antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil


Newsletter abonnieren
Bücher / Morascha
Koscher leben...
Jüdische Weisheit
 
 

iw 2000 / TSh''S

Obwohl Schmitta sehr unkompliziert zu sein scheint, ist weit mehr davon betroffen als das blosse Brachliegenlassen des Landes alle sieben Jahre. Dieser Artikel erklärt die entsprechenden Verbote und die technischen Fortschritte, welche es ermöglichen, die Vorschriften von Schmitta zu befolgen, ohne finanzielle Verluste zu erleiden.

Die Herausforderung 
des siebten Jahres

Von Chana Falik

Das eben vergangene Rosch- Haschana-Fest markiert den Beginn eines weiteren Sabbatjahres (Schmitta) für das Land Israel, eines Jahres, das, gemäss dem zweibändigen Werk «Die jüdischen Speisevorschriften» von I. Grunfeld, «eine Prüfung höchsten Gottesvertrauens und Gottes durch Seine Vorsehung bestimmte Sorge um Israel.»

Tatsächlich ist kein anderes halachisches Thema mit mehr Herausforderungen für den observanten Juden beladen. Tora und Wissenschaft, Judentum und Technologie, Halacha und modernes Leben – diese Zweiteilungen des jüdischen Lebens werden bei Schmitta verstärkt.

So komplex wie faszinierend

Schmitta ist so komplex wie faszinierend, obwohl es auf den ersten Blick sehr unkompliziert zu sein scheint. «Und sechs Jahre besäe dein Feld und sammle seinen Ertrag ein. Aber im siebten lass es ruhen und brachliegen, damit die Armen deines Volkes essen mögen, und was sie übrig lassen, mögen die Tiere des Feldes essen, und so mache es mit deinem Weinberg und deinem Olivenhain» (Exodus 23:10–11).. Und «am Ende von sieben Jahren halte Erlass. Und dies ist die Angelegenheit des Erlasses: Jeder Gläubiger erlasse, was er seinem Nächsten geliehen hat, er dränge nicht seinen Nächsten und seinen Bruder, denn ein Erlass Gottes ist verkündet» (Deuteronomium 15:1–2).

Während Schmittat Kaspit – die Annullierung aller Geldschulden – nicht von jemandes Wohnort abhängt, hält rabbinisches Recht fest, dass Schmittat Karkait – das «Freilassen» des Landes, wodurch es brachliegen kann – von Israels Besitz des Landes abhängt. Rabbinisches Recht verbietet auch das Anpflanzen, das Pflügen und das Zurechtschneiden von Bäumen – logische Ausweitungen der Verbote des Säens, Erntens, Zurechtschneidens von Reben und der Traubenlese –, was in der geschriebenen Tora so nicht ausdrücklich erwähnt wird. Das rabbinische Recht verbietet auch das Säubern von Steinen, das Jäten von Unkraut, das Düngen, das Hacken, das Bewässern und andere Formen landwirtschaftlicher Aktivitäten. Die Produkte des siebten Jahres, die von selber wachsen, dürfen gegessen werden.

Die Weisen des Talmud verboten auch den Gebrauch des nachträglich Gewachsenen – was aus Samen gewachsen ist, die zufällig im sechsten Jahr in den Boden gelangt und im siebten Jahr von selber ausgeschlagen haben. Produkte, deren Verzehr zulässig ist, dürfen weder gehandelt noch als Tierfutter benutzt werden, sondern müssen als herrenlos erklärt werden. Erzeugnisse des siebten Jahres dürfen nur zum Essen und Trinken, zum Einölen, zum Anzünden und zum Färben verwendet werden. Da die Erzeugnisse des siebten Jahres geheiligt sind, dürfen die Schalen, Häute und ihre weiteren nicht essbaren Teile nicht weggeworfen werden, sondern müssen vielmehr in einem Behälter aufbewahrt werden, bis sie zerfallen, woraufhin sie entsorgt werden dürfen.

Vom «moralischen Universum» abhängig

Gemäss Grunfeld hängt das Schicksal des Volkes Israel und sein Verweilen im Heiligen Land von seinem Gehorsam gegenüber den Gesetzen Gottes ab: «Im jüdischen Glauben hängt das physische Universum vom moralischen Universum ab, und soweit es um das Heilige Land geht, wird in der Tora klar ausgesprochen, dass Regen und die Produktivität des Bodens und sogar Israels Verweilen im Heiligen Land von Israels Loyalität gegenüber dem göttlichen Gesetz abhängen: ‹Und tuet meine Satzungen und haltet meine Rechte ein und tuet sie, und ihr werdet sicher im Lande wohnen› (Leviticus 25:18). Andererseits werden wir gewarnt, dass ‹das Land euch nicht ausspeie, wenn ihr es verunreinigt, so wie es das Volk ausgespien hat, das vor euch war› (Leviticus 18:28). Es gibt eine besondere Übereinstimmung und gegenseitige Abhängigkeit zwischen dem natürlichen und dem moralischen Recht in Israel, und das Land selbst widersetzt sich der Sittenlosigkeit und der Gesetzeslosigkeit. Diesbezüglich ist die Tora sehr eindringlich.»

