Das Kuratorium der Stiftung zur
Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter wählte gestern einen
Vorstand. Die Stiftung ist damit nach einigen Querelen arbeitsfähig.
In das Gremium, das die Geschäfte führen wird, wurden der frühere israelischen
Botschafter in Deutschland, Avi Primor, der ehemalige brandenburgische
Justizminister Hans Otto Bräutigam und als Wirtschaftsvertreter der
Degussa-Generalbevollmächtigten Michael Jansen gewählt. Jansen wurde in einem
zweiten Wahlgang zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt.
Lothar Evers vom Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte, der
ebenfalls für einen der drei Sitze angetreten war, wurde mit nur neun von 26
abgegebenen Stimmen nicht gewählt.
Die gestrige Wahl war bereits der zweite Anlauf. Bei der ersten Sitzung des
Stiftungskuratoriums vor zwei Wochen war sie gescheitert. Die beiden Kandidaten
der Bundesregierung, Ex-Justizminister Hans-Otto Bräutigam und Ex-Staatssekretär
Lorenz Schomerus, waren beide in der Abstimmung durchgefallen.
Die Stiftung wird die Entschädigung noch lebender NS-Zwangsarbeiter regeln, die
je nach Zugehörigkeit zu einer Opfergruppe 5000 oder 15000 Mark erhalten sollen.
Der Fond der Stiftung soll mit zehn Milliarden Mark ausgestattet werden, die je
zur Hälfte Bundesregierung und Wirtschaft beisteuern. Es fehlen jedoch noch
immer 1,8 Milliarden Mark Beitrag der Industrie.
Otto Graf Lambsdorff, der Beauftragte der Bundesregierung für die Entschädigung
der NS-Zwangsarbeiter, bezeichnete das zögerliche Verhalten, die fünf Milliarden
Mark aufzubringen, als höchst ärgerlich. Die Zahlungsbereitschaft sei "reichlich
zähflüssig und es gibt merkwürdige Erklärungen aus der Wirtschaft, nicht zu
zahlen".
Avi Primor sagte am Mittwochabend, dass der Vorstand dafür sorgen werde, dass
das Geld nicht mehr lange fehle. "Wir müssen ein bisschen drängen, wir müssen
dran arbeiten", so Primor. "Die Schwierigkeiten, die noch vorhanden sind, die
müssen wir schnell beseitigen."
haGalil onLine
21-09-2000
|