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Die hessische CDU und der Dank der Überlebenden:
Alles wieder gut?

Philosemitische und antisemitische Motive in der 
Legende der hessischen CDU von den 'Vermächtnissen 
jüdischer Emigranten'.

von wolfgang wippermann 
Jungle World / 26.01.2000

Die hessische CDU will über mehrere Jahre hinweg mehrere Millionen Mark Spenden von nicht genannten »jüdischen Emigranten« erhalten haben. Unter den vielen unglaublichen Geschichten, die im Zusammenhang mit der Aufdeckung des christlich-demokratischen Korruptionsskandals Tag für Tag ans Licht kommen, ist dies die unglaublichste Geschichte. Und dies aus mehreren Gründen.

Einmal, weil ganz offensichtlich niemand an der schönen, aber eben völlig falschen Geschichte gezweifelt hat, die der Schatzmeister der hessischen CDU, Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein immer wieder erzählt hat. Warum dies? Lag es nur an der Faulheit oder Devotheit der bürgerlichen Journalisten, die aus ihrer Kotauhaltung vor Helmut Kohl nicht herauskommen konnten und wollten? Dies sicherlich auch, aber dies sicherlich nicht allein. Niemand wagte den Wahrheitsgehalt der Spendenmär in Frage zu stellen, weil es sich um jüdische Spender gehandelt haben sollte. Vor allem hat niemand zu fragen gewagt, warum und mit welcher Absicht hier gespendet wurde und ob dies alles auch legal gewesen sei. Juden traut man eben überhaupt nichts Schlechtes zu, nachdem und weil die Faschisten ihnen alles nur erdenklich Böse zugetraut haben. Doch dieser vorgetäuschte Philosemitismus hat auch eine Kehrseite. Und dies ist ein versteckter Antisemitismus, der ebenfalls mit der Legende von den jüdischen Spendern deutlich wurde.

Antisemitisch konnotiert ist zunächst einmal der Hinweis auf die ominösen, aber unzweifelhaft »reichen Juden«, die der hessischen CDU großherzig eine Million nach der anderen »gespendet« haben sollen. Antisemitisch, ja eigentlich schon revisionistisch ist die Annahme, dass so viele »reiche Juden« den Holocaust überlebt haben, um dann nichts Eiligeres zu tun zu haben, als der Christlich- Demokratischen Union so großherzig zu helfen. Warum gerade dieser Partei? Liegt es daran, dass die CDU so »christlich« ist, dass sie, allerdings gegen eine kleine Spende, »den Juden« gnädig verzeiht, was sie den Christen alles so angetan haben? Vom Christusmord über die hartnäckige Weigerung der Juden, Christen zu werden, bis hin zum Holocaust, unter dem wir Christen, Demokraten und Deutsche so unendlich zu leiden haben. Doch die CDU ist gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz schon lange keine christliche Partei mehr. Daher wird man ihr zugute halten müssen, dass sie auch keine christlichen Vorurteile gegenüber den Juden mehr hat.

Bleibt die Frage, was gerade diese Partei für die Juden getan haben soll, die den Holocaust überlebt haben, weshalb sich einige von ihnen veranlasst gesehen haben sollen, diese christlich-demokratischen Wohltaten durch »Spenden« an die Parteikasse zu vergüten. Hier kommt nur die »Wiedergutmachung« in Frage. Obwohl immer wieder Mitglieder und Mandatsträger der CDU durch antisemitische Reden unliebsam aufgefallen sind, konnte die Partei insgesamt den Eindruck vermitteln, sie sei schon deshalb judenfreundlich und pro-israelisch, weil sie das »Wiedergutmachungs»-Abkommen durchgesetzt und verwirklicht habe.

Doch auch dies ist eine Legende. Sie beginnt bereits mit dem Begriff. Er ist nämlich weder von den Christlichen, noch von anderen deutschen Demokraten erfunden worden. Israel musste auf Druck der Amerikaner darauf verzichten, "Reparationen" von Deutschland zu fordern, weil - so die kuriose Begründung - es während des Zweiten Weltkrieges noch keinen israelischen Staat gegeben hatte. Folglich sprachen die Israelis von shilumim, was zwar einfach "Zahlungen" heisst, im Deutschen aber "Wiedergutmachung" übersetzt wurde. Obwohl »Wiedergutmachung« die fatale Assoziation weckt, man könne (noch dazu durch Geld) den Massenmord an den Juden »wieder gut machen«, ist dieser Begriff auch von jüdischer und israelischer Seite aus nicht kritisiert worden.

