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Lektion in Völkerrecht:
Deutschland im Spiegel zweier Vorschläge für Lehrstühle an seinen Universitäten.

In kurzem Abstand sind zuletzt zwei Vorschläge unterbreitet worden, die nach der Neueinrichtung von Lehrstühlen an deutschen Universitäten verlangen. Das wäre besonderer Betrachtung nicht wert, gehören Neugründungen, Umstrukturierungen und Umbenennungen an den Hochschulen doch nahezu zum Alltag. Fortschritte in der Wissenschaft und Forderungen aus gesellschaftlichen Praxisfeldern machen sie, wenn schon nicht notwendig, so doch ratsam. In beiden hier vorliegenden Fällen haben wir es mit anderen Motiven zu tun, und die lohnen einen Moment des Nachdenkens.

Die »Landsmannschaft Schlesien« hat die Bund-Länder- Kommission für Bildungsförderung dazu angeregt, einen Lehrstuhl für die Erforschung der Vertreibung zu schaffen. Damit ist selbstredend die Vertreibung von Deutschen aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße gemeint, die einst zum »Großdeutschen Reich« gehörten. Dies teilte ein Blättchen mit, dessen Artikel vorzugsweise der früheren niederschlesischen Gauhauptstadt Breslau gelten und da wieder allem, was aus deren Geschichte der nationalen Erbauung zu dienen vermag. So jüngst die Mitteilung, daß in der einstigen Hofkirche der Stadt eine Tafel wiederentdeckt und endlich restauriert worden sei, die an die deutschen Kriegstoten des Ersten Weltkrieges mit einer Inschrift erinnert, die besagt, sie seien für das Vaterland und »für uns gefallen«. Diese Art Erinnerung an die Schlachten, die in imperialistischem Interesse geschlagen wurden, läßt sich zunehmend rechts und links der Oder antreffen. Als nahe Niesky im vergangenen Jahr ein einschlägiges Denkmal eingeweiht wurde, spielte die Blaskapelle des Oberlausitzkreises »Ich hatt' einen Kameraden«. Die bundesrepublikanischen Neubürger haben sie also wieder, die Kameraden, die einmal die »besten Soldaten« waren. Nur eben die Ländereien nicht, die als Folge ihres Schießens, Zertrümmerns und Mordens verlorengingen.

Von den Verursachern dessen ist die Rede in besagtem Blättchen nicht. Und auch nicht vom Hergang der Vertreibung in der Stadt, die heute Wroclaw heißt. Diese besorgten, wenn von der übergroßen Mehrheit ihrer Einwohner, von mehr als drei Vierteln, die Rede ist, die Nazibonzen in der letzten Januardekade des Jahres 1945. Sie liefen treppauf und treppab, um den Breslauern Beine zu machen, und sie hatten damit wenig Mühe. Die Angst vor dem Kriege, die Ahnung, daß Richter und Rächer nahten, die Furcht vor dem »Bolschewismus«, der ihnen seit 1917 als mörderisches Gespenst auf Plakate gemalt worden war, ließ die Stadtbewohner ein paar Sachen packen, ließ die einen sich mit Schlitten auf den ungewissen Weg in bittere Kälte machen, die anderen zu den Bahnhöfen drängen. So begann die Vertreibung zum Zwecke, die Stadt in eine »Festung« verwandeln und den Krieg bis »fünf Minuten nach zwölf« weiterführen zu können. Denn wären die Leute geblieben, wo sie waren, hätte es weder ausreichend Schußfeld noch genügend Lebensmittel gegeben, das aussichtslose Schießen und Sterben bis in die ersten Maitage fortzusetzen.

Davon soll am Lehrstuhl genausowenig gesprochen werden wie das sonst der Fall ist, wenn in Deutschland das Wort »Vertreibung« fällt, denn es müßte dann von der Dumpfheit und Stumpfheit des Weitermachens und jener - wäre das nicht eine Beleidigung für das Tier, ließe sich sagen: hündischen - Gefolgstreue gehandelt werden, die den Krieg erst am 8. Mai 1945 zu Ende gehen ließ und die so viel Stoff für heutiges Nachdenken liefert. Wovon also soll die Rede sein? Von der Vertreibung, die ihrem Umfang nach vor jener zu nennen wäre, die bei der »Teilung Indiens« geschehen sei (immer geschieht hierzulande das Größte) und vom »Holocaust an den Deutschen«, eine Formulierung, für die sich Gesetzgeber und Staatsanwälte interessieren könnten, denn sie gehört zu den engen Verwandten der Auschwitz-Lüge.

Keine Frage, daß die »Berufsschlesier« mit ihrem Ansinnen nach Bayern schielen, doch wäre ihnen, gäbe es dort eine einschlägige Anstalt, natürlich auch Niesky oder Frankfurt recht. Das brandenburgische, nicht das hessische.

In Frankfurt am Main wird dagegen bereits über die Einrichtung eines Lehrstuhls gesprochen, dessen Gegenstand die Erforschung des Massenmords an den europäischen Juden sein soll, und - wie zu lesen war - bereits über dessen personelle Besetzung gestritten. Diese Arbeit ist seit den außerhalb Deutschlands geleisteten Pionierarbeiten Gerald Reitlingers und Raul Hilbergs auch durch Beiträge deutscher Forscher weit vorangeschritten und erhielt noch einmal einen starken Impuls, als es möglich wurde, Archive in Rußland und in anderen Nachfolgestaaten der UdSSR zu benutzen, die bis dahin verschlossen gewesen waren. Kein Thema, das die Untaten der deutschen Faschisten und ihrer Büttel betrifft, wurde in einer internationalen Gemeinschaft oder doch in grenzüberschreitender Wahrnehmung so gründlich erforscht wie das »Holocaust« genannte Verbrechen. Daß daran Forscher und Hochschullehrer an vielen deutschen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen beteiligt waren, kann wegen der Anregungen für deren Studenten und dem Wirken in den jeweiligen Regionen nur als ein Gewinn angesehen werden.

Nun also - so der Vorschlag - soll in Verbindung mit dem Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main ein besonderer Lehrstuhl geschaffen werden. Und das läßt mit dem Blick auf das Geleistete und anderswo auf den Weg Gebrachte fragen, inwiefern er die Wissenschaftslandschaft sinnvoll ergänzen könnte. Zum einen dürfte der Lehrstuhl gedanklich nicht so eng konzipiert werden wie das Denkmal, das in Berlins Zentrum entsteht. Zum anderen müßte er sich in einem besonderen Grade zum Ziel setzen, deutsche Politiker zu beraten, die keine Gelegenheit auslassen, durch die Absonderung unverbindlicher Phrasen zum Widerstand gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenhaß und Ausländermord aufzurufen, anstatt einen Plan zur Mobilisierung der anständigen und aktionsbereiten Minderheit im Land vorzulegen und ihn ins Werk zu setzen. Vor allem aber wären Name, Wirken und Hinterlassenschaft des Juristen Fritz Bauer eine Fundgrube für ein Konzept, das auf eingreifende Wissenschaft zielt. Bevor noch der faschistische Mächteblock besiegt war, schrieb der spätere hessische Generalstaatsanwalt 1944 im schwedischen Exil: »Das deutsche Volk braucht eine Lektion in Völkerrecht.« Denn es »weiß kaum, was Völkerrecht ist. Wir, die an deutschen Gymnasien und Universitäten aufgewachsen sind, haben immer gehört, der Zweck heilige die Mittel, sobald es um's Vaterland geht.«

1999 während des Krieges der NATO gegen Jugoslawien, ließ sich prüfen, was aus diesem Rat geworden ist. Bauers Buch trug übrigens den Titel »Kriegsverbrecher vor Gericht«. In wissenschaftlichen Bibliotheken ist es zu bekommen. Es wäre zur obligatorischen Lektüre für alle zu machen, die über die Errichtung des Lehrstuhls mit zu entscheiden haben. Danach, nicht davor, ließe sich trefflich klären, wer geeignet ist, das Erbe des Antifaschisten zu pflegen und zu mehren.

Kurt Pätzold

 

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