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Rabbiner Tuvia ben Chorin:
Progressives Judentum in Israel

Viele unserer Brüder und Schwestern in der Diaspora glauben, es sei leichter, in Israel ein jüdisches Leben zu führen als im Ausland. Zwar leben wir in Israel in einer jüdischen Atmosphäre, aber wer nicht orthodox ist und dennoch einen Weg sucht, seiner jüdischen Lebensweise in historisch-kritischer Haltung Ausdruck zu geben, und glaubt, daß der Einzelne das Recht hat, seinen ihm gemäßen Weg zu suchen und sich mit Gleichgesinnten im Rahmen einer traditionellen Gemeinde oder einen neuen Siedlungs- und Erziehungsform zu organisieren, stößt auf Schwierigkeiten im Hinblick auf den jüdischen Inhalt.

Die Bewegung für progressives Judentum in Israel bildet eine jüdische Minderheit innerhalb einer jüdischen Mehrheit. Die meisten säkularen Juden in Israel (man verwechsle nicht säkular und atheistisch: Säkular ist häufig ein gott- und traditionsgläubiger Jude, der sein Judentum nicht im täglichen Leben praktiziert) sind nicht tolerant, vor allem nicht in Fragen der Religion. In Israel wird durch das Bildungssystem der Mythos genährt, daß die unnachgiebige Haltung der Religion das Volk Israel bis auf den heutigen Tag bewahrt hat. Aber es ist eigentümlich für Israel, daß diese These auch im staatlichen Rechtssystem ihren Ausdruck gefunden hat. Progressive und konservative Rabbiner werden vom Staat nicht anerkannt und können als solche weder bei der Armee noch in irgendeinem anderen verpflichtenden Rahmen als staatliche Rabbiner, als Gemeinderabbiner oder als Mitglieder religiöser Synoden, in Krankenhäusern, bei Gericht oder in der Seelsorge amtieren. Daher können sie auch keine Trauungen, Scheidungen oder Übertritte durchführen. Die meisten säkularen Juden, die der Politisierung der Religion in Israel überdrüssig sind, haben doch nicht den Mut, sich von der Autorität des religiösen Establishments im Hinblick auf Brit, Bar Mizwa, Trauung und Begräbnis loszusagen. In dieser Phase ist Israel eine säkulare Demokratie mit einem ständig zunehmenden Kulturkampf.

Der Staat Israel ist der dritte Versuch, ein jüdisches Staatsgebilde zu errichten. Worauf können wir uns dabei stützen? Die Unabhängigkeitserklärung drückt es ganz eindeutig aus, aber die Vision wird von vielen übersehen. Bedauerlicherweise ist die Unabhängigkeitserklärung nicht bei unseren Gerichten rechtsgültig. obwohl sie hin und wieder auch von den Justizbehörden zitiert wird. In der Unabhängigkeitserklärung wird die Vision des Staates in einer für das reformierte Judentum akzeptablen Form definiert:

"Der Staat Israel … wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Vision der Propheten Israels gestützt sein. Er wird allen seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen…"

Die Definition des Judentums "im Sinne der Vision der Propheten Israels" ist die Grundlage des progressiven Judentums. Aber nur in Israel können wir die Vision auch in die Tat umsetzen.

Wir sind uns der Kluft zwischen Realität und Ideal bewußt. Was aber tun wir in Israel zur Verwirklichung des Ideals?

Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre stand die Errichtung der Gemeinden im Vordergrund unserer Bewegung. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre wurden in der Arawa zwei Kibbuzim gegründet (50 Kilometer nördlich von Eilat): Jahel und Lotan sowie in Obergaliläa die Gemeinschaftssiedlung Har Chaluz. Der Bedarf an Reformrabbinern veranlaßte das Hebrew Union College, ein israelisches Programm zur Rabbinerausbildung zu schaffen. Gegenwärtig versuchen wir mittels eines Bildungsprogramms, den "Durchschnittsisraeli" anzusprechen, der sich nicht in den bestehenden religiösen Rahmen eingeordnet hat. Wir bieten unabhängige Kindergärten und Schulen; Vorbild für letztere ist selbstverständlich das pädagogische Zentrum in Haifa, die "Leo-Baeck-Schule", die noch vor der Staatsgründung eröffnet wurde. Eltern, die ihren Kindern eine religiöse Erziehung ohne Zwang geben wollen, ein Judentum das man erleben kann, haben die Möglichkeit dazu durch unsere Schulen und Kindergärten. Wir bieten keine absolute Einstellung, sondern den Zugang durch Ästhetik und Ethik, der den Juden zum Menschen in der Tradition erzieht und formt. Da sich die Erziehung in Israel in einer Krise befindet, sind viele Eltern bereit, sich unserem bestehenden System anzuschließen. Durch unsere Kindergärten und Schulen hoffen wir, auch zur Erwachsenenbildung zu gelangen.

In den letzten Jahren nimmt die Bewegung am politischen Kampf teil und eine regierungsnahe Lobby bemüht sich, systematisch in das Bewußtsein der israelischen Öffentlichkeit zu dringen. Zu diesem Zweck wurde das Institut für Pluralismus und Demokratie gegründet.

Im wesentlichen sagen wir den israelischen Jüdinnen und Juden, daß ihr Leben in Israel erst durch ein bewußt jüdisches Leben sinnvoll werde. Wir konzentrieren uns auf drei Punkte: auf das Leben des Einzelnen und der Familie; auf die Erziehung (siehe oben) und drittens auf den öffentlichen politischen Kampf. Das Zentrum für Pluralismus und Demokratie lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf Themen der Religionsfreiheit wie die Trennung von Religion und Staat sowie die Aufdeckung von diesbezüglichen Mißständen, die Gleichberechtigung der Frau und die Einhaltung der Menschenrechte. Hinsichtlich des letzteren besteht politische Meinungsverschiedenheit. Aber wir nehmen Stellung zu jedem Unrecht, das in den "besetzten Gebieten" oder in Israel geschieht.

Was bietet die Bewegung für progressives Judentum den jüdischen Bürgern im Staat Israel? Die Gemeinden vermitteln das Judentum im täglichen Leben, an den Schabbatot und Festen und durch Studienkreise. Wer sich den Gemeinden anschließt, drückt damit sowohl seine Zugehörigkeit zum progressiven Judentum als auch sein Bekenntnis zu jenem Abschnitt der Unabhängigkeitserklärung aus, der fordert, für einen auf gesellschaftliche Gerechtigkeit und die Vision der Propheten gestützten Staat tätig zu sein. (Man beachte: Der Begriff "Halacha" wird in der Erklärung nicht erwähnt!) Neben den Gemeinden realisieren wir in den oben erwähnten Siedlungen jene Form des Aufbaus des Landes, die für Israel so spezifisch ist.

Außerhalb Israels kämpfen progressive Juden und Jüdinnen vor allem gegen die Assimilation. Sie versuchen, unter Wahrung ihrer jüdischen Identität, einen ausgewogenen Weg zur Anpassung an die nichtjüdische Umwelt zu finden. Aber auch in Israel ist es für progressive Juden nicht einfach, ihre liberale jüdische Identität zu behaupten. Sie versuchen, etwas zu schaffen, was es in der israelischen Geschichte noch nicht gab: Eine jüdische Demokratie, in der Toleranz und Verteidigung der Minderheitenrechte religiöse Werte darstellen, die sich in einem jüdischen Staat verwirklichen.

Die meisten Juden sind gegeneinander intolerant, sogar als Verfolgte. Die Verwirklichung der Vision der Gründer des Judenstaats, gestützt auf die der Propheten, ist unsere Aufgabe!

Am 11. Jänner 2000 hielt Rabbiner Tuvia ben Chorin im Jüdischen Gemeindezentrum in Wien einen vielbeachteten Vortrag über die Herausforderungen an das progressive Judentum im dritten Jahrtausend. Der folgende Artikel ist ein Ausschnitt aus diesem Vortrag, welcher die erste einer Reihe von geplanten Veranstaltungen war, mit denen Or Chadasch in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiern wird.
(Aus dem Hebräischen übersetzt von Magali Zibaso)

Or Chadash WebSite...

Or Chadasch - Bewegung für progressives Judentum
Haidgasse 1 - A-1020 Wien - Tel.: (+43 1) 967-1329
orchadasch@hotmail.com

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