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In der jüdischen
Tradition gilt es sieben verschiedene Formen des Lernens zu unterscheiden :
- das Lernen aus Büchern;
- das Lernen auf der Grundlage des
Unterrichts durch den Lehrenden;
- das Lernen durch Bewegen der Lippen,
durch lautes Wiederholen;
- das Lernen durch Einsicht; durch
Einsicht des Herzens (Das Herz wird hier als Sitz der höheren Geisteskräfte
angesehen.). Diese Lernform entspricht dem, in moderner Sprache ausgedrückt,
"judiziösen" d.h. einsichtigen Lernen.
- das Lernen in der Auseinandersetzung
mit Freunden. In der Regel erschließen zwei Schüler gemeinsam in Partnerarbeit
einen Text. Noch heute begegnet man in den Jeschiwot und in den Einrichtungen
des traditionellen Judentums dieser Lernform.
- das Lernen durch Disputation der
Schüler. Im Vordergrund stehen nicht psycho-soziale Aspekte des
Gruppenunterrichts. Hier geht es um die Chance des autonomen Lernens, im
harten Disput mit anderen Schülern eine Erfolgskontrolle zu erhalten und
darüber hinaus die Technik der Argumentation einzuüben.
- das Lernen durch "die Ruhe des
Geistes". D.h. Gelassenheit kennzeichnet diese Lernhaltung des autonomen
Lerners: Der gelehrte Lerner ist am gemessenen Gang zu erkennen. Eile gilt in
der jüdischen Tradtion als Kennzeichen von Kameltreibern, "Schnorrern" und in
Geschäft verstrickten Ungebildeten.
Das traditionelle
Toralernen "erste jüdische Aufgabe aller Zeiten" galt von jeher als
Notwendigkeit und rettende Tätigkeit in Zeiten von Beeinträchtigungen und
Bedrohungen des Judentums. So schreibt
haRaw S.R. Hirsch: "Was soll man tun? Lernen und Lernen fördern und
stützen, wo und wie man kann! Das ist ein Feld, das überall in kleinem und
großem Maßstabe bebaut werden kann, das sind Bestrebungen, in denen uns niemand
hindernd in den Weg zu treten vermag, [...]. Lernen ! Lernen ! Wer noch Jude
sein will, lerne, wer seine Kinder noch zu Juden erziehen will, lasse sie
`lernen´, wer etwas für das Judentum tun will, lerne und helfe lernen, in jedem
Hause, jedem Dorfe, jeder Stadt, wo nur Juden atmen `lernen´" (1909/1912).
Insbesondere politische,
wirtschaftliche und soziale Ausgrenzungen sowie akute Gefährdungen der Juden
verhalfen dem jüdischen Lernen zu neuem Leben und gaben ihm Auftrieb: Zahlreiche
Berichte zu Zeiten des Nationalsozialismus und mitten im Massenwahnsinn des
zweiten Weltkriegs zeugen vom Lernen als geistigen Widerstand.
Die historischen
Veränderungen während der Haskala, der jüdischen Aufklärung, bewirkten
schließlich die Transformation des ursprünglich torazentrierten jüdischen
Lernens in säkulare Lernhaltungen. In dieser Zeit entwickelt sich gerade in
Deutschland ein jüdisches, säkulares Schulwesen, das in der Regel unverbunden
neben dem traditionellen Lernen besteht.
Eine Arbeit von Dr.
Barbara Breidenbach
Lernen als Existenzform
Onlineversion 2000
Barbara Breidenbach: Lernen jüdischer Indentität. Eine
schulbezogene Fallstudie. (erschienen im Beltz - Deutscher Studien Verlag,
Weinheim 1999)
Barbara Breidenbach:
Lernen jüdischer Indentität. Eine schulbezogene Fallstudie
erschienen im Beltz - Deutscher Studien
Verlag, Weinheim 1999
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