antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil


Newsletter abonnieren
Bücher / Morascha
Koscher leben...
Jüdische Weisheit
 
 

Sendung vom 7. Mai 1998 um 20:15

Uri Avnery
Israelischer Publizist und Friedensaktivist
im Gespräch mit Richard Chaim Schneider

LEBENSLAUF
LITERATUR
PRESSESTIMMEN
FILMMATERIAL
 

Das Gespräch zum Nachlesen

LEBENSLAUF:

Uri Avnery (Helmut Ostermann) wurde am 10. September 1923 in Beckum/Westfalen geboren. Sein Vater war im Bankwesen tätig.

1933 emigrierte die Familie nach Palästina, wo seine Familie eine Wäscherei betrieb. 1936, im Alter von 13 Jahren, verließ Uri Avnery die Schule, zog ein Jahr später in eine Gemeinschaftssiedlung und meldete sich bald bei dem damaligen Leiter der kleinen jüdischen Untergrundtruppe "Etzel": Menachem Begin, der spätere israelische Ministerpräsident. Uri Avnery wurde für die Verteilung von Propagandamaterial und für Botendienste eingesetzt. "Etzel" richtete in Avnerys Unterkunft ein Waffenlager ein.
Im Alter von 15 Jahren wurde er Mitglied der Untergrund- und Widerstandsorganisation "Irgun Tsewai Keumi".

1942 verließ Uri Avnery diese Organisation aus ideologischen Gründen jedoch wieder. "Schon damals dachte er darüber nach, wie die nationale jüdische Bewegung sich gemeinsam mit der arabischen Nationalbewegung gegen die britische Mandatsmacht erheben könnte." (Das Sonntagsblatt, 22.08.19997)

In der Zwischenzeit fand er Arbeit als Mechanikergehilfe und Gehilfe in einem Anwaltsbüro.

1948 kämpfte Uri Avnery mit der Kommandoeinheit "Samson’s Foxes" an der ägyptischen Front. 1948, gegen Ende des Unabhängigkeitskrieges, wurde er schwer verwundet.

1950 begann Uri Avnery seine Erfahrungen in den Kämpfen in zwei Büchern niederzuschreiben, sie wurden in Israel zu "angefeindeten Bestsellern".

Unter dem Titel "Auf den Feldern der Philister" veröffentlichte Uri Avnery eine Sammlung von Kriegsreportagen, die er damals für die Tageszeitung Ha’aretz geschrieben hatte. Von dem Erlös dieses Buches kaufte er die unbekannte Zeitschrift "Ha’olam Ha’zeh (Diese Welt).

Seit 1950 ist er Herausgeber und Chefredakteur der in Tel Aviv erscheinenden Wochenzeitung "Ha’olam Ha’zeh". Mit dieser Zeitung hat sich Uri Avnery ein Sprachrohr gegen das israelische Establishment geschaffen und in seinen Artikeln fast jedes Tabu, das es in Israel gab, gebrochen. Die Zeitung übte gegen die offizielle Politik vehement Kritik, deckte Skandale auf und trat für die Gründung eines palästinensischen Staates ein.

1950 veröffentlichte Avnery das Buch "Die zweite Seite der Münze", in dem er antimilitaristische Positionen propagiert. Avnery entwickelt darin die "These von der Realität der palästinensischen Nation, deren Anspruch auf staatliche Identität bisher von allen israelischen Regierungen abgelehnt wird". (Der Spiegel, 4.07.1988)

1965 wurde in Israel ein neues Pressegesetz verabschiedet, das sich eindeutig gegen "Ha’olam Ha’zeh" richtete. Uri Avnery gründete im selben Jahr noch eine Partei mit dem Namen der aufgelösten Zeitung "Ha’olam Ha’zeh" (Diese Welt – neue Kraft). So gewann er bei den Knesset-Wahlen mit 1,2 % der Stimmen ein Mandat und zog ins Parlament, wo er in den folgenden zehn Jahren rund 1000 Reden hielt. Ganz unbescheiden sagt Uri Avnery: "Ich war der beste Parlamentarier, den Israel je hatte."

1973 scheiterte die Partei Avnerys, die inzwischen in "Meri" (Aufstand) umbenannt wurde, bei den Knesset-Wahlen an der Ein-Prozent-Hürde, was die Auflösung der Partei nach sich zog.

Uri Avnery war insgesamt zehn Jahre lang Abgeordneter des israelischen Parlaments, der Knesset.

1979 setzte Uri Avnery mit einer neuen Partei sein politisches Comeback durch, so gelang es ihm weitere zwei Jahre der Knesset anzugehören.

1982 wurde Uri Avnery wegen Hochverrats von der israelischen Generalstaatsanwaltschaft vor Gericht gestellt. Er hatte sich zu Beginn des Libanon-Krieges als erster Israeli mit dem Palästinenser Jassir Arafat zu einem Interview getroffen, als jüdischer Friedensaktivist besuchte er den "Staatsfeind Arafat" im von der israelischen Armee belagerten Beirut.

Nicht nur in Israel wehrte man sich gegen einen Dialog zwischen Palästinensern und Israelis, den Avnery unbedingt zustande bringen wollte. Sa’id Hamami, der Vertreter der PLO in London, und Dr. Issam Sartawi, Arafats Sonderbeauftragter für Kontakte mit den Israelis, waren beide Ansprechpartner Avnerys. Sie wurden später von palästinensischen Extremisten ermordet.

1984 wurde Uri Avnery Mitglied der "Progressiven Friedensliste", die damals mit zwei Sitzen in der Knesset vertreten war, schon bald wurde er auch zu einem der Vorsitzenden gewählt.

1988 veröffentlichte Uri Avnery sein Buch "Mein Freund, der Feind", darin beschreibt er seine engen Kontakte zur PLO und zu Jassir Arafat.

