Die Gemeinde stelle eine Lagerbibliothek,
Zeiss-Ikon bürge für erträgliche Kost, glaubte sie. Und ihr Mann: "Das Essen
- gestern habe es noch geklappt, aber es wird sich schon einrichten." Zu
einer derartigen Auffassung Reichenbachs meinte Klemperer: "Ich merkte
...die Jämmerlichkeit seines Zufriedenseins. Er hatte es sich eben noch
gräßlicher vorgestellt, ..."
Ende Februar 1943 bestimmte
das RSHA die Auflösung des Lagers und die Abschiebung der Bewohner ins KZ
Auschwitz. Am 2. März verließ der Transport den Güterbahnhof
Dresden-Neustadt in Richtung Auschwitz. Sofort nach Ankunft im KZ am 3. März
geschah die Selektion der mehreren tausend Angehörigen des
Sammeltransportes. Die für schwere körperliche Arbeit als untauglich
befundenen Personen wurden unverzüglich in den Gaskammern umgebracht.
Über das Ende einzelner, der
1942 nach Riga, Theresienstadt bzw. zunächst in das Lager am Hellerberg und
von dort nach Auschwitz verschleppten Dresdner Juden wissen wir u.a., daß
Liese Philipsohn, Lise Welsch, Lotte Meyer, Kurt Hepner mit Frau und Dr.
Richard Elb und Frau, zum Riga-Transport gehörend, in der lettischen
Hauptstadt ermordet wurden. Von den nach Theresienstadt Deportierten
besitzen wir Kenntnis vom dortigen Ende der Juden Betti Aron, Rosa Meyer,
Rechtsanwalt Dr. Wienskowitz nebst Frau und Tochter, sowie Frau Joski. In
Auschwitz wurden Irma Barasch, Heinz Wienkowski, Kurt Hirschel und Frau mit
zwei Söhnen sowie Amtsgerichtsrat Barasch und Frau vergast.
Nach Schließung des Lagers am
Hellerberg gab es in Ostsachsen noch rund 300 Juden. Die bis Januar 1944
anhaltenden Einweisungen ins Ghetto Theresienstadt und neue Festnahmen von
Dresdner Juden, so des ehemaligen Freikorpsleutnant Stephan Müller,
Zinsendorfstraße 51, ließen bis Februar 1945 den jüdischen Bevölkerungsteil
im Einzugsgebiet der Staatspolizeileitstelle Dresden auf knapp 150 Menschen
zusammenschmelzen. Dies bedeutete die beinahe vollkommene Auslöschung des
Judentums im östlichen Sachsen.
Im Februar 1945 plante man,
nahezu alle noch in jenem Raum verbliebenen Juden, darunter annähernd 110
Dresdner, ins Ghetto Theresienstadt zu transportieren. Die Mehrzahl von
ihnen, zirka 70, lebte in trotz aller Repressionen noch existierenden
privilegierten Mischehen. An die zur Deportation Bestimmten ergingen über
den Vertrauensmann der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland für den
Bezirk Dresden, Dr. Ernst Neumark, früher Bayreuther Straße 42, am 12. und
13. Februar 1945 die entsprechenden Aufforderungen. Die Betreffenden hätten
am 16. