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als 100 renommierte Journalisten und Medienschaffende haben bis zum Montag
eine Erklärung unterzeichnet, die den Titel "Einspruch!" trägt. Sie
bekunden darin ihre Solidarität mit Michel Friedman.
"Jürgen W. Möllemann hat unseren Kollegen Michel Friedman rassistisch
angegriffen und verletzt. Dagegen verwahren wir uns", heißt es darin.
Ausdrücklich betonen die Unterzeichner das Recht auf Kritik, sowohl an der
Person Friedmans, wie an der Politik des Staates Israel als eine
demokratische Selbstverständlichkeit. Diese Kritik dürfe sich jedoch nicht
auf die Religion beziehen: "Wer das eine mit dem anderen verquickt,
argumentiert rassistisch und legitimiert Antisemitismus."
Zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderen der Intendant des ORB,
Hansjürgen Rosenbauer, der ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann, die
Chefredakteure des BR, HR, SFB, ORB, SWR, SR, Sigmund Gottlieb, Manfred
Krupp, Petra Lidschreiber, Johannes Unger, Michael Zeiß, Elke Herrmann, der
Leiter des ARD-Hauptstudios Thomas Roth und der Börsenmoderator Frank
Lehmann. Zeitungsjournalisten wie Henryk M. Broder, Josef Joffe, Hellmuth
Karasek und Jochen Siemens gehören ebenso dazu, wie die Schriftstellerin Eva
Demski, die Verleger Wolfgang Ferchl und Edmund Jacoby, die Schauspielerin
Hannelore Hoger, der Kabarettist Christian Springer, die Publizistin Gisela
Marx und die Filmemacher Rosa von Praunheim und Andres Veiel.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Georg M. Hafner (0171-5507523) (069-1553030)
Esther Schapira (0171-9701251) (069-1552932)
E i n s p r u c h !
Wenn in den vergangenen Jahren in Deutschland Menschen ausländischer
Herkunft, darunter viele Muslime, durch die Straßen gejagt, verprügelt,
getötet wurden, hat einer immer gesprochen, gemahnt, appelliert: gegen das
Schweigen, gegen das Wegsehen, gegen den Rassismus. Michel Friedman hat
stets Solidarität bekundet, mit denen, deren Menschenwürde angegriffen
wurde, unabhängig von ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht. Auch
deshalb gebührt ihm heute unsere Solidarität.
Jürgen W. Möllemann hat unseren Kollegen Michel Friedman rassistisch
angegriffen und verletzt. Dagegen verwahren wir uns. Um es klar zu sagen: Es
steht jedem frei, den streitbaren Moderator zu mögen oder nicht und ihn zu
kritisieren. Das ist in einer Demokratie selbstverständlich. Und genauso
selbstverständlich muss es sein, dass dies nichts mit seiner Religion zu tun
hat. Wer das eine mit dem anderen jedoch verquickt, argumentiert
rassistisch und legitimiert Antisemitismus.
Das Recht auf Kritik an der israelischen Besatzungspolitik ist
unbestritten. Wer behauptet, es sei ein Tabu, diese Kritik zu äußern,
verfälscht die Realität. Er benutzt das alte antisemitische Klischee vom
Juden, der die öffentliche Meinung kontrolliert. Dabei weiß er, liest er und
sieht, dass es das Tabu nicht gibt: Die israelische Politik wird in den
deutschen Medien ausgesprochen kritisch begleitet.
Die Wirkung der Äußerungen von Jürgen W. Möllemann ist durch seinen
Hinweis auf ungeschickte Wortwahl nicht aufzuheben. Nicht die Formulierungen
sind das Problem, sondern die darin zum Ausdruck kommenden Gedanken.
Zu einem Zeitpunkt, an dem es in Europa wieder Anschläge auf Synagogen
gibt, haben geistige Brandstifter den Zulauf, aus dem Wahlerfolge werden. Am
Ende wäre ihr Erfolg aber eine veränderte Republik, wie sich schon heute
zeigt. Die Schreiber antisemitischer Zuschauerpost und Leserbriefe scheuen
sich nicht mehr, ihren Namen zu nennen. Sie fühlen sich durch politische
"Tabubrecher" in guter Gesellschaft. Wenn Menschen aufgrund ihrer
Persönlichkeit an den Pranger gestellt werden, sind nicht nur sie, sondern
die Demokratie selbst in Gefahr.
Respektvoller Umgang miteinander ist kein Geschenk für Wohlverhalten.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar". Das garantiert unser Grundgesetz.
Wir, die Unterzeichner – Moderatoren, Journalisten, Publizisten,
Medienschaffende – werden es nicht hinnehmen, dass diese Garantie angetastet
wird.
Unterzeichner:
Shoshana Alter, Igal Avidan, Werner Balsen, Michael Bayer, Michael Best,
Andreas Bönte, Claudia Bohm, Reinhard Borgmann, Henryk M. Broder, Henning
Burk, Roberto Cappelluti, Karin Deckenbach, George Deffner, Eva Demski,
Pablo Diaz, Helga Dierichs, Philipp Engel, Juan Esteller, Joachim Faulstich,
Wolfgang Ferchl, Jörg-Peter Feurich, Eckhard Franke, Ulrike Füssel, Peter
Gerhardt, Sigmund Gottlieb, Uta Grossmann, Micha Guttman, Jörg Hafkemeyer,
Georg M. Hafner, Irmela Hannover, Stephan Hebel, Elke Herrmann, Gert
Heidenreich, Wolfgang Heininger, Michael Herl, Daniel Herrmann, Hannelore
Hoger, Gabriele Holzner, Edmund Jacoby, Josef Joffe, Simone Jung, Cathrin
Kahlweit, Arne Kapitza, Hellmuth Karasek, Karl-Heinz Karisch, Ernst Klee,
Norbert Klein, Gerd Koenen, Carmen Köper, Jürgen Kritz, Manfred Krupp, Anton
Landgraf, Edith Lange, Frank Lehmann, Petra Lidschreiber, Hans-Jürgen Linke,
Chérifa Magdi, Ulrich Manz, Gisela Marx, Klaus-Rüdiger Metze, Peter Mezger,
Sabine Mieder, Sonia Mitterndorfer, Reinhard Mohr, Gert Monheim, Ingrid
Müller-Münch, Felix Mussil, Werner Neumann, Isabel Nieto, Harry Nutt, Fritz
Pfeiffer, Helmut Ortner, Rosa von Praunheim, Thomas Rautenberg, Roderich
Reifenrath, Wilhelm Reschl, Hansjürgen Rosenbauer, Thomas Roth, Claudia
Sautter, Esther Schapira, Christoph Scheffer, Samuel Schirmbeck, Beate
Schlanstein, Helmut Schleich, Christel Schmidt, Anke Schnackenberg, Josef
Schnelle, Ingeborg Schober, Wilfried Schoeller, Friedrich Schreiber, Andreas
Schug, Eva.Schultheis, Tobias Schwab, Jochen Siemens, Katharina Sperber,
Christian Springer, Wilhelm von Sternburg, Jutta Stössinger, Nicola T.
Stuart, Hartmann von der Tann, Kamil Taylan, Johannes Unger, Andres Veiel,
Joachim Wille, Michael Zeiß.