Recht gegen
Rechts
Vorwort
Mit großer Aufmerksamkeit
habe ich die vom Jugendinformationszentrum München herausgegebene
Broschüre "Recht gegen Rechts" gelesen. Sie trifft, wie ich glaube, den
Punkt: Wir müssen informiert sein, um Angriffen von ausländerfeindlichen
und rechtsextremistischen Gewalttätern Paroli bieten zu können. Hier ist
jeder von uns gefordert, seinen Anteil dazu beizutragen, dass das Klima
der Freiheit und Toleranz, das unsere Bundesrepublik seit 40 Jahren
geprägt hat, nicht zerstört wird.
Unser bestehendes
Strafrecht bietet vielfältige Möglichkeiten, um auf Ausschreitungen
solcher Personen zu reagieren. Jedem dieser Täter muss klar sein, dass
eine entschiedene Reaktion des Staates auf solche Gewaltdelikte folgt.
Keiner dieser Täter darf damit rechnen, dass sein Verhalten nur als
"böser Streich" gewertet wird. Die Justiz wird alle Anstrengungen
unternehmen, um solchen Gewalttätigkeiten entgegenzuwirken.
Dies allein wird aber
nicht ausreichen. Wir alle müssen mitmachen. Wer ausländerfeindliche
Äußerungen hört, darf sie nicht unwidersprochen lassen Wer Gewalttaten
bemerkt, darf sie nicht übersehen. Schon zu viele haben weggesehen.
Jeder von uns ist gefordert, Ausländerfeindlichkeit und
Rechtsradikalismus den Boden zu entziehen. Hierbei kann die Broschüre
wichtige Hinweise und Informationen vermitteln. Deswegen haben wir uns
entschlossen, diese Broschüre auch für Rheinland-Pfalz mit freundlicher
Genehmigung des Jugendinformationszentrums München herauszugeben.
Peter Caesar
Minister der Justiz des Landes
Rheinland-Pfalz
EINMISCHEN
Heute Abend um halb zwölf
in der Kneipe: Den Typen zwei Tische weiter werden ihre Türkenwitze
langsam langweilig, aber es gibt ja auch noch die Juden. Derart
aufgeheitert grölen sie dann ein Liedchen, "die Fahne hoch, die Reihen
fest geschlossen, SA marschiert, in ruhig festem Tritt" und so. Und weil
sich eh niemand traut, etwas dagegen zu unternehmen, zeigen sie mit
einem zackig gebrüllten "Heil Hitler", wer in diesem Lokal das Schreien
hat.
Was machst Du? Weghören
und so tun, als hättest Du nichts bemerkt, weil‘s ja nicht Deine
Angelegenheit ist? Die Kneipe wechseln und Dich darüber ärgern, dass Du
den Schwanz eingezogen hast? Hingehen, ihnen sagen, dass man Nazis nicht
so toll findet, und ein paar Fingerknöchel auf die Schneidezähne
bekommen?
Warum nicht einfach die
grünen Herren mit dem Blaulicht auf dem Dach rufen? Schließlich haben
Dir die Nazis nicht nur den Abend versaut, sondern auch noch ein paar
Straftaten begangen. Es gibt viele Möglichkeiten, etwas gegen Faschos zu
tun. In diesem Heft stellen wir die vor, bei denen die Staatsgewalt Dir
hilft.
ÜBERBLICK
Strafrecht und
Strafverfolgung
"Bei Linken kommt immer
sofort der Strafhammer, auf dem rechten Auge ist die Justiz aber blind."
Manche sehen das so, stimmen tut es gerade in letzter Zeit nicht mehr.
Gerade eben hat der Bundestag das Strafgesetzbuch ergänzt und ein paar
Lücken gefüllt, durch die Rechtsradikale.schlüpfen konnten.
Die Gesetze
Die rechtlichen Grundlagen
sind also da. Die fünf wichtigsten "einschlägigen Tatbestände", gegen
die Rechtsradikale am ehesten verstoßen, sind in diesem Heft
vorgestellt:
Nazi-Parolen und
Flugblätter stellt das Strafgesetzbuch im Paragraph 86 ("Verbreitung von
Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen") unter Strafe,
Hakenkreuze und andere Nazi-Symbole im Paragraph 86a ("Verwendung von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen").
Der Paragraph 130
("Volksverhetzung") bedroht ausländerfeindliche Hetze und die Leugnung
von Naziverbrechen; der Paragraph 189 ("Verunglimpfung des Andenkens
Verstorbener") bestraft die Verleumdung der im Faschismus ermordeten
Juden. Die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung wird über die
Paragraphen 84 (bei verbotenen Parteien) und 85 (bei anderen
Organisationen) verfolgt. Außerdem gäbe es noch den § 185 (Beleidigung,
hier gelten aber auch bei der Strafanzeige besondere Regeln) oder so
ausgefallene Dinge wie die "Bildung bewaffneter Haufen" (§ 127) oder
"Politische Verdächtigung" (§ 241a), aber das soll hier ja kein
Telefonbuch werden.
Wie es sich genau
auswirken wird, dass vom 1. Dezember 1994 an schärfere Gesetze gelten,
ist noch nicht ganz klar: Es muss erstmal neue Prozesse geben. Die
Staatsanwälte und Richter warten deshalb gerade jetzt darauf, dass
solche Straftaten angezeigt werden. Viele Hetzsprüche, die bislang nicht
richtig bestraft werden konnten, fallen nun endlich unter das Gesetz.
Immer gilt jedenfalls: "Wo
kein Kläger, da kein Richter" - wenn Polizei und Staatsanwaltschaft
nichts von einer Straftat erfahren, kann es auch keine Strafurteile
geben. Die Bestrafung der meisten rechtsradikalen Vergehen scheitert
nicht an unwilligen Staatsanwälten oder großzügigen Richtern, sondern an
faulen Zeugen: Solange die nicht wenigstens kurz mal bei der Polizei
anrufen, hat das Strafgesetzbuch den Wert von Altpapier.
Kennzeichen § 86a
Hakenkreuze in jeder Form,
das Horst-Wessel-Lied, Hitlergruss und "Führerporträts" oder SS-Runen -
für alle nationalsozialistischen Symbole gilt nach § 86a: Wer sie
öffentlich zeigt, dem drohen bis zu drei Jahre Knast. Gleiches gilt für
die während des Nationalsozialismus gebräuchliche Schlussfloskel "Mit
deutschem Gruß", wenn auch der übrige Brief eine entsprechende Tendenz
hat. Auch die Symbole von Unterorganisationen der NSDAP fallen unter den
§ 86a.
Auch leicht veränderte
Symbole können bestraft werden, wenn sie den Originalen "zum Verwechseln
ähnlich sind" - das hat der Bundestag nun mit einer Gesetzesänderung
klargestellt.
Damit wird künftig zum
Beispiel auch bestraft werden, wer den Hitlergruß mit drei
ausgestreckten Fingern statt der flachen Hand zeigt (der so genannte
"Kühnen-Gruß"). Da waren sich die Richter zuvor nicht einig.
Sonderfall ist die
"Reichskriegsflagge" aus der Zeit vor 1933: Sie zu zeigen ist zwar nicht
direkt strafbar, die Polizei beschlagnahmt sie aber oft wegen "Störung
des öffentlichen Friedens".
Fall 1:
HITLERBILD
Drei Monate Zusatzhaft
ohne Bewährung hat ein 28-Jähriger in Berlin erhalten, der in seiner
Gefängniszelle ein Hitlerbild aufgehängt hatte. Er saß bereits für
mehrere Jahre wegen Totschlags und sexueller Nötigung ein.
Fall 2:
SIEGHEIL
Für Sieg-Heil-Rufe sind
drei Nürnberger zu Gefängnisstrafen zwischen neun Monaten und eineinhalb
Jahren verurteilt worden. Die Straftäter sind zwischen 21 und 26 Jahre
alt. Wegen einer ungünstigen Sozialprognose kämen Bewährungsstrafen
nicht in Betracht, erklärte der Richter.
Fall 3:
HAKENKREUZ
Vier angehende
Gefängnisbeamte sind im niederbayerischen Straubing aus dem Staatsdienst
entlassen worden. Sie hatten in Toiletten und auf Tische der
Beamtenschule Hakenkreuze geschmiert. Die Staatsanwaltschaft leitete
außerdem ein Ermittlungsverfahren gegen die jungen Männer ein.
Propaganda § 86
§ 86 Strafgesetzbuch: Bis
zu drei Jahren Gefängnis erwarten jeden, der "Propagandamittel" einer
verfassungswidrigen Partei oder Vereinigung herstellt, verbreitet oder
importiert - wenn diese Propagandamittel sich gegen die Demokratie oder
die Völkerverständigung richten. Verurteilt werden kann jeder, der bei
der Produktion oder Verbreitung hilft. Also bei Flugblättern nicht nur
der Autor, sondern auch der Drucker und Verteiler oder jemand, der sie
in seiner Wohnung vor der Verteilung lagert. Strafbar ist zum Beispiel
die Forderung nach einem "europäischen Staat auf der Grundlage einer
arischen Rassengemeinschaft" (was mag das wohl sein?) oder auch danach,
dass Juden keine maßgeblichen Posten im Staat bekommen dürfen.
