegen das Auftreten ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS
auf dem Kommunalfriedhof richtet".
Damit gelte der "SS-Aufmarsch" für die Polizei "als volksgebräuchlich", der
weder einer Anmeldung noch einer Genehmigung bedürfe, während die Trauer um die
von den Nazis Ermordeten der Polizei "durchaus geeignet" erscheint, "das
Pietätsgefühl und das religiöse Empfinden der vielen zu diesem Zeitpunkt auf dem
Friedhof aufhältigen Friedhofsbesucher .. zu beeinträchtigen", kritisierte
Kastner den Bescheid-Text. Die Gruppe um Kastner lädt jedenfalls "alle
Salzburger ein, dem Aufmarsch der Waffen-SS beizuwohnen und mit eigenen Augen
wahrzunehmen, was in Österreich offiziell als volksgebräuchlich und
schützenswert gilt". Gegen den Bescheid der Polizei wird zudem Berufung
eingelegt.
Polizeidirektor Karl Schweiger erklärte dazu: "Wir haben uns mit der
Versammlungsanmeldung auseinandergesetzt und Kastner zu einem Gespräch
eingeladen", der aber habe von seinem Anhörungsrecht keinen Gebrauch gemacht.
Nicht zuletzt eingedenk der Erfahrungen der vergangenen Jahre, in denen es jedes
Mal zu Störungen gekommen sei, habe man die Kundgebung untersagt. Nach Paragraph
6 des Versammlungsgesetzes sei die Polizei verpflichtet so vorzugehen, wenn
durch eine Versammlung öffentliche Sicherheit und Wohl gefährdet scheinen. "Der
Friedhof ist ganz besonders am 1. November ein Tag des Totengedenkens. Ich
glaube, dass da Versammlungen in solcher Weise keinen Platz haben", betonte der
Polizeidirektor, der im Übrigen - noch eine Tradition - auch heuer wieder den
"1.-November-Einsatz" persönlich leiten wird.
derStandard,
25.10.2000
haGalil onLine
31-10-2000 |