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Nach einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor" vom Donnerstag hat
auch die katholische Kirche während des Zweiten Weltkriegs
Zwangsarbeiter beschäftigt. Nach "Monitor"-Recherchen haben u. a. in
der Benediktinerabtei Kloster Ettal, im Dominikanerkloster St. Josef
am Ammersee, im Franziskanerkloster in Neiße und im Paderborner
Leokonvikt vor allem Polen, Russen und Ukrainer Zwangsarbeit
geleistet.
"Monitor" hatte Betroffene und Augenzeugen in Polen und Deutschland
befragt und zahlreiche Dokumente gesichtet. Danach haben
NS-Zwangsarbeiter, auch Kinder, vor allem in der Landwirtschaft von
Klöstern und katholischen Einrichtungen bis zu 13 Stunden am Tag
arbeiten müssen. Sie bekamen oft keinen oder nur einen geringen
Lohn. Auch KZ-Häftlinge wurden von der katholischen Kirche zur
Zwangsarbeit angefordert.
Die katholische Kirche kritisierte unterdessen den Bericht des
ARD-Magazins "Monitor" über Zwangsarbeiter in kirchlichen
Einrichtungen als "zum Teil manipulativ". Bei mehreren der am
Donnerstagabend genannten Beispiele seien "Fakten unterschlagen"
worden, sagte der Sprecher des Sekretariats der Deutschen
Bischofskonferenz, Rudolf Hammerschmidt. "Monitor" berichtete nach
Angaben Hammerschmidts beim Thema Zwangsarbeiter sowohl über das
Dominikanerinnenkloster am Ammersee als auch über Arbeiten am Kölner
Dom ungenau. Der im Bericht gezeigte Brief der Ammerseer Schwestern
belege im weiteren deren Fürsorge für die bei ihnen eingesetzten
Zwangsarbeiter. Beim Kölner Dom führe "Monitor" einen staatlichen
Dombaumeister an und mache dafür die Kirche verantwortlich.
Damit, so betonte der Sprecher, wolle er nicht sagen, dass von
kirchlicher Seite in der NS-Zeit nicht auch Fehler gemacht worden
seien. Man müsse aber jeden einzelnen Fall, in dem jetzt von
Zwangsarbeitern in einer kirchlichen Einrichtung die Rede sei, sehr
genau prüfen. Er verwies darauf, die katholische Kirche sei "die
einzige gesellschaftliche Großgruppe gewesen, die für den Staat als
Staatsfeind galt" und nach Ende des Krieges ausgerottet werden
sollte.
Die Diözesanbischöfe in Deutschland würden frühestens auf ihrer
nächsten regulären Sitzung am 28. August darüber beraten, ob sich
die katholische Kirche nun doch an dem Entschädigungsfonds für
NS-Zwangsarbeiter beteiligen werde.
Die evangelische Kirche in Deutschland hatte sich bereits in der
vergangenen Woche bereit erklärt, sich mit zehn Millionen Mark an
der Entschädigungs-Stiftung für NS-Zwangsarbeiter zu beteiligen. Mit
der Beschäftigung von Zwangsarbeitern habe sich die Kirche an einem
Zwangs- und Unrechtssystem beteiligt. Im Unterschied dazu hat die
katholische Kirche eine Beteiligung an dem Fonds bisher mit der
Begründung abgelehnt, aus ihren zentralen Archiven ergäben sich
keine Anhaltspunkte für eine Beschäftigung von NS-Zwangsarbeitern.
In den einzelnen Einrichtungen der katholischen Kirche liefen nun
verstärkt Nachforschungen, teilte die Bischofskonferenz mit.
Als Reaktion auf den "Monitor"-Bericht legte unter anderem das
Kloster Ettal in Südbayern ein erstes Ergebnis vor, das von der
Bischofskonferenz verbreitet wurde. Neben 19 französischen
Kriegsgefangenen und 16 russischen Arbeitskräften wurde demnach auch
ein polnisches Ehepaar mit seinen zwei Kindern im Kloster und den
dazugehörigen Einrichtungen eingesetzt. Vor allem im Fall des
Ehepaares sei von Zwangsarbeit auszugehen, sagte Hammerschmidt.
Die Bischofskonferenz geht nach eigenen Angaben weiteren
Anhaltspunkten für die Beschäftigung von NS- Zwangsarbeitern nach.
In Berlin sollten nach ersten Hinweisen katholische Pfarrgemeinden
bei Friedhofsarbeiten auf Zwangsarbeiter zurückgegriffen haben. Die
Nachforschungen würden fortgesetzt. Im Leokonvikt in Paderborn seien
nach Auskunft einer früheren Verwalterin Zwangsarbeiter in der
Landwirtschaft eingesetzt worden, was von der Erzdiözese Paderborn
überprüft werde.
Politiker aller Parteien haben unterdessen an die Katholische Kirche
appelliert, ihrer Verantwortung gegenüber NS-Zwangsarbeitern gerecht
zu werden und in den Entschädigungsfonds einzuzahlen. Der
Beauftragte der Bundesregierung für die Stiftungsinitiative, Otto
Graf Lambsdorff, sagte, es gebe eine Gesamtverantwortung in
Deutschland, der sich auch die Katholische Kirche stellen sollte.
Lambsdorff betonte, dass in den letzten Kriegsjahren niemand eine
diakonische oder karitative Einrichtung ohne Zwangsarbeiter habe
betreiben können.
haGalil onLine
23-07-2000
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