Freigesprochen wurde dagegen jemand, der sich gegen Ehen zwischen
Deutschen und Ausländern aussprach weil er "Rassenmischung" für schlecht
hält. Damit, so fand das Gericht, habe er fremde "Rassen" nicht
herabgesetzt.
Ausnahme Schule
Die Verwendung von
Nazi-Flugblättern oder Zeichnungen durch Lehrer im Unterricht oder durch
Künstler ist aber erlaubt. Auch der Hetzfilm "Jud Süss" darf also im
Fach Geschichte gezeigt werden.
Fallbeispiel:
MEIN
KAMPF
Es gibt Leute, die sich
nichts dabei denken, mit dem Buch eines Verrückten Geld zu verdienen, in
dem der Tod von fünfundzwanzig Millionen Menschen als gerechtfertigt
dargestellt wird. Deshalb findet sich Hitlers "Mein Kampf" immer wieder
mal auf Flohmärkten. Und das wird manchmal sogar erlaubt: Im Original
oder negativ kommentiert darf das Buch nach Ansicht der Rechtsprechung
straffrei verkauft werden. Auch Juristen sind nicht immer einig.
Strafbar sind nach dieser
Meinung nur Hakenkreuze auf dem Titel oder unkritische Neuauflagen - die
darf es aber ohnehin nicht geben, weil das "Urheberrecht" an "Mein
Kampf" zum Teil an den Bayerischen Staat gefallen ist. Und der erlaubt
keinen Neudruck. Weil kein Normalmensch prüfen kann, ob eine bestimmte
Ausgabe nun erlaubt oder verboten ist, kann diese Aufgabe der Polizei
überlassen werden. Dazu muss man ihr natürlich Bescheid sagen.
Volksverhetzung § 130
Vor langer Zeit hieß der §
130 "Anreizung zum Klassenkampf" und wurde gegen umtriebige Arbeiter
angewandt. Inzwischen ist er mit "Volksverhetzung" betitelt und stellt
Aussagen unter Strafe, die eine Bevölkerungsgruppe verleumden (zum
Beispiel Beamte, Türken, Juden, Schwule oder Bayern) und zu Hass oder
Gewalt aufrufen.
Auschwitz-Lüge
Schon immer wurde
bestraft, wer die systematische Vernichtung der Juden im Faschismus
leugnete ("Auschwitz-Lüge"). Jetzt wurde das Gesetz (§ 130 StGB)
entsprechend ergänzt, um das ganz deutlich zu machen: Wer den Völkermord
"billigt, verharmlost oder leugnet", kassiert bis zu fünf Jahre Haft.
Beleidigung
Oft könnten Äußerungen,
die knapp nicht mehr unter Volksverhetzung fallen, trotzdem wegen
Beleidigung (§ 185) bestraft werden - der 130 schützt den öffentlichen
Frieden, der 185 die persönliche Ehre. Dazu muss aber ein persönlich
Beleidigter Strafantrag stellen, und leider sind dazu nur wenige
Ausländer oder Asylbewerber bereit.
Fall 1:
JUDENWITZE
"Was ist der Unterschied
zwischen einer Pizza und einem Juden?" Diese Frage stellte ein Kölner
Lehrer seinen Schülern und antwortete gleich selbst: "Die Pizza schreit
und kreischt nicht, wenn man sie in den Ofen schiebt." Der Mann ist
fristlos aus dem Schuldienst entlassen worden.
Fall 2:
UNTERMENSCH
Ebenfalls ein Lehrer
bezeichnete in Koblenz gegenüber seinen Gymnasiasten Hauptschüler als
"Untermenschen" und Zigeuner als "kulturloses Pack". Ausserdem habe er
den Judenmord des Dritten Reichs bezweifelt, so das Gericht weiter. Die
Strafe: Ein Jahr Haft auf Bewährung.
Fall 3:
FREMDENHASS
Ist ein Schild "Ausländer
unerwünscht" an einer Kneipentür schon Volksverhetzung? Nein, hat ein
Gericht 1985 festgestellt, das sei eine "bloße Diskriminierung". Jetzt,
nach der Gesetzesänderung, könnte das Urteil anders ausfallen. Die
Staatsanwälte warten deshalb dringend auf Anzeigen wegen solcher
Schilder, um die veraltete Entscheidung wegzubringen.
Verunglimpfung
Verstorbener.
Die Strafbarkeit der
"Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" schützt die Ehre von Toten.
Von der Reihenfolge im Strafgesetzbuch her gehört dieser Paragraph
eigentlich zum Bereich der unpolitischen Beleidigungsvergehen, muss oft
aber auch gegen Rechtsradikale angewandt werden: Lügen über die im
Nationalsozialismus Ermordeten sind über den § 189 mit bis zu zwei
Jahren Gefängnis bedroht.
"Verunglimpfung" ist ein
Oberbegriff für die Beleidigung, Verleumdung oder jede "böswillige
Verächtlichmachung". Sie ist gegenüber einzelnen Menschen genauso
strafbar wie gegenüber Gruppen.
Normalerweise muss bei
Beleidigungsdelikten das Opfer einen Strafantrag stellen. Das heisst, in
diesem Bereich reicht es für eine Strafverfolgung nicht aus, dass die
Polizei von der Tat erfährt - der Beleidigte oder (wenn er schon tot
ist) seine Verwandten müssen die Bestrafung auch fordern.
Bei einem im
Nationalsozialismus Ermordeten gilt aber der Sonderfall des Sonderfalls:
Wird er öffentlich verunglimpft, leitet der Staatsanwalt auch dann das
Ermittlungsverfahren ein, wenn die Angehörigen es nicht verlangen,
allerdings auch nicht widersprechen.
Na also:
HÄRTERE STRAFEN
Drei Jahre, nachdem die
ersten Häuser gebrannt haben, hat es der Bundestag jetzt geschafft,
härtere Gesetze gegen Nazi-Hetze zu beschließen. Was ist ab 1. Dezember
1994 neu?
- Volksverhetzung kann
einfacher verfolgt werden, bisher waren hier nur die allerübelsten,
menschenfeindlichen Sprüche betroffen
- Auch die Ausfuhr von
Nazi-Material ins Ausland ist jetzt verboten. Einfuhr, Lagerung und
Verbreitung waren schon vorher strafbar
- Die Verwendung von
Symbolen, die verbotenen Zeichen ähnlich sehen, stehen nun ebenfalls
unter Strafe
- Nicht mehr nur die
"Aufstachelung zum Rassenhass" wird bestraft, sondern auch die Hetze
gegen religiös oder kulturell andersartige Gruppen.
Das ist nicht gerade
berauschend viel Verschärfung, aber wie gesagt: Fehlen tun eigentlich
nicht die Gesetze, sondern die Anzeigen.
Organisationsdelikte
Verfassungsfeindliche
Parteien können vom Bundesverfassungsgericht, Organisationen von den
Innenministerien verboten werden. Die rechtsextremen Vereinigungen FAP
und "Nationale Liste" wurden Anfang 1995 verboten.
Die §§ 84 und 85 des
Strafgesetzbuchs drohen jedem, der Mitglied einer verbotenen Partei ist
oder ihr hilft, fünf Jahre Gefängnis an. Dass der Gesetzgeber diese
Sache besonders ernst nimmt, macht der Vergleich des Strafrahmens mit
dem anderer Vergehen deutlich: Fünf Jahre Höchststrafe, dafür könnte man
sich auch das "lnverkehrbringen von Falschgeld", einen deftigen
Diebstahl oder einen Großvertrieb von Diebesgut erlauben.
Nun passiert es einem
sicher nicht jeden Tag, einen Neonazi dabei zu beobachten, dass er
seine.verbotene Partei fortführt. Aber wenn, dann hat man ihn nach einer
Anzeige wenigstens für lange Zeit das letzte Mal gesehen.
BRAUNE LISTE
In der Geschichte der
Bundesrepublik wurden bis jetzt 350 Vereinigungen - rechts wie links -
verboten. Innerhalb der letzten Jahre waren bundesweit oder in einzelnen
Ländern folgende rechtsradikale Organisationen betroffen
- Deutsche Alternative
(DA)
- Nationalistische Front
(NF)
- Nationale Offensive
(NO)
- Deutscher
Kammeradschaftsbund (DKB)
- Nationaler Block (NB)
- Heimattreue Vereinigung
Deutschlands (HVD)
- Freundschaftskreis
Freiheit für Deutschland (FFD)
- Nov. 94: Wiking-Jugend
e.V. (WJ)
- FAP
Die wichtigsten Verbote
zuvor waren:
- 1980 Wehrsporttruppe
Hoffmann
- 1982
Volkssozialistische Bewegung Deutschlands
- 1983 Aktionsfront
nationaler Sozialisten
- 1989 Nationale
Sammlung.
SYMBOLE
Achtung: Die
Verwendung dieser Symbole, dazu zählt auch das Herunterladen, ist gemäß
den Anmerkungen neben den Symbolen
verboten!
DER SPIEGEL
strafbar
Hakenkreuz,
Symbol der
NSDAP
strafbar
Doppel-Sigrune,
Zeichen der
Waffen-SS
strafbar
Parteizeichen der
FA
strafbar
Hakenkreuz
seitenverkehrt
strafbar
Sigrune
(germanisches
"S")
Zeichen des
Deutschen
Jungvolkes
strafbar
Wolfsangel,
Zeichen
für
Wehrhaftigkeit,
auch Symbol der
verbotenen Jungen
Front (JF)
nach neuem
Recht
vermutlich
strafbar
Hakenkreuz,
negativ,
Symbol der
Aktionsfront
Nationaler
Sozialisten
(ANS)
strafbar
Sigrune,
abgeändert,
Symbol der
verbotenen
Aktionsfront
Nationaler
Sozialisten/Na
ionaler
Aktivisiten
(ANS/NA)
strafbar
Zivilabzeichen
der SA
strafbar
Hakenkreuz,
leicht verände
(Swastika-Kreuz)
nicht strafbar
(strittig)
Odalrune,
Symbol des
verbotenen
Bundes
Nationaler
Studenten
(BNS)
strafbar:
rot-weiss
umrand
auf schwarzem
Grund, Symbo
der verbotene
Wiking-Jugen
nicht strafbar
Sonnensymbol
Triskele, wird
vom
Klu-Klux-Klan
benutzt
strafbar
(strittig)
Keltenkreuz,
Symbol der
verbotenen
Volkssozialist
chen Bewegun
nicht strafbar
Dienstrangabz
ichen von
Hauptfeldweb
ln der
Bundeswehr
nicht strafbar
Wird vom
Klu-Klux-Klan
benutzt.
SATIRE
Hakenkreuze dürfen nicht
verwendet werden, das ist klar. Aber was ist mit Aufklebern und
Plakaten, die sich gegen Nazis richten oder sich darüber lustig machen?
Filme wie Charlie Chaplins "großer Diktator", Aufkleber mit dem
Hakenkreuz in einer Mülltonne oder das alte SPD-Plakat mit einem ans
Hakenkreuz geketteten Arbeiter sollen ja nicht bestraft werden. Es kommt
zwar vor, dass Polizisten im Übereifer auch solche Kennzeichen erstmal
beschlagnahmen, spätestens der Staatsanwalt lenkt aber dann in der Regel
ein. Werden die Nazi-Kennzeichen in erkennbar distanzierender Absicht
gebraucht, ist das also straffrei.
Allerdings gibt es auch
ein Argument dafür, Hakenkreuze immer zu verbieten - egal ob sie von
Rechtsradikalen oder gegen sie verwendet werden: Nazisymbole stehen für
etwas so schreckliches und sind so ekelerregend, dass sie einfach nicht
in die Öffentlichkeit gehören. Wird nur der positive Gebrauch verboten,
könnte irgendjemand auf die Idee kommen, jede Plakatwand der Stadt mit
zwei Meter hohen Hakenkreuzen zu bepflastern. Und das wäre ja - auch
wenn "Nazis raus" oder so dabeisteht - kein schöner Anblick.
WAS
TUN?
Sollen wir Dir sagen, was
Du tun sollst? Tu einfach irgendwas. Es gibt kein Patentrezept gegen
Nazis oder Hakenkreuzschmierer. Es gibt junge, die sich für cool halten,
und alte, die nichts dazugelernt haben, welche mit Glatze und welche mit
Krawatte, grölende und ganz unauffällige.
Gefährlich sind sie alle -
für jeden.
Manchmal kann man mit
ihnen reden. Oder sich gemeinsam mit anderen gegen sie zusammenschließen
- bei einer Gewerkschaft, Kirche, Partei oder auch ganz autonom. Aber
wegschauen ist nicht in Ordnung.
Manchmal kann man auch die
Polizei rufen. Manchmal muss man es tun. Dieses Heft ist keine Anleitung
zum Verpetzen. Aber Faschos dürfen nicht anfangen können, sich
ungestraft daneben zu benehmen. Sie trauen sich schon wieder zuviel.
Jeden Tag noch etwas mehr, wenn niemand was tut.
Es ist der Job der
Polizei, Straftaten zu verfolgen. Dein Job ist, ihnen Bescheid zu geben.
Auf den nächsten Seiten steht, wie.
STRAFANZEIGE
Einfach anzeigen
Die Polizei muss
grundsätzlich jede Straftat, von der sie erfährt, verfolgen. Dieses
Prinzip macht Anzeigen so einfach: Ein Anruf unter 110 oder auch ein
Hinweis an den strafzettelschreibenden Verkehrspolizisten da vorne
reicht, und die Staatsmacht wird aktiv. Egal, ob der Anzeigende ein
fünfjähriges Kind ist oder ein Juraprofessor, ob er seinen Namen sagt
oder anonym bleibt, ob er eine Stunde lang Beobachtungen diktiert oder
nur einen einzigen Satz murmelt, einen Mord meldet, einen Ladendiebstahl
oder randalierende Skinheads.
Ist die Sache nicht eilig,
dann erleichtert der Weg zur nächsten Polizeiinspektion die Arbeit
allerdings sehr, weil da die Schreibmaschinen bereitstehen. Auch wenn
Polizeibeamte nicht begeistert sein sollten. Manchmal fehlt es ein wenig
am detaillierten Wissen über die rechtliche Situation in diesem Bereich.
Von der Lenkzeitordnung für Lastwagenfahrer über die Vorschriften zum
richtigen Vorgehen gegenüber Geisteskranken bis hin zu den Feinheiten
des politischen Strafrechts kann nicht jeder immer alles im Kopf haben.
Und leider kommen ja nur sehr selten Menschen zur Polizei, um
Nazi-Umtriebe anzuzeigen.
Notfalls mit freundlicher
Beharrlichkeit wird es aber kein Problem sein, eine Anzeige zu Protokoll
zu geben.
Anzeigen nimmt nicht nur
die Polizei entgegen, obwohl es dort am einfachsten geht. Sie können
auch bei der Staatsanwaltschaft (im Telefonbuch unter "Justizbehörden")
gemacht werden. Die Staatsanwälte sind bei Strafsachen sowas wie
Vorgesetzte der Polizei (die ein "Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft"
ist, sagen die Juristen). Dort sitzen Spezialisten für Nazi-Delikte, und
die helfen auch, wenn mal ein Polizist gar nicht dazu zu bringen war,
eine Anzeige aufzunehmen.
Übrigens: Wer wissen will,
was aus seiner Anzeige weiter wird, kann das sagen. Er bekommt dann nach
einigen Monaten vom Staatsanwalt den Ausgang des Strafverfahrens
mitgeteilt. Das ist auch eine Kontrollmöglichkeit für Leute, die nicht
an den Verfolgungseifer der Behörden glauben. Schreibt der Staatsanwalt,
dass er eigentlich keinen Grund zum Handeln sehe, dann eröffnet sich wie
bei jeder Verwaltungsentscheidung der Weg der Beschwerde beim
Vorgesetzten.
ANGST
Strafanzeigen können
anonym erstattet werden. Damit soll verhindert werden, dass die Polizei
nur deshalb nicht von Straftaten erfährt, weil jemand seinen Namen nicht
nennen will. Andererseits gibt es aber die Zeugenpflicht: Wer dem
Richter als Zeuge eines Verbrechens bekannt ist, kann von ihm zur
Aussage gezwungen werden, und dann erfährt auch der Angeklagte dessen
Namen. Angst vor Racheaktionen brutaler Skinheads? Ein paar Auswege gibt
es:
Erstens - so sehen es
wenigstens ein paar Juristen, aber es ist umstritten - kann niemand zum
Auftritt als Zeuge gezwungen werden, dessen Zeugenschaft den Behörden
ausschließlich dadurch bekannt ist, dass er Anzeige erstattet hat.
Zweitens nützen dem
Staatsanwalt auch Zeugen, die ihm zwar Informationen liefern, aber nicht
in den Akten auftauchen wollen. Er kann dann nämlich auf dieser Basis
weiter recherchieren. Und schließlich kann der Staatsanwalt dem Zeugen
auch die Geheimhaltung seiner persönlichen Daten vor Gericht zusichern.
Diese Regelung aus dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität wird
aber nur bei schweren Verbrechen angewandt. Solche Vereinbarungen vorher
telefonisch abklären!
KUNDGEBUNG.
Im Dutzend fühlen sie sich
stark
Situation Kundgebung: In
einer Demokratie gilt das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ziemlich
viel. Deshalb können auch Kundgebungen von Rechtsextremen nicht so
einfach verboten werden. Gerade, wenn viele Nazis auf einem Haufen
stehen, trauen sie sich aber besonders viel. Was tun, wenn man von außen
beobachten kann, wie mitten in einer grossen Menge ein paar Leute den
Hitlergruß zeigen?
Polizei sollte bei solchen
Anlässen ja genug in der Gegend sein. Nicht immer reicht aber ein
Hinweis an den nächsten Beamten. Der kann selbst oft gar nichts
entscheiden und verweist dann an den Gruppenführer, der weiter an den
Zugführer und der an den "Hundertschaftsführer" und so weiter, bis man
dann endlich den Einsatzleiter gefunden hat. Der könnte dann einen
Einsatz befehlen - tut es aber nicht, weil er keine Straßenschlacht
auslösen will. Das ist rechtlich zulässig und auch verständlich.
Auch wenn zunächst nicht
unmittelbar eingegriffen wurde, die festgestellten Täter können später
dennoch bestraft werden. Eine Strafanzeige lohnt sich auf jeden Fall...
PRESSERECHT
Jedes Landespressegesetz
schreibt vor, dass Druckwerke ein Impressum, also eine
Herkunftsbezeichnung haben müssen. So muss jedes Flugblatt und jede
Zeitung den Namen und die Anschrift sowohl des Verantwortlichen wie auch
des Druckers tragen.
Der Sinn dieser Vorschrift
ist klar: Ist das Flugblatt beleidigend oder hetzerisch, steht der
Schuldige gleich mit drauf. Und der Drucker wird zur Abschreckung
mitbestraft (deshalb steht auch auf so vielen Publikationen
"Eigendruck", das ist erlaubt, wenn es stimmt).
Wird das Impressum einfach
vergessen, ist eine Geldbuße fällig. Wenn aber ein Flugblatt strafbaren
Inhalt hat und jemand glaubt, durch ein fehlendes Impressum nicht
erwischt zu werden, sind Höchststrafen bis zu einem Jahr Gefängnis
vorgesehen.
Manchmal ist das
Impressumsrecht die letzte Rettung: Hat sich einer mit seinem
Fascho-Flugblatt inhaltlich durch alle Gesetze gemogelt, aber beim
Impressum die Adresse nicht angegeben, dann kriegt man ihn wenigstens
deshalb dran...
FLUGBLATT
Situation Flugblatt:
Der Typ, der da vorne
die Flugblätter verteilt, sieht eigentlich ganz normal aus: Keine
Glatze, keine Springerstiefel. Was auf seinen Zetteln draufsteht, klingt
dagegen ziemlich blöd..."Die jüdisch gesteuerten Politiker versagen.
Jetzt muss das Deutsche Volk selbst den Ausländern und Asylanten zeigen,
dass sie hier unerwünscht sind. Geben wir es ihnen zu spüren - in einer
Sprache, die sie auf jeden Fall verstehen."
Das klingt doch sehr nach
Volksverhetzung. Die Polizei soll sich drum kümmern. Aber schnell, sonst
ist er weg. Nach dem Anruf sollte man besser ("unauffällig") vor Ort
warten, um den Beamten das Flugblatt geben zu können. Vielleicht ist der
Verteiler dazu ja doch zu feige. Wenn er schon weg ist, wenn die Streife
kommt, ist noch nicht alles verloren. Wenn auf dem Flugblatt ein
korrektes Impressum steht, hält sich der Staatsanwalt an den
Verantwortlichen. Fehlt dessen Name, sollte das schon beim Notruf gesagt
werden. Dann ist klar, dass der Einsatz wirklich eilt.
Als Zeuge bist Du übrigens
überflüssig, sobald die Polizei da ist. Dein Name braucht in den Akten
also nicht aufzutauchen.
FLOHMARKT
Situation Trödelmarkt:
Einer der Tische ist dicht
umringt, weil es da ganz besondere Dinge gibt: Orden, Bücher und
Uniformteile - alle garantiert echt und runde fünfzig Jahre alt. Der
Händler will ganz besonders schlau sein: Er deckt die Hakenkreuze auf
den Orden mit kleinen Aufklebern ab. Ob der Verkauf dann erlaubt ist,
sollen Polizei und Gerichte entscheiden.
Dazu müssen allerdings
Beweise gesichert werden und das nicht erst übermorgen. Also:
Polizeinotruf (kostet nicht mal Geld) und sagen, was los ist. Weil die
Streifenbeamten dann selbst sehen, was für Ware angeboten wird, brauchen
sie Dich auch nicht als Zeugen.
Ausserdem sollte der
Veranstalter des Trödelmarkts noch etwas Druck bekommen: Warum hat der
nicht selbst etwas unternommen? Wenn er für den Markt eine städtische
Halle oder einen Parkplatz gepachtet hat, dann muss er ein wenig
aufmerksamer sein. Kein Bürgermeister hat es gern, wenn auf seinem Grund
Naziorden verkauft werden. Und der Veranstalter möchte für nächstes Mal
sicher wieder einen Mietvertrag.
KNEIPE
Situation Kneipe:
Da sitzen also die rechten
Typen von unserer Seite drei am anderen Tisch und pöbeln mit Naziliedern
und -sprüchen. Kannst Du mit ihnen reden? Wenn Du groß und stark bist
und sie eher harmlos aussehen, mag es einen Versuch wert sein.
Vielleicht lassen sich ja Reste von Intelligenz entdecken, auf die man
einwirken kann. Aber es haben sich bei diesem Versuch schon Leute einen
Kieferbruch geholt. Was macht der Wirt? Wenn er den anständigen Teil
seiner Gäste behalten will, sollte er besonders daran interessiert sein,
dass seine Kneipe kein Nazitreff wird.
Haben die Nazis Straftaten
begangen, dann führt kein Weg an der Polizei vorbei. Am besten ruft man
sie und wartet dann vor der Kneipe, um die Lage in Ruhe zu erklären
(drin ist es eh nicht mehr gemütlich). Der dezente Hinweis auf die
Zeugenschaft des Wirts und aller übrigen Gäste verhindert auch, dass Du
vor Gericht allein dastehst.
Übrigens hat der Wirt eine
besondere Pflicht, Straftaten in seiner Gaststätte zu verhindern..Duldet
er sie, kann ihn das die Lizenz kosten. Das Gleiche riskieren
Taxifahrer, die ihre Fahrgäste mit rechtsextremem Gelaber belästigen.
WER
HILFT?
Dieses Heft beschreibt die
rechtlichen Möglichkeiten, etwas gegen Nazis zu tun. Es gibt noch
andere:
Viele Jugendverbände haben
Arbeitskreise gegründet, die sich mit Rassismus oder Neofaschismus
beschäftigen. Fast immer können auch Nichtmitglieder mitmachen - man
muss nicht an Gott glauben, um mit einer Kirchengruppe etwas gegen
Faschos zu unternehmen, oder kein Arbeiter sein, damit einem die
Gewerkschaftsjugend gegen Rechtsradikale hilft. Außerdem wurden und
werden an vielen Schulen Antifaschismus-Arbeitskreise gegründet.
Alle diese Gruppen können
auch Druck machen, wenn die Polizei mal zu wenig Lust zeigen sollte,
einer Anzeige nachzugehen. Aber schließlich sind Polizisten
normalerweise nicht so unfreundlich, wie oft geglaubt. In vielen
Polizeiinspektionen gibt es Jugendbeamte, die sich bei Unklarheiten ganz
locker fragen lassen, ohne dass es gleich offiziell werden muss.
WEITERLESEN
Die
Verfassungsschutzberichte der Länder gibt es bei den einzelnen
Innenministerien, den des Bundes jedes Jahr ab Oktober kostenlos beim
Bundesinnenministerium - Graurheindorfer Strasse 198 - Postfach 17O29O -
53108 Bonn
Bücher über
Rechtsradikalismus und Politik verschickt kostenlos die Bundeszentrale
für politische Bildungsarbeit - Berliner Freiheit 7 - 53111 Bonn
Wer es sich leisten kann,
bekommt auch im Buchhandel immer mehr Literatur zum Thema.
Der Wortlaut der in diesem
Heft erwähnten Paragraphen steht im Strafgesetzbuch (am billigsten von
Beck/dtv für 7,80 Mark). Lesenswert sind auch die beiden Taschenbücher
von Rowohlt "Rechte Kerle - Skinheads, Faschos, Hooligans" (# 8271,
14,90 Mark) und "Handbuch Rechtsextremismus" (# 13425, 14,90 Mark).
ANSCHRIFTEN
Hintergrund
Wer noch tiefer in die
Hintergründe von Rechtsradikalismus einsteigen will, kann sich an
das.Deutsche Jugendinstitut wenden. Hier erforschen Wissenschaftler
aktuelle Jugendtrends - und Rechtsradikalismus gehört im Moment leider
dazu.
Wissenschaft
Deutsches
Jugendinstitut - Freibadstraße 30 - 81543
München
Überwachung
Eifrige Sammler extremer
politischer Äusserungen und entsprechend gut informierte Fachleute
arbeiten im Bundesamt für Verfassungsschutz - Postfach 10 05 53 - 50445
Köln - Telefon HH: 040/244443
Jugendringe
Auf örtlicher Ebene haben
viele Kreis-und Stadtjugendringe (das sind die Zusammenschlüsse der
Jugendverbände) Aktionen gegen Nazis gestartet. Die Adressen stehen im
Telefonbuch oder sind über die Stadtverwaltungen zu erfahren.
Ansprechpartner bei den
Staatsanwaltschaften
- StA Koblenz 02 61 / 10
20
- StA Mainz 0 61 31 / 14
10
- StA Trier 06 51 / 4 66
03
- StA Bad Kreuznach 06 71
/ 70 80
- StA Frankenthal 0 62 33
/8 00
- StA Kaiserlautern 06 31
/ 3 72 10
- StA Landau 0 63 41/ 2
20
- StA Zweibrücken 0 63 32
/ 80 50
Herausgeber
Ministerium der Justiz -
Ernst-Ludwig-Strasse 3 - 55116 Mainz
Erstellt vom
Jugendinformationszentrum München
Text und Redaktion:
Rudi Attlfeilner - Infografik in der Heftmitte nach "Der Spiegel" -
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Jugendinformationszentrums
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