1991 veröffentlichte Avnery ein Portrait des PLO-Aktivisten Feisal el-Husseini im Spiegel (Nr. 43) vor Beginn der Nahost-Friedensgespräche, die ab 30. Oktober 1991 in Madrid stattfanden.

1995 veröffentlichte Avnery sein Buch "Zwei Völker, zwei Staaten", in dem er im Stil eines Gesprächs über Israel und Palästina referiert und sich für die Versöhnung von Arabern und Juden einsetzt.

1997 erhielt Uri Avnery als Mitbegründer und Sprecher der jüdischen Aktionsinitiative "Gush Shalom" ("Friedensblock") den Aachener Friedenspreis. Mit diesem Preis werden Menschen geehrt, die von "unten her" dazu beitragen, der "Verständigung der Menschen und Völker untereinander zu dienen".
Die Bewegung "Gush Shalom" wurde 1992 gegründet und bemüht sich seitdem um ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern. Sie ist eine radikale und sehr aktive Friedensbewegung und wendet sich gegen die aktuelle Siedlungspolitik des jüdischen Staates.

"Der Friede mit den Palästinensern", so hofft Avnery, "werde auch ein anderes Israel schaffen". Er wünscht sich, daß sein Land, befreit von äußeren Konflikten, "eine demokratischere, liberalere und säkularere Republik wird." (Das Sonntagsblatt, 22.08.1997)


Ausschnitt aus der Dankesrede Uri Avnerys am 1. September 1997 aus Anlaß der Verleihung des Aachener Friedenspreises:

"Wenn sich in unserem Land etwas verändert hat, haben wir Friedenskämpfer dazu beigetragen. Noch immer fließt bei uns unschuldiges Blut, noch passieren bei uns täglich unmenschliche Dinge. Aber auf dem Weg vom totalen Krieg zum gerechten Frieden sind wir doch schon einen gewaltigen Schritt vorangekommen. So ist es bei uns. Immer, wenn man hinschaut, sieht es so aus, als bewege sich gar nichts, als wäre alles angefroren. Sieht man aber genauer hin, merkt man, daß keiner mehr dort steht, wo er das letzte Mal gestanden hat.

Als ich vor 48 Jahren erklärt habe, daß wir Frieden mit dem palästinensischen Volk machen müssen und daß dieser Friede zwischen dem Staat Israel und dem Staat Palästina gemacht werden muß, hat man mich ausgelacht. Palästina? Palästina ist von der Landkarte verschwunden. "Es gibt keine Palästinenser", hat die unselige Golda Meir noch vor 30 Jahren gesagt. Aber die Palästinenser sind da und Golda Meir ist nur noch ein Portrait auf dem Geldschein. Laut Meinungsumfragen ist die große Mehrheit der Israelis im Prinzip bereit, auch einen palästinensischen Staat zu akzeptieren, obwohl noch unter allen möglichen Vorbedingungen und mit Einschränkungen.

Als ich mich vor 15 Jahren mit Jassir Arafat im belagerten Beirut traf, war das für viele Israelis ein Verbrechen. Drei Minister forderten, mich wegen Hochverrats vor Gericht zu stellen. Jetzt stehen viele Politiker des israelischen Konsens Schlange, um sich mit Arafat photographieren zu lassen. Für uns ist da kaum mehr Platz.

Der Kampf ist noch lange - noch lange! – nicht zu Ende. Ich möchte mit einem Satz von Martin Luther King schließen: "Ich hasse die Rassisten, aber ich hasse noch mehr die, die ihren Taten zuschauen und sich nicht einmischen." (SZ, 2.09.1997)
17.05.1997)

VERÖFFENTLICHUNGEN:

In deutscher Übersetzung liegen vor:

  • Mein Freund der Feind, J.H.W. Dietz Verlag, Bonn 1988
  • Wir tragen das Nessos-Gewand. Israel und der Frieden im Nahen Osten, J.H.W. Dietz Verlag, Bonn 1991
  • Zwei Völker, zwei Staaten. Gespräch über Israel und Palästina. Vorwort von Rudolf Augstein, Palmyra Verlag, Heidelberg, 1995
  • Die Jerusalemfrage. Israelis und Palästinenser im Gespräch (Hg. Uri Avnery und Azmi Bishara), Palmyra Verlag, Heidelberg 1996
PRESSESTIMMEN:
  • "Uri Avnery ist wie kaum ein zweiter für den Dialog zwischen Arabern und Israelis eingetreten. In einem Gespräch mit dem Heidelberg Verleger und Journalisten Georg Stein analysiert er die Hoffnungen und Chancen, aber auch die Gefahren und Risiken der neuesten Entwicklung im nahen Osten." (Die Zeit über das Buch "Zwei Völker, zwei Staaten")
  • "Ich halte Avnerys Buch für eine der wichtigsten Veröffentlichungen der letzten Jahre. Es sollte zur Pflichlektüre gemacht werden. Nicht zuletzt auch für jene europäische und amerikanische Juden, die meinen, aus einer falsch verstandenen Solidarität mit Israel dessen verbrecherische Politik gegen die Palästinenser unterstützen oder wenigstens tolerieren zu müssen." (Thomas Rothschild, Frankfurter Rundschau)
FILMMATERIAL ÜBER URI AVNERY:
  • Uri Avnery - Der Weg zum Frieden
    VHS Nr. 7097244; 45 Minuten; 1995; FSK: ab 6
    Landesfilmdienst Bayern für Jugend- und Erwachsenenbildung e. V., Dietlindenstraße 18, 80802 München
Weitere Informationen zum Film beim Landesfunkdienst
Copyright © 1998 Bayerischer Rundfunk


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved