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Abschied von einem Freund:
Aron Adlerstein


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Unterwegs

 

Am 20. März starb Aron Adlerstein, der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig. Er wurde unter großer öffentlicher Anteilnahme auf dem Neuen Israelitischen Friedhof beigesetzt. Unter den Trauergästen war auch Bernd-Lutz Lange, der bekannte Leipziger Autor und Kabarettist. Er schrieb für die Leser der LVZ das folgende "Gedenkblatt für Aron Adlerstein":

Mit Aron Adlerstein verlor ich einen Freund, dem ich viele gute Gespräche verdanke, dessen verschmitztes Lächeln ich vor Augen habe und dessen Sprache mir im Ohr bleibt: Er war der Letzte in Leipzig, der deutsch mit jenem berühmten jiddischen Akzent sprach. Ohne ihn hätte die Gemeinde in den letzten Jahren der DDR keinen Gottesdienst mehr feiern können. Nach dem Tod von Eugen Gollomb im Februar 1988 wurde Aron Adlerstein Vorsitzender der Gemeinde. Mit ihm ist auch der letzte Ostjude gestorben, der als Überlebender der Vernichtungslager in den Jahren nach dem Krieg seinen Wohnsitz in Leipzig genommen hat. 

Maurer-Beruf rettet ihm
in Auschwitz das Leben 

Aron Adlerstein wurde am 17. Juli 1913 im polnischen Biala Podlaska geboren. Mit drei Jahren kam er in den Cheder, die traditionelle jüdische Grundschule, und wurde in Hebräisch unterwiesen. Seit frühester Kindheit gehörte der Besuch der Synagoge zu seinem Leben. Nach der Schule lernte er im Bauunternehmen seines Vaters Maurer - ohne je zu ahnen, dass ihm dieser Beruf einmal das Leben retten würde. Nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen begann sein Leidensweg. Zunächst wurde er Zwangsarbeiter in einer deutschen Kaserne. Im Februar 1941 kam er auf Transport nach Lublin. 

Weitere Stationen waren Warschau und Posen, ehe er schließlich am 25. Juni 1943 als Häftling im KZ Auschwitz registriert wurde. Mit viel Glück überlebte Aron Adlerstein mehrere Selektionen, und schließlich rettete ihn sein Beruf: Es wurden Maurer gesucht. Er kam mit neun anderen Häftlingen zur Gestapohauptstelle Kattowitz. Dort mussten sie einen Gang unter der Straße bauen, damit die Gestapoleute im Ernstfall einen Fluchtweg hatten. Die Rote Armee rückte immer näher. Schließlich floh die SS mit den Häftlingen aus der Stadt. In Etappen kamen sie bis Oelsnitz im Vogtland. Dort wurde der 16. April 1945 sein Tag der Befreiung. 

In dem vogtländischen Ort lernte der polnische Jude Aron Adlerstein die Deutsche Ruth Heymann kennen und lieben. Sie heirateten im Jahr 1946. Im gleichen Jahr zog er mit seiner Frau nach Leipzig und eröffnete hier mit Hilfe von Freunden 1950 ein kleines Textilwarengeschäft. Gleich nach dem Krieg hatte Aron Adlerstein Nachforschungen nach seiner Familie angestellt. Dabei stellte sich heraus, dass sich eine Schwester in die Sowjetunion gerettet und in einem sibirischen Arbeitslager überlebt hatte. Alle anderen Familienangehörigen waren von den Nazis umgebracht worden.

Jahrzehnte wirkte Aron Adlerstein im Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig. Nach 1989 beförderte er von Anfang an den Gedanken, in einer Stiftung das vergangene jüdische Leben der Stadt zu dokumentieren, und wurde Kuratoriumsmitglied der Ephraim-Carlebach-Stiftung. Als ich ihn vor zehn Jahren in einem Gespräch fragte, welcher Wunsch für die Zukunft ihm besonders am Herzen läge, meinte er sofort: "Dass es eines Tages wieder so ein jüdisches Leben gibt, wie es vor 1938 existierte". 

Vor zehn Jahren hatte die Gemeinde etwa um die 35 Mitglieder, und man konnte nur hoffen, dass es durch die veränderten politischen Verhältnisse im Osten wieder Zuwachs gäbe. Und nun zählt die Gemeinde durch die Einwanderung russischer Juden schon wieder 450 Mitglieder, und es wird über den Bau eines Gemeindezentrums nachgedacht. 

Mit unglaublicher, nahezu an ein Wunder grenzender Energie hat Aron Adlerstein, trotz schwerer Krankheit, die Gemeinde in diese neue Etappe geführt. Mit dem guten Bewusstsein, dass jüdisches Leben in Leipzig wieder eine Zukunft hat, nahm er Abschied. Die Kinder der heutigen russischen Einwanderer werden in absehbarer Zeit die neuen deutschen Juden in unserer Stadt sein. Seine Frau Ruth stand ihm in den besonders beschwerlichen letzten Lebensjahren immer zur Seite, vor allem, als sie auch noch im Jahre 1996 den Tod ihrer Tochter Elke zu beklagen hatten.

"Erinnerung bringt die Erlösung,
Vergessen hält sie auf" 

Ich erinnere mich genau, wie ich erschrocken bin, als ich bei Aron Adlerstein zum ersten Mal am Arm die Auschwitz-Nummer sah. Diese blauen Zahlen haben ihn sein Leben lang begleitet. Und sie waren die Mahnung an uns, nie zu vergessen, was man ihm und den Seinen angetan hat. Und deshalb sollten wir den folgenden Satz jüdischen Denkens auch zu unserem machen: "Erinnerung bringt die Erlösung, Vergessen hält sie auf."

© Leipziger Volkszeitung Online

haGalil onLine 24-03-2000

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