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Ausgabe Nr. 31/00, 3.8.2000

Michel de Notredame

«Was wurde in Deutschland versäumt?»
Terror der Glatzen

Rechtsextreme morden, und die Deutschen schauen weg. 
Das sei nie mehr möglich, dachte Paul Spiegel,
Präsident der deutschen Juden. 
Jetzt bangt er um Demokratie und Freiheit
Interview: Armin Guhl

«Es ist bereits fünf nach zwölf»


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Weltwoche: Der Indonesier Harianto Wijaya erhielt Anfang der Woche als erster ausländischer Computerspezialist die Green Card, eine spezielle Arbeitsgenehmigung für Deutschland. Wie würden Sie ihn begrüssen?
PAUL SPIEGEL: Welcome to Germany.

Muss er, nach den jüngsten Angriffen auf Ausländer, fortan in Angst leben?
Ich glaube, dass nicht nur viele Ausländer und Minderheiten Angst davor haben, hier zu leben, sondern auch immer mehr Deutsche. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass diese Zeit wieder kommen würde. Aber schauen Sie sich die Nachrichten an von heute, gestern, der vorigen Woche und der vergangenen Monate – täglich lesen wir von Angriffen auf Ausländer, Asylbewerber, auf Ausländerwohnheime, sogar Synagogen und jüdische Friedhöfe. Da muss man sich leider fragen, ob Ausländer wissen, was sie hier erwartet. Diese Frage stellen sich auch viele Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, die nie gedacht hätten, dass so etwas in Deutschland nochmals möglich wäre.

Wenn Politiker wie der bayerische Innenminister Günther Beckstein zwischen Ausländern unterscheiden, die nützen, und solchen, die Deutschland ausnützen – was geht dann in Ihnen vor?
Ich halte eine solche Unterscheidung für äusserst fatal, und hoffe, dass sie nicht Teil des neuen Einwanderungsgesetzes wird.

In ihrer Heimatstadt Düsseldorf wurden vergangene Woche bei einem Sprengstoffanschlag zehn Menschen teilweise schwer verletzt. Sie kamen aus der ehemaligen Sowjetunion, sechs von ihnen gehören jüdischen Gemeinden an. Die Ermittler vermuten den oder die Täter im rechtsextremen Milieu.
Solange nicht gesicherte Erkenntnisse vorliegen, sollte man nicht spekulieren. Natürlich ist alles denkbar, auch die Tat eines Einzelnen, eines Wahnsinnigen. Warten wir die Untersuchungen ab.

Vor seinem Tod warnte Ihr Vorgänger Ignatz Bubis vor der Gefahr des neuen rechten Terrors. Sie haben ihm damals widersprochen. Würden Sie das heute noch tun?
Ganz entschieden nein! Ich habe damals nicht so weit in die Zukunft gesehen wie er. Heute plagt mich grosse Sorge, wie es um dieses Land bestellt ist. Dass ein Grossteil der Bevölkerung nicht hinsieht, nicht aufschreit; dass man die Angriffe auf Ausländer und Minderheiten nicht als Angriffe auf jeden von uns betrachtet; dass man darin nicht eine Bedrohung der gesamten freiheitlichen Grundordnung Deutschlands sieht – das alles bedrückt mich sehr.

Haben Politik und Justiz die Gefahr zu lange verharmlost?
Nein. Die Polizei macht sehr viel, der Verfassungsschutz auch. Die Gesetze sind da, sie müssen nur konsequent angewendet werden. Es darf nicht sein, dass Prozesse gegen Rechtsextreme über Monate und Jahre verzögert werden. Was wir seit drei Monaten erleben, ist eine Eskalation. Man kann die Augen davor nicht mehr verschliessen. Das sehen auch alle demokratischen Parteien so, sie nehmen die Gefahr sehr ernst. Das genügt aber nicht. Es muss mehr geschehen als eine spektakuläre Aktion, die dann wieder in sich zusammenfällt. Die Frage muss beantwortet werden: Was wurde versäumt? Was ist falsch gelaufen? Wie konnte es so weit kommen?

