Moderne Kriegsführung:
Der Handy-Krieg
Hamas droht in massenhaften Kurzmitteilungen mit Vergeltung,
Israel informiert die Bewohner des Gaza-Streifens per Mobiltelefon über
Angriffe.
Von Thorsten Schmitz
Der Krieg zwischen Israels Armee und den Milizionären der
radikalislamischen Hamas im Gaza-Streifen findet jetzt auch über Handys und
Internet statt. Tausende Israelis wurden in diesen Tagen von unheimlichen
SMS-Botschaften auf ihren Handys überrascht: Die auf Hebräisch abgefassten
Kurzmitteilungen kamen aus dem Gaza-Streifen und warnten, dass die
Militäroffensive mit massiven Anschlägen in Israel vergolten würden. Die
holprige Botschaft lautete: "Raketen auf alle Städte. Bunker schützen nicht.
Kassam-Raketen." Als Absender gab sich die Hamas zu erkennen.
Israels Armee nutzt auch die Handy-Nummern von Palästinensern im
Gaza-Streifen, um Warnungen zu versenden. Israelische Kampfflugzeuge werfen
nicht nur Flugblätter ab, auf denen die Bevölkerung über bevorstehende
Angriffe informiert wird. Manche Bewohner werden über ihre Funktelefone
entweder persönlich oder durch automatisierte Ansagen vom
Verteidigungsministerium in Tel Aviv aufgefordert, die Wohnungen und Häuser
zu verlassen wegen bevorstehender Angriffe.
Im israelischen Verteidigungsministerium werden die an Zehntausende
israelische Handys versendeten SMS als Beweis für die Ruchlosigkeit der
Hamas gewertet. Ein Armee-Sprecher sagte: "Wenn wir Warnungen an die
Palästinenser verschicken, dann wollen wir Leben erhalten. Hamas aber will
Angst einjagen und Leben zerstören." Auf Flugblättern der Luftwaffe werden
die Bewohner des Gaza-Streifens aufgefordert, eine Nummer in Ramallah oder
in Jerusalem anzurufen, wenn sie der Armee Informationen geben möchten. Weil
Kollaboration mit Israel von Hamas mit Exekution bestraft wird, heißt es auf
den Flugblättern: "Bitte halten Sie Ihren Telefonanruf zu Ihrer eigenen
Sicherheit geheim."
Die Kämpfer der Hamas verstehen offenbar auch etwas von High Tech. Mehrere
israelische Internetseiten wurden von Hamas-Hackern mit Propaganda geflutet,
darunter die Webseite der israelischen Discount-Bank und des
Hillel-Jaffe-Krankenhauses in Chadera. Auf beiden Seiten fanden Kunden und
Patienten statt Daten plötzlich für mehrere Stunden schockierende Fotos von
getöteten Palästinensern und Hass-Tiraden gegen Israel und die USA. Ein Foto
zeigte das Grab eines im Gaza-Krieg getöteten israelischen Soldaten,
darunter der Satz: "Das Schicksal Eurer Soldaten."
Der Kampf um das beste Bild wird auch zwei Wochen nach Beginn des
Gaza-Kriegs unermüdlich fortgesetzt. Palästinensische Mitarbeiter
internationaler Fernsehsender berichten aus dem Gaza-Streifen, dass Hamas
nicht erlaube, bewaffnete Kämpfer zu filmen. Das erklärt, weshalb bis heute
kein einziges Bild vom Gaza-Krieg Kämpfer der Hamas zeigt, die Raketen auf
Israel abfeuern. Im ZDF-Auslandsjournal berichtete der palästinensische
Mitarbeiter Machmud Dschaber, dass Hamas ihn bereits mehrfach daran
gehindert habe, lebende Hamas-Kämpfer zu filmen.
Umgekehrt bestimmt auch Israel das Bild vom Krieg. Noch immer dürfen keine
ausländischen Journalisten in das Kriegsgebiet reisen. Dafür hat die Armee
ein paar israelische Militär-Reporter für einen Besuch von Bodentruppen
mitgenommen. Die Bilder von der Kampfzone müssen vor der Ausstrahlung dem
Militärzensor vorgelegt werden. Was der erlaubt, birgt keinen großen
Erkenntniswert. In einem Gespräch mit Soldaten, die ein palästinensisches
Familienhaus im Norden des Gaza-Streifens zu einem Einsatzquartier
umfunktioniert haben, sagt einer: "Wir sind hier, weil wir unsere Heimat
Israel verteidigen." Ein anderer Soldat winkt in die Kamera und sagt: "Mama,
mach Dir keine Sorgen." |