Tatsächlich ging es um absolut berechtigte »materielle Ansprüche«, die von der Jewish Conference on Material Claims against Germany und vom Staat Israel erhoben wurden. Man wollte schlicht eine »Entschädigung« für das den Juden von den Deutschen geraubte Eigentum und das ihnen angetane Leid. Dies wurde von der CDU vehement abgelehnt. Nur weil er von der SPD unterstützt wurde, konnte sich Konrad Adenauer gegen seine eigene Partei durchsetzen. Das von ihm am 10. September 1952 mit Repräsentanten der Juden und des Staates Israel abgeschlossene Luxemburger Abkommen wurde schließlich doch vom Bundestag gebilligt.

Es sah einmal eine so genannte Globalentschädigung vor, die an den Staat Israel und die erwähnte Jewish Conference on Material Claims against Germany gezahlt wurde. Ferner verpflichtete sich die Bundesrepublik, individuelle Entschädigungen an Überlebende des Holocaust zu zahlen. Die Modalitäten wurden im Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) vom 29. Juni 1956 geregelt. Dieses in der Folgezeit noch mehrmals novellierte Gesetz sah vor, dass alle Personen entschädigt werden sollten, die aus »politischen, religiösen und rassischen Gründen« verfolgt worden waren und im Gebiet des Deutschen Reiches von 1937 gelebt oder zumindest zum »deutschen Kulturkreis« gehört hatten. In letzteren wurden auch die osteuropäischen Juden mit der schon merkwürdigen Begründung eingemeindet, dass ihre Sprache, das Jiddische, so etwas wie ein deutscher Dialekt sei.

Ausdrücklich nicht zum »deutschen Kulturkreis« gerechnet wurden dagegen die ausländischen Sinti und Roma und die Angehörigen slawischer Völker, und zwar auch diejenigen nicht, die als Sklavenarbeiter nach Deutschland deportiert worden waren. Ihre Entschädigungsansprüche wurden im Londoner Schuldenabkommen von 1953 auf den berühmten Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, nämlich auf die Zeit nach einer Wiedervereinigung Deutschlands und dem Abschluss eines Friedensvertrages.

Erstaunlicherweise ist diese Ungleichbehandlung der so genannten anderen Opfer des Nationalsozialismus nur von ganz wenigen kritisiert worden. Dafür waren wiederum gewisse philosemitische Motive maßgebend. Denn wer wollte sich schon dem Verdacht aussetzen, die »Wiedergutmachung« zu kritisieren. Schließlich taten dies neben der DDR nur rechte und auch einige linke Antisemiten. Die CDU hatte hier leichtes Spiel. Musste sie doch nur mit echter oder auch nur vorgetäuschter Entrüstung auf diesen linken Antisemitismus (den es unzweifelhaft gegeben hat) hinweisen, um sich selber ins rechte Licht zu rücken.

Leidtragende waren die deutschen und nichtdeutschen »anderen Opfer« des nationalsozialistischen Rassismus. Von den »Asozialen« und Homosexuellen über die »Erbkranken« bis hin zu den ausländischen Sinti und Roma und den Millionen von ehemaligen Zwangsarbeitern. Und sie sind es immer noch. Denn die Erfüllung des Londoner Schuldenabkommens steht noch aus. Deutschland ist zwar seit nunmehr fast zehn Jahren wiedervereinigt und die Zwei-plus-vier-Verhandlungen von 1990 waren zumindest eine Art Äquivalent für einen Friedensvertrag, dennoch weigert sich auch die heutige Bundesregierung, sich vertragskonform zu verhalten und das Londoner Schuldenabkommen zu realisieren. Stattdessen soll es nur einen Entschädigungsfonds für noch nicht entschädigte Opfer geben, der ganze zehn Milliarden Mark enthalten soll, sofern sich die deutsche Industrie »großmütig« dazu bereit finden sollte, die noch fehlenden Milliarden endlich einzuzahlen.

Doch dies ist ein anderes Thema, das jedoch mit dem  behandelten durchaus zu tun hat. Einmal zeigen die Schmiergelder an die CDU, deren Gesamtsumme von Tag zu Tag immer höher wird, dass wirklich genügend Geld da ist. Zum anderen zeigt die traurige Geschichte der Nicht-Entschädigung der so genannten anderen Opfer des Nationalsozialismus, dass absolut kein Anlass besteht, die »Wiedergutmachung« auf das Haben-Konto der CDU zu buchen. Dennoch hat sie mit den falschen Meldungen von den großherzigen jüdischen Spendern den ebenso falschen Eindruck suggeriert, hier würden sich die mutmaßlichen Empfänger von mutmaßlich exorbitant hohen »Wiedergutmachungs»-Summen noch dafür bedanken. Und dies ist wirklich mehr als perfide.

Dass sich die CDU dafür entschuldigt hat, reicht nicht aus. Sie sollte zumindest veranlasst werden, das unrechtmäßig erhaltene und ebenso unrechtmäßig ins Ausland verschobene Geld denjenigen zu spenden, die es brauchen und die auch einen Anspruch darauf haben - den nicht entschädigten Opfern des Nationalsozialismus.

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