Der Talmud ist sehr bestimmt in Bezug auf die Strafe, welche diejenigen erwartet, welche die Schmitta-Gesetze zu ignorieren beschliessen: «Pestilenz kommt auf die Welt ... für den verbotenen Gebrauch der Früchte des Sabbatjahres» (Väter, Kapitel 5:8). Und: «Exil kommt über die Welt für Götzendienst, Inzest, Mord und das Nichtruhenlassen der Erde während des Sabbatjahres» (Väter, Kapitel 5:9).

Laut Grunfeld «führt Schmitta nicht nur Moral, sondern auch Metaphysik in die Wirtschaft des jüdischen Gemeinwesens ein ... Der metaphysische Charakter der jüdischen nationalen Existenz und Geschichte wird durch die Tora übertragen auf das Land Israel, die Funktion seines staatlichen Lebens und die Struktur seiner Wirtschaft. Dies ist nicht einfach zu akzeptieren in dieser Welt der irdischen Realitäten, die durch Naturgesetze beherrscht wird.»

Es ist nicht überraschend zu sehen, dass die Tora genau dieses Problem anspricht. «Und wenn ihr sagt: ‹Was werden wir essen im siebten Jahr? Siehe, wir dürfen nicht säen und nicht unseren Ertrag einsammeln.» Ich aber werde euch meinen Segen gebieten im sechsten Jahr, und es wird den Ertrag bringen für drei Jahre» (Leviticus 25.20–21).

Das Respektieren von Schmitta war schon immer problematisch. Gemäss dem Talmud war das siebzigjährige babylonische Exil auf die siebzig Sabbat- und Jowel-Jahre zurückzuführen, die während des ersten jüdischen Gemeinwesens nicht eingehalten worden waren. Ein ausdrückliches Versprechen, das Sabbat-Jahr in Zukunft zu beachten, war Teil des Abkommens bei der Rückkehr aus Babylon unter Esra dem Schreiber.

Den Schmitta-Gesetzen selbst im Krieg nachgelebt

Es gibt Belege dafür, dass Schmitta unter der Herrschaft Alexanders des Grossen und später von Julius Cäsar befolgt wurde. Der römische Historiker Cornelius Tacitus (54–120) bezog sich darauf, und Josephus, der jüdische Historiker, berichtet, dass die makkabäischen Juden den Gesetzen von Schmitta selbst während ihres Krieges gegen die Griechen treu blieben.

Im Mittelalter bezeugte Nachmanides (der Ramban), der seine letzten Lebensjahre im Heiligen Land verbrachte, die Einhaltung von Schmitta. Isaiah Horowitz, ein Bibelkommentator des späten 16. Jahrhunderts, wanderte 1621 ins Heilige Land ein und beklagte sich in Briefen, dass Schmitta wegen der wirtschaftlichen Bedingungen vernachlässigt würde.

Die Erneuerung der jüdischen Ansiedlungen im Heiligen Land im späten 19. Jahrhundert führte nicht nur zu weiter verbreitetem jüdischem Landeigentum, sondern auch zu grossen halachischen Debatten zwischen den wichtigsten Toragelehrten der Generation über die Einhaltung von Schmitta.

Ein Jahrhundert und viele Schmitta-Jahre später geht diese Kontroverse weiter: Ist der rabbinische Heter Mechira – eine spezielle Dispensation, die den temporären Verkauf von Land in Erez Jisrael als rechtlich zulässigen Weg erlaubt, den Engpass des Schmitta-Gesetzes unter besonders schwierigen Umständen zu überwinden, zeitlich begrenzt, oder ist er zu etwas Permanentem geworden?

Wachsender Widerstand gegen weiteren Heter

Es gibt wachsenden Widerstand gegen die Fortführung des Heter. Dieser Widerstand wurde durch Rabbi Avraham Isaiah Karelitz besonders zum Ausdruck gebracht, der in einer 1935 veröffentlichten Schrift die Lösung der Schmitta-Probleme durch Landverkauf ablehnte. Er entschied, dass wir im siebten Jahr alles in unserer Macht Stehende und alles rechtlich Erlaubte tun sollten, um natürliche und wissenschaftliche Mittel zu benutzen und die sich durch Schmitta ergebenden Schwierigkeiten so zu überwinden. Rabbi Karelitz half bei der Gründung des Instituts für landwirtschaftliche Forschung gemäss der Tora mit, wo Experimente durchgeführt werden mit dem Ziel, es den Landwirten zu ermöglichen, die Gesetze von Schmitta ohne finanzielle Verluste zu befolgen. Das Institut hat eine sehr ausführliche Website auf Hebräisch (shmita.daat.ac.il), die zum Bersten voll ist mit Informationen für den religiös observanten Landwirt und Gärtner.

