Mira Avrech
Während meiner mehr als vierzigjährigen beruflichen Tätigkeit
als Journalistin war es mir vergönnt, mit vielen Staatsmännern und
sonstigen Würdenträgern Bekanntschaft zu schließen. Viele
beflügelte, wie ich merkte, ein durchaus legitimes Motiv,
persönlicher Ehrgeiz.
Einige bewegte jedoch mehr. Sie hatten eine Vision, einen Traum.
Im Umfeld des zerstrittenen Nahen Ostens schloß die Vision auch den
Frieden ein. Zu diesen Persönlichkeiten gehören, unter anderen,
David Ben-Gurion, Shimon Peres, Anwar el Sadat, Hosni Mubarak und
König Hassan von Marokko. Unter denen außerhalb unserer Region zählt
dazu auch der Jubilar dieser Festschrift.
Ich entstamme einer jüdischen Familie deutscher Herkunft. Bevor die
Hölle in Hitlers Deutschland losbrach, entkam ich und langte mit der
"Aquitania" im britischen
Mandatsgebiet Palästina an. Das war im Januar 1934. Nach dem
Krieg versuchten verzweifelte
Überlebende
der Konzentrationslager und des Völkermords
die Küste
Palästinas zu erreichen, doch britische Soldaten schickten
sie zurück aufs Meer. Meist wollten sie auch die anderen Länder
nicht aufnehmen, und viele ertranken mit den sinkenden Booten. In
Palästina engagierte ich mich, wie die meisten meiner
Altersgenossen, für die Idee eines jüdischen Staates.
Die Juden, die seit Anfang des Jahrhunderts nach Palästina
einwanderten, erwarteten ein verlassenes Wüstengebiet vorzufinden,
in dem sie ihre nationale Heimstatt errichten würden. Sie hatten
sich getäuscht. Sie trafen auf örtliche arabische Anwohner, wenige
zunächst, doch ihre Zahl wuchs ständig. Nun gab es zwei alte Völker,
Juden und Araber, die beide auf das Land Israel Anspruch erhoben.
1948
kam der unvermeidliche Konflikt zum Ausbruch. Unter der mutigen
Führerschaft von David Ben-Gurion verloren die Juden keine Zeit und
riefen ihren Staat aus. Die palästinensischen Araber, die aufgrund
des Teilungsbeschlusses der Vereinten Nationen ebenfalls Anrecht auf
eine eigene Heimstätte hatten, waren nicht zufriedengestellt. Sie
ersuchten die benachbarten arabischen Länder, in das neu geschaffene
Israel einzufallen.
Aber die Juden blieben Sieger. Die arabischen Staaten wurden
geschlagen. Hunderttausende von Palästinensern verloren ihr Heim und
wurden Flüchtlinge in elenden Lagern. Die arabischen Staaten, die
entschlossen waren, ihre Niederlage zu vergelten und Israel zu
vernichten, missbrauchten die Flüchtlinge zynisch als Trumpfkarte in
ihrer Fehde gegen Israel. Dies auf Kosten derer, die in ihren Lagern
nach wie vor unter schlimmen Umständen darbten. Und die Kriege
gingen weiter.
Israel vermochte die Araber in der Schlacht zu bezwingen, nicht
jedoch auf dem diplomatischen Kampfplatz. Langsam wurden sich beide
Seiten - Araber sowohl wie Juden, Führer, Autoren, Politiker,
Generäle und Journalisten - bewusst, dass die Lösung nur auf einem
Kompromiss beruhen kann. Zunächst war es nur ein Traum. Doch
gegen Ende des Jahrtausends ist der Traum vom Frieden
zwischen Israelis und Arabern nicht länger eine abstrakte Idee,
sondern machbare Wirklichkeit, die das Gesicht des Nahen Ostens
rasch verändert.
Niels Hansen hat sich als Botschafter in Israel und nachher im
Rahmen seiner Möglichkeiten mit Herz und Verstand bemüht, dabei
hilfreich zu sein.
Aus der "Festschrift aus
Israel", herausgegeben 1994 zum 70. Geburtstag von Niels Hansen,
ehemals deutscher Botschafter in Israel:
Recht und Wahrheit bringen Frieden.
hagalil.com
17-10-2004