Kennen Sie die Antwort?
Ein wichtiger Ort sind die Schulen. Der Mensch ist lernfähig, aber die Lehrer sind nicht darauf vorbereitet, dieses schwierige Thema in einer begreiflichen und didaktisch attraktiven Form zu vermitteln, weil sie selbst nicht darauf vorbereitet wurden. Es fehlen Fachseminare und Fortbildungskurse für Lehrer. Deshalb schlage ich eine Zusammenarbeit mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem vor. Dort wurde ein grosses Lernzentrum aufgebaut, wo Lehrer aus aller Welt mit Seminarien und Unterrichtsmaterial vertraut gemacht werden. Natürlich hat das seinen Preis, man kann nicht jeden Lehrer nach Israel schicken. Aber die Zusammenarbeit mit Yad Vashem lohnt sich.

Bisher hiess es, der Fremdenhass in Deutschland sei in erster Linie ein ostdeutsches Phänomen. Weshalb ist das rechtsradikale Gedankengut dort besonders ausgeprägt?
Es stimmt, dass der Hass auf alles Fremde im Osten besonders häufig zu beobachten ist und auch besonders gewalttätige Züge angenommen hat. Aber man darf nicht vergesssen, dass die Keimzelle des Neonazismus in Westdeutschland liegt, wo die rechtsradikalen Parteien ihren Ursprung haben. Ich warne davor, immer alles dem Osten anzulasten. Rechtsextremismus ist eine Gefahr, die ganz Deutschland angeht.

Wie erklären sie dann die starke Häufung und die besondere Brutalität von Gewalttaten im Osten?
Das hängt vielleicht mit der hohen Arbeitslosigkeit und der dort allgegenwärtigen No-Future-Mentalität zusammen. Wenn Jugendliche weniger Zeit mit Arbeit verbringen, haben sie mehr Zeit für das Surfen im Internet. Und das Internet ist derzeit die grösste Quelle für Rassismus. Im Internet korrespondieren Jugendliche mit Gleichgesinnten, pumpen sich gegenseitig mit Hass auf. Das alles passiert zu Hause, in der Anonymität, aber im Austausch mit Tausenden. Wenn nicht bald etwas geschieht, fürchte ich, wird noch viel mehr Gift über das Internet zu uns gelangen. Dann sehe ich ganz grosse Probleme auf uns zukommen.

Also muss der Staat härter durchgreifen...
Nicht der Staat, die Staaten. Deutschland allein kann wenig machen. Deshalb müssen alle europäischen Länder mitarbeiten und ganz besonders Amerika, denn von dort kommen schlimme Dinge. Es geht nicht darum, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Wir brauchen aber einen Filter wie bei der Kinderpornografie, um das Internet von diesem Gift zu befreien.

Fühlen sich Rechtsextreme zur Gewalt ermuntert, weil sie glauben, eine schweigende Mehrheit zu vertreten?
Sie glauben, Vertreter einer Minderheit zu sein, die stark anwächst und bis jetzt keine grossen Gegner hatte. Die Terroristen der Roten Armee Fraktion wurden vom Staat massiv bekämpft, und sie hatten auch keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Die Rechtsextremen denken hingegen, auf viel mehr Sympathien zu stossen.

Im vergangenen Monat wurden auch drei Moscheen von Rechtsextremen angegriffen. Sind Juden und Muslime gleichermassen die neuen Feinde?
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Gotteshäuser in Deutschland wieder Ziele von Anschlägen sind. Als ich 1945 hierhergekommen bin, sagten meine Eltern und deren Freunde: In Deutschland wird es so etwas nie wieder geben. Und jetzt dies: Das ist schlimm, tragisch, besorgniserregend. Ignatz Bubis und ich haben immer wieder gesagt: Wehret den Anfängen. Doch es sind schon keine Anfänge mehr. Es ist fünf nach zwölf.

Diskussion [ Terror von Rechts]

haGalil onLine 03-07-2000

Reisen nach Israel...


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