Unter den Forschungsresultaten des Instituts figuriert auch das Pflanzen von Samen vor Beginn des Schmitta-Jahrs in grösserer Tiefe als üblich, um das Keimen bis nach den späteren Regengüssen zu verzögern, chemische Behandlung von Samen in der Absicht, das Wachstum zu verzögern, das Unterbrechen von Bewässerung der Reben, so dass die Enden von selbst abfallen, und Experimente mit zweijährigen Saaten, die nicht während des Schmitta-Jahres gesät werden müssen.

Ähnliche Handlungen, die zulässig sind

Obwohl die Tora das Säen auf dem Feld untersagt – auf einem offenen Feld oder einem Bereich eines Grundstücks, das nicht überdacht ist und wo der Samen in direktem Kontakt mit dem Boden ist –, gibt es dem Säen ähnliche Handlungen, die zulässig sind.

Zu diesen gehören das Säen oder Anpflanzen auf einem Grundstück, das überdacht und von einer Mauer oder einem Zaun von mindestens zehn Handbreiten umgeben ist, da dieses nicht als «Feld», sondern vielmehr als Haus betrachtet wird.

Das Säen in einem Pflanzentopf, der kein Loch für Bewässerung hat und der an einem von einer Mauer umgebenen und überdachten Ort steht, wird ebenfalls nicht als Säen auf dem Feld betrachtet, da es keinen Kontakt zwischen dem Samen und der Erde des offenen Feldes gibt.

Schliesslich werden diese jungen Schösslinge auf das Feld transferiert, zusammen mit der mit ihnen verbundenen Erde, und zwar so, dass das Dach und die Umzäunung während dieses Vorgehens nicht entfernt werden.

Früchte, die mit Hydrokultur aufgezogen werden, wobei Kies, Stroh oder Sand verwendet werden, sind ebenfalls erlaubt. Das Resultat sind dabei auch ein verringerter Wasserverbrauch und weniger Wurzelerkrankungen sowie ein grösserer Ertrag pro Dunam. Da die Schmitta-Vorschriften in unserer Zeit als rabbinisch betrachtet werden, im Gegensatz zu denen der Heiligen Schrift in der Natur, erlauben die meisten halachischen Autoritäten diese Arten indirekten Säens.

Bezüglich des Toraverbots des Schneidens und Erntens für andere Bedürfnisse als diejenigen der eigenen Person und der Familie stellte Rabbi Karelitz eine Regelung auf, die sich mit dem Geist der Vorschrift der Torah in Übereinstimmung befindet: Da die Tora es erlaubt, Schmitta-Produkte zu gemeinsamem Eigentum der gesamten Gemeinschaft zu erzeugen, ist es dem Landwirt gestattet, seine überschüssige Ware in ein gemeinsames Lagerhaus zu bringen und für dieses Lagerhaus als Agent der Gemeinschaft der Farmer zu handeln, indem er das Produkt auf dem Markt verkauft, wobei die Gemeinschaft ebenso profitiert wie das Individuum.

Diese Fortschritte in der Agronomie inspirierten die Gründung vieler weiterer Forschungseinrichtungen wie etwa jene des Zomet-Instituts in Alon Shvut und des Tora- und Landinstituts in Gush Katif. Das Zomet-Institut entwickelte den «Schmitton»-Apparat für Landwirte, die sich auf den temporären Landverkauf verlassen, der Säen und Pflügen erlaubt, falls indirekt – oder, wörtlich, «mit einem Unterschied», durchgeführt. Der «Schmitton» ist mit der Rückseite eines Traktors verbunden, wo er in regelmässigen Abständen den Pflug des Traktors beeinträchtigt, wodurch auf dem Feld kahle Flecken erscheinen, was einen «Unterschied» zum normalen Säen und Pflügen verursacht.

Wie auch immer die Israelis die Sabbatruhe dieses Jahres einhalten werden, eines ist klar: Wissenschaft, Technologie und ein gewachsenes Interesse am Einhalten von Schmitta werden es zum herausforderndsten Schmitta-Jahr aller Zeiten machen.

Im Archiv:
[Weitere Artikel aus dem Israelitischen Wochenblatt]

 


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved