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Judentum und Israel
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Zur Geschichte der Organisation der Mitteleuropäischen Einwanderer in Israel:
Hebräische Kulturarbeit

Paul A. Aisberg, Teil II. v.III.

Erst zwei Jahre nach Gründung der HOG wurde die hebräische Kulturarbeit aufgenommen, bis sie 1935 immer mehr in den Mittelpunkt rückte.

Hebräisierung und zionistische Erziehungsarbeit der neueren Einwanderungswelle sollten die speziellen Hauptaufgaben der HOG neben der Deutschen Abteilung sein. Es war eine Werbung für zionistisches Gedankengut und ein Kampf zur Durchsetzung des Hebräischen gegen die weitverbreitete Haltung, daß sich die kulturelle Eingliederung im Laufe der Zeit von selbst ergeben werde.

Mitte Februar 1934 wurde von verschiedenen Verbänden aus Kreisen der deutschen Einwanderer gemeinsam die "Vereinigung für Kultur und Erziehung" geschaffen, deren Büro und Zentrum die HOG war. In diesem Rahmen und an der im September 1934 gegründeten zentralen Kulturkommission beteiligten sich das KJV, die rechts gerichtete, revisionistische "Zionistische Akademische Gesellschaft", "Makkabi", "Wizo", die Bnei Brith-Loge und später auch die neugegründeten religiösen Vereine und Synagogen der Juden aus Deutschland wie "Ichud Schiwat Zion" und "Beth Israel" in Tel Aviv und in Haifa und "Emeth we Emunah" in Jerusalem.
Die Leitung der zentralen Kulturkommission übernahmen Nahum Lewin (1901-1959) und Jacob Sandbank (1897-1939), die beide nicht aus dem deutschen Judentum kamen, aber mit ihm aus den Jahren ihrer Tätigkeit in Deutschland verbunden waren.
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Der Hebräischunterricht ging ab 1936 mehr und mehr - in Zusammenarbeit mit der HOG - in die Hände der neu gegründeten Kulturabteilung des "Wa'ad Le'umi" über.

Die zionistische Erziehungsarbeit zu Gegenwartsfragen vollzog sich in dieser ersten Periode durch mehr als 500 jährliche Vorträge in Städten und Siedlungen, die die Kulturkommission der HOG veranstaltete. Das große Unterrichtswerk für Erwachsene umfasste auch Einwanderer aus den Jahren vor 1933, die trotz langer Zeit im Land noch immer nicht die Sprache beherrschten. 30% der Teilnehmer stammten aus anderen Ländern Europas.

Man veranstaltete hebräisch- und deutschsprachige Seminare über Palästinakunde, jüdische Geschichte und Literatur und auch Diskussionsabende auf hebräisch. Aus diesen Anfängen erwuchs später die Volkshochschule der HOG, zu der sich im Winter 1935 580 Hörer eintrugen. Nach dem Tod von Sandbank 1939 führten Hans Tramer und Curt Wormann dieses Seminar bis zum Ende seines Bestehens im Jahr 1947 weiter. In Jerusalem und Haifa wurden ähnliche Seminare veranstaltet. Ein Teil der Vorträge wurde in allen drei Städten in deutsch oder in englisch abgehalten. Neben diesem Vortrags- und Unterrichtswerk hatte die Kulturabteilung der HOG auch für die Beratung der Eltern von schulpflichtigen Kindern zu sorgen, und insgesamt zweitausend solcher Beratungen fanden in einem Jahr (1934/35) in den verschiedenen Ortsgruppen statt.

Bereits 1935 begann eine deutsche Schriftenreihe der HOG, die aktuellen Themen gewidmet war und die wichtigsten Probleme des Lebens in Palästina und seiner Umwelt behandelte, wie Fragen der Wirtschaft, des Kapitaltransfers und der arabischen Welt. Gleichzeitig wurde von der hebräischen Presse und Öffentlichkeit ein heftiger Kampf gegen die Benutzung der deutschen Sprache geführt, der allerdings nicht nur ideelle Gründe hatte, sondern auch durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst war. Typisch für diese Erscheinung mag ein späterer Vorfall sein, bei dem man die Schaufenster eines Geschäfts auf der Hauptstraße in Tel Aviv mit Steinen einschlug, weil der Besitzer in einer deutschsprachigen Zeitung annonciert hatte.
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Ein weiterer Grund für Spannungen und Gegnerschaft zur Einwanderung aus Deutschland war das Ha'avara-Abkommen mit der deutschen Regierung vom Juli 1933. Dieses Abkommen wurde von weitesten Kreisen des Jischuw und der Judenheit in der Welt außerordentlich angefeindet, da es eine Durchbrechung des Boykotts von Waren aus Nazi-Deutschland darstellte. Andererseits ermöglichte es den Transfer des notwendigen Vorzeigegelds zur Einwanderung nach Palästina für "Kapitalisten" und Handwerker sowie Studenten und Schüler, und darüber hinaus von zusätzlichem Kapital. Die deutschen Devisenbestimmungen aus dem Jahr 1931 erlaubten einem Auswanderer Geld nur als Sperrmark ins Ausland zu überweisen, was 1933 mit einem Verlust von 10% verbunden war, der in den folgenden Jahren um ein Vielfaches anstieg.

Palästina-Auswanderern stellte die Reichsbank in der allerersten Zeit die für das Kapitalistenvisum benötigten 1000 LP (Lira Palestinit) zum offiziellen Kurs zur Verfügung. Ab 1935 mussten jedoch auch diese Gelder über die Ha'avara transferiert werden. Die Auswanderer mit größerem Kapital waren ebenso wie die nationalen Fonds und die Jewish Agency daran interessiert, zusätzliche Beträge zum Ankauf von Boden für Siedlungen in Baumaterialien und in anderen Waren aus Deutschland zu transferieren. Deutschland war zu diesem Zeitpunkt an der Förderung der jüdischen Auswanderung und deshalb an diesem Abkommen interessiert, das die Ausfuhr von Devisen einschränkte und gleichzeitig den deutschen Export - wenn auch nur in beschränktem Maße - ankurbelte.

Die Führer der zionistischen Bewegung, besonders Dr. Chaim Arlosoroff, der Leiter der politischen Abteilung der Jewish Agency, hatten den Wert für den Aufbau des Landes durch Einfließen von Einwanderern mit Kapitalien klar erkannt und befürworteten eine direkte Beteiligung ihrer Vertreter an den Verhandlungen mit den deutschen Behörden.
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Das deutsche Generalkonsulat in Palästina seinerseits sah in der HOG eine quasi amtliche Begutachtungsstelle für die Kapitalfreigabe, welche die Tatsache der Einwanderung und Investition des Transferenten bestätigen sollte.
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Diese Regelung war getroffen worden, um dem Abfluss von Transfergeldern in andere Länder möglichst zu vermeiden, die vom Reich zu verhältnismäßig günstigen Bedingungen für den Palästina-Transfer genehmigt wurden. Die HOG vertrat selbstverständlich vor allem die Interessen der Einwanderer in Sachen der Ha'avara, und war in ihren leitenden Gremien durch Pinner und Dr. Sally Hirsch vertreten.
Das Transferabkommen als solches, aber noch mehr die Ermordung Arlosoroffs im Juni 1933, einen Tag nach seiner Rückkehr von Verhandlungen in Deutschland, vergiftete die öffentliche Atmosphäre in Palästina außerordentlich.

Die Arbeiterbewegung beschuldigte die Revisionisten dieses Mordes, vor allem auf Grund der ungeheuren Hetze in der revisionistischen Presse gegen Arlosoroff und seine Verhandlungen mit Deutschland. Der Mord ist nie aufgeklärt worden, und noch fünfzig Jahre später setzte die Regierung unter Menachem Begin eine Untersuchungskommission ein, die versuchen sollte, die angeschuldigten Revisionisten von jedem Verdacht freizusprechen. In dieser Atmosphäre wollte man den aus Deutschland stammenden Revisionisten keine Möglichkeit geben, an der Arbeit des KJV in Palästina oder als Führer der HOG teilzunehmen. Zlocisti, der keine Politisierung irgendwelcher Art in diesen Gremien zu dulden bereit war, wurde im KJV überstimmt, obwohl er drei Jahre später Erfolg damit hatte, in die vorgeschlagenen Statuten der HOG keine Bestimmung aufzunehmen, die den Revisionisten das passive Wahlrecht absprach.
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Das Problem der Politisierung der HOG tauchte in anderer Form 1935 vor den Stadtratswahlen in Tel Aviv auf. Gewisse Kreise innerhalb der HOG wollten bei den Wahlen - im Gegensatz zu der Leitung, die auf einer unpolitischen Organisation bestand - mit einer besonderen Liste auftreten, deren Spitzenkandidat Rosenblüth war. Die Mehrheit in der Organisation unterstützte den Vorschlag, und Rosenblüth wurde als Vertreter der HOG tatsächlich in den Stadtrat gewählt. Diese innere Krise um die Frage der Politisierung fiel zusammen mit einer notwendigen Umorganisierung der Arbeit der HOG, da diese für die Vorsitzenden zu umfangreich und zeitraubend geworden war. Man brauchte einen besoldeten Generalsekretär, der die laufenden Geschäfte führte, und nicht mehr einen ehrenamtlichen "Geschäftsführenden 2. Vorsitzenden".
Zlocisti, der Tel Aviv verließ und sich in Haifa niederließ, schied aus der Leitung aus, und Lewy erklärte seinen Rücktritt von der Geschäftsführung. Nach einer kurzen Zwischenlösung, während der ein Triumvirat von Dr. Meinhold Nußbaum, Dr. Herbert Förder und Lewy die Geschäfte führte und Dr. Max Kreutzberger zum Generalsekretär ernannt wurde, trat Lewy wegen seiner Unstimmigkeiten mit diesem endgültig zurück
18, und Kurt Blumenfeld wurde im Februar 1936 zum Vorsitzenden gewählt.

In der Tätigkeit der HOG zur wirtschaftlichen Einordnung der Einwanderer spielte die Gründung einer Darlehenskasse eine bedeutende Rolle. Verhältnismäßig kleine Darlehen zur Teilnahme an Umschichtungskursen oder zur Bezahlung des Zolls für Geräte und Werkzeuge von Handwerkern und Werkstätten, ohne die üblichen Bürgen stellen zu müssen, bildeten die Mehrzahl der Darlehensgesuche, die von den bestehenden Banken und Kassen kaum zu behandeln waren.
Die Darlehenskasse "Kupath Milweh l'Olej Germania" wurde durch die HOG am 19. Dezember 1933 bei der Regierung als Kooperative registriert
19 und bezog im Oktober 1934 ein eigenes Büro, um ihre Tätigkeit aufzunehmen. Ende 1934 hatte die Kasse bereits 421 Mitglieder, die im Durchschnitt je 3LP(!) gezeichnet hatten. Außerdem gab die Deutsche Abteilung der Kasse eine Anleihe in Höhe von 1000 LP zu einem ganz geringen Zinssatz, rückzahlbar nach fünfzehn Jahren. Zu Beginn der Tätigkeit wurden die Darlehen für eine Zeitspanne bis zu 24 Monaten gewährt, und sie bewegten sich im allgemeinen zwischen 5 und 50 LP. Für größere Kredite stand ein spezieller Fond der Zentralbank für Kooperativen zur Verfügung.20 Die "Kupath Milweh" entwickelte sich später zu einer kommerziellen Bank (unter dem Namen "Kupath Milweh Haoleh"), die schließlich im Jahr 1966 von der Bank Leumi übernommen wurde. Außer dieser bankmäßigen Darlehenskasse wurde 1934 eine soziale "Hilfskasse" ("Kupat Eser") geschaffen, die bis heute besteht, um unter sozialen Gesichtspunkten kleinste Darlehen zu gewähren.

  1. Curt Wormann, Kulturelle Probleme und Aufgaben der Juden aus Deutschland seit 1933, in: In zwei Welten, Festschrift zum 75. Geburtstag von Siegfried Moses, herausgegeben von Hans Tramer, Tel Aviv 1962.
  2. S7/922, Brief vom 22. 2. 1941.
  3. Jüdische Rundschau, 23. 5. 1933.
  4. S7/121, Der Aufgabenkreis der HOG.
  5. S7/229.
  6. Schreiben vom 8. 12. 1936, A222/10.
  7. S7/30.

Teil 1:
Die Organisation der Mitteleuropäischen Einwanderer in Israel
Nicht nur die Organisation und ihre Tätigkeit haben eine Geschichte, sondern auch der Name. Gegründet wurde die Organisation in Tel Aviv im Februar 1932...

Teil 3:
Hebräische Arbeit
Die landwirtschaftliche Siedlungstätigkeit lag zum weitaus größten Teil außerhalb des direkten Tätigkeitsbereichs der HOG...

hagalil.com 14-10-04


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