SZ vom 19.11.1997Peres
ruft Araber zum Umdenken auf
''High-Tech und muslimische Traditionen widersprechen sich nicht''
po. Katar (SZ) – Einen Aufruf zum Umdenken von
traditionellen politischen und wirtschaftlichen Konzepten zu
Notwendigkeiten und Gegebenheiten der Jahrtausendwende adressierte der
frühere israelische Außenminister Schimon Peres an die Teilnehmer der
Wirtschaftskonferenz für den Nahen Osten und Nordafrika (MENA) in Katar.
Peres kritisierte die Staaten, die die Konferenz wegen „Mangel an
Erfolgen im Friedensprozeß“ boykottieren. Israel wolle keinen arabischen
Staat zu Geschäften mit Israel überreden, wohl aber zur Öffnung
gegenüber internationalen Wirtschaftsentwicklungen. Arabische Regime
sollten die Bedürfnisse und Rechte der Menschen obenan stellen und
Marktwirtschaft, Privatisierung und Industrie auf High-Tech-Basis
anstreben.
Je besser es den Menschen der Region
wirtschaftlich gehe, so Peres, desto stärker werde ihre
Friedensmotivierung. Hätten sie durch kriegerische
Auseinandersetzungen doch mehr zu verlieren. Deshalb müsse Israel
zum Beispiel wirtschaftliche Erfolge seiner Nachbarn einschließlich
der Palästinenser unterstützen. Jordanien, Ägypten, Marokko,
Tunesien und Katar hätten sich bereits auf den Weg ins
technologische Zeitalter begeben, sagte Peres. Junge, im Ausland
ausgebildete Menschen in der Region verglichen den Stand ihrer
Länder, von Massenkommunikationsmitteln auf dem laufenden gehalten,
mit anderen Teilen der Welt. „High Tech und muslimische Traditionen
widersprechen sich nicht“, betonte Peres. Man müsse überdies
aufhören, von regionaler Wirtschaft zu sprechen, und statt dessen
die internationalen Möglichkeiten nutzen. Dafür böten die
MENA-Konferenzen eine ideale Basis. Nicht nur die Teilnehmer,
sondern auch die Gastländer profitierten von den angebotenen
Business-Möglichkeiten.
Den Beweis dafür lieferten fünf Verträge zwischen
Katar und großen ausländischen Unternehmen während der Konferenz.
Die Qatar General Petroleum Corporation baut zusammen mit Phillips
Petroleum aus Oklahoma für 825 Millionen Dollar einen
petrochemischen Komplex. Der Bau einer umweltfreundlichen
Aluminiumschmelze wurde mit der norwegischen Norsk Hydro ASA für
1998 vereinbart. Die amerikanische Mobil Corporation hat mit der
Qatar Petroleum einen Vertrag zur Erschließung eines neuen Gasfelds
unterschrieben, aus dem vom Jahr 2002 an täglich 500 Millionen
Kubikfuß Naturgas gefördert werden sollen. Schließlich hat die Mobil
Corporation mit der Qatar Shipping Company eine gemeinsame
Schiffahrtsgesellschaft zum Transport von Flüssiggas gegründet,
sowie die Bestellung von zwei Öltankern vereinbart, die in Südkorea
gebaut werden sollen.
Israels Handels- und Industrieminister Natan
Scharansky und der jordanische Wasserminister Munter Haddadin
präsentierten der Konferenz, über den am Sonntag abgeschlossenen
Vertrag über einen gemeinsamen Industriepark im jordanischen Irbid
hinaus, weitere aktuelle Beispiele für Zusammenarbeit im Bereich
regionaler Infrastruktur, bei der sich Regierungen und der
Privatsektor die Hand reichen. Der internationale Flughafen im
israelischen Eilat am Roten Meer wird in Kürze stillgelegt, während
der Flughafen im benachbarten jordanischen Akaba vor einer Woche mit
der Abfertigung auch von Touristen nach Eilat begann. Ein Kanal
zwischen dem Roten und dem Toten Meer ist von beiden Ländern
vorgesehen, an dem sowohl Anlagen zur Gewinnung kostbaren Süßwassers
durch Meerwasserentsalzung als auch zur Stromproduktion installiert
werden sollen.
Wie stark wirtschaftliche Entwicklungen im Nahen
Osten vom politischen Klima abhängen, zeigte der Terroranschlag im
ägyptischen Luxor auf tragische Weise: Die blutige Attacke auf
ausländische Touristen veranlaßte Tourismusunternehmen von Finnland
bis Japan, alle Verträge mit Ägypten zu stornieren.
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