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Nachrichten
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Der Friede sei mit
Euch,
wie auch die Barmherzigkeit
und der Segen des Allmächtigen! |
Id al Fitr und der Ruf nach
Dauwa:
Muslime im Millenium
Hunderttausende von Muslime
werden am 31.12.1999 zum Gebet an der Al Aqsa Moschee in Jerusalem erwartet,
gleichzeitig wird an diesem Wochenende eine riesige Menge von Christen in
Jerusalem sein. In ca. 2 Wochen, am Freitag den 31.12.1999, wird die Welt wohl
nicht untergehen, aber Aufruhr wird es sicherlich geben, zumindest in
Jerusalem. Silvester fällt nämlich in diesem Jahr auch auf einen ganz
besonderen Tag des muslimischen Kalenders.
Es ist der letzte Freitag des Monats
Ramadan, in der islamischen Tradition auch bekannt als der "verwaiste
Freitag". Es gibt wohl kaum einen Muslim auf der Welt, der nicht das
dringende Gefühl verspürt, in der Öffentlichkeit zu beten und die letzte
Predigt im Monat des Fastens zu hören.
Wenn schon letzten Freitag, - dies
war der erste Freitag des Monats Ramadan in diesem Jahr - 180.000 Gläubige
kamen, um an der Al Aqsa Moschee zu beten, dann muss man mit mehreren
hunderttausend Gläubigen gerechnet werden, die zum "verwaisten Freitag"
erscheinen. Religiöse Verwaltungsorgane sprechen von mindestens 300.000
Pilgern. Manche meinen, sie wären nicht überrascht, wenn fast eine halbe
Million Muslime versuchen wird, Jerusalem an diesem Tag zu erreichen.
Die Zahl der Betenden vergrössert
sich mit jedem Tag, an dem der letzte Freitag des Fastenmonats (Id al Fitr)
näherrückt und dieser 4. Freitag wird als einzigartiger Tag in Jerusalem
angesehen. Neben hunderttausenden von muslimischen Gläubigen, wird eine
enorme Menschenmasse christlicher Touristen an diesem Tag die Altstadt
Jerusalems bevölkern. Grosse Sorgen machen sich nicht nur Israelis, sondern
auch Palästinenser, was in der Stadt alles geschehen kann. Letzten Freitag
schon konnte man die erhöhte Spannung im Osten Jerusalems spüren.
Die israelische Regierung hat die
Kontrollen an den Übergängen West Bank nach Jerusalem erheblich erleichert.
Tatsächlich werden dort keinerlei Kontrollen durchgeführt, und jeder, der
die Stadt betreten will, kann das auch tun. Die Polizei bemüht sich, den
Verkehr zu dirigieren, um die Fahrzeuge zu Parkplätzen um die Altstadt herum
zu lotsen, zugunsten der palästinensischen Sicherheitspatrouillen. Diese
sind auf Märkten und Strassen der Altstadt present, um die Ruhe und Ordnung
zu bewahren. Sie verhindern Schlägereien, vertreiben Raufbolde, nehmen
Taschendiebe und Betrüger fest, die sich auf Touristen spezialisiert haben.
Diese natürlich unbewaffneten Streifen sind zwar nicht uniformiert, aber
Händler, Verkäufer, und viele Anwohner des Bezirks in der Altstadt, erkennen
sie sehr wohl. Wenn es Probleme gibt und Hilfe gesucht wird, wenden sich
viele Bewohner lieber an die bekannten palästinensischen
Sicherheitsstreifen, als an die israelische Polizei.
Eine Neuigkeit in diesem Jahr sind
auch die Sicherheitskontrollen von Palästinensern, die die Gläubigen beim
Betreten des Tempelbergs kontrollieren. Vorletzten Freitag z. B. sah man
junge Männer in muslimischer Unifom die jeden, der eine Tasche, oder einen
Korb bei sich hatte, baten, sie zu öffnen. Danach wurden Frauen und Männer
getrennt weiter geleitet. Die Verwaltung für religiöse Angelegenheiten
verteilte Broschüren, in denen erklärt wurde, dass sich niemand zu fürchten
brauche, am Gebet in der Al Aqsa Moschee teilzunehmen. Zu diesem Schritt
sahen sich muslimische Behörden veranlasst, nachdem es in verschiedenen
israelischen, sowie internationalen Pressemitteilungen geheissen hatte, dass
zur Jahreswende Mitglieder fanatisch-fundamentalistischer Christensekten ein
Massaker an muslimischen Gläubigen verüben wollten.
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Christian Rally in Jerusalem |
Zusätzlich gibt es Gerüchte, nach
denen es zu Massenselbstmorden kommen könne, und zu Versuchen von
christlicher Seite, die Moscheen zu sprengen, um die Ankunft des Messias
vorzubereiten, damit der Tempel wiederaufgebaut werden kann. "Haben Sie
keine Angst vor diesen Drohungen, dies ist nur ein Vorwand, um Sie davon
abzuhalten hier er zum Beten zu kommen", so die muslimischen Organe, in der
Broschüre, die von den Vorbetern der Al Aqsa Moschee verteilt wird.
Dieses Jahr ist der Ramadan in
Jerusalem etwas besonderes. Die Zahl der Betenden ist grösser. Eine strenge
Kontrolle der Einhaltung des Fastens ist bemerkbar. Niemand raucht in den
Strassen während des Tages, auch nicht in Geschaeften und Bueros. Sind die
Muslime frommer geworden diese Jahr? Ein Bewohner der Altstadt, Dozent der
Al Quds Universitaet sagt, dass es zur Zeit eine verstaerkte Zunahme der
Religioesitaet und Tradition gaebe. Was zu diesem Phaenomen fuehrt, so seine
Meinung, seien die vielen religioesen Rundfunkuebertragungen der Satelliten
Stationen, von denen es inzwischen schon 22 gibt. Viele Bewohner
Ost-Jerusalems und der Autonomie Gebiete besitzen Sat-TV (dort wo
Kabelanschluss nicht verfuegbar ist).
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Vor einigen Monaten startete eine
Web-Site im Internet mit Namen "Islam
on line". Diese Internet-Site bietet Informationen rund um religiöse
Themen, und beantwortet Fragen zu religiösen Gesetzen. Soweit man beurteilen
kann, laut Rundfunkstationen und aufgrund von vielen arabischen und
palästinensischen Presseartikel, handelt es sich hier nicht um einen
politischen, fanatischen und aggressiven Islam, der zum Jihad (heiliger
Krieg) aufruft, sondern es handelt sich vielmehr um einen Islam des "Dawa" -
mit dem Ruf zum Gebet und zur Glaubensfestigung.
In diesem Zusammenhang sollte man die
öffentliche Aeusserung des Schejkh Tantawi von Al Azhar (einer der höchsten
isl. Würdenträger in Ägypten), sehen, der den Muslimen das Beten an der
umstrittenen Baustelle einer Moschee in Nazrath (nahe der
Verkündigungskirche) verbot. Schejkh Tantawi erklärte, dass der Streit um
die Moschee in Nazareth zu Unmut führe und daher die Religion gefährde. In
fundamentalistischen Kreisen Aegyptens wurde der Scheich deswegen zwar
heftig kritisiert, so dass er teilweise seine Aeusserung zurücknahm, aber
auch der palästinensische Mufti von Jerusalem, Schejkh Akrama Sabri,
appellierte an die Muslime von Nazareth, die Grundsteinlegung für die neue
Moschee aufzugeben, oder sie zumindest zu verschieben. Es ist klar, dass
diese Forderung ganz im Sinne Jasir Arafats ist. Der Vorsitzende des
Palästinenserrats ist sich des politischen Schadens dieses Konflikts sehr
wohl bewusst. Zum Beginn der Gespräche mit Israel über den Status von
Jerusalem, braucht Arafat die Unterstützung der christlichen Welt.
Ein anderes Phänomen in Jerusalem in
diesem Ramadan, ist der Versuch, den traditionellen Brauch des "Aufweckens"
, wiederzubeleben, so dass die Bevölkerung vor Sonnenaufgang noch essen und
beten kann, bevor das Fasten wieder beginnt. Der Brauch sieht vor, dass eine
Prozession durch die Strassen zieht, dabei auf Dosen schlägt und durch diese
Lärmbelästigung, die Anwohner aufweckt. In Stätten wie Hebron wurde dieser
Brauch all die Jahre hindurch erhalten; anders als in Jerusalem wo er fast
in Vergessenheit geriet, bis er nun, in diesem Jahr wiedererweckt wurde. Es
gibt auch den Versuch einer arabischen Organisation, in Jerusalem wieder die
alten arabischen Kaffeehäuser einzurichten. Diese Kaffeehäuser gab es in der
Zeit, bevor das Kartenspiel an der Tagesordnung war, wo es kleine
Puppentheater und einen richtigen Märchenerzähler (Hakawati) gab, der die
Besucher des Kaffeehauses um sich sammelte und ihnen Märchen und Fabeln
erzählte, die meist eine Lehre beinhalteten.
Al Hakawati Theatre:
Israeli boy approaching a palestinian refugee-activist,
holding a dove in his hands |
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Verbunden mit diesem Phänomen ist
vielleicht auch die Tatsache, dass es in den letzten Jahren üblich wurde
traditionelle Anrede zu benutzen, wie z.B. Ja Haj (die Anrede von
Mekka-Wallfahrer), anstelle von Ja Sidi (Herr). Ein Büroangestellter, der
seine Kunden häufig anrufen muss, erzählt dass immer mehr Araber sich nicht
mehr nur mit dem gewöhnlichen "Hallo" meldeten, sondern mit der weitaus
längeren Begrüssung 'Salamu Alejkhum - der Friede sei mit dir, wie auch die
Barmherzigkeit und der Segen des Allmächtigen. Leute die so etwas tun, so
meint er, seien fromme Muslime und wollten das westliche "Hello" nicht
verwenden. Deuten diese vielleicht belanglosen Veränderungen auf eine
Rückkehr zur muslimischen Tradition? Vielleicht. Der stärkste Hinweis ist
die wachsende Anzahl der Muslime, die tagtäglich in den Moscheen in ganz
Israel zum beten zusammenkommen. Der Höhepunkt wird am Freitag in 2 Wochen
erwartet - in der Al Aqsa Moschee in Jerusalem.
Ein ganz besonderer Tag für die ganze Welt...
Trnsl. Miriam, Quelle
haArez, IGPO, Al Hakawati
Pict. HazaGal - haGalil onLine 17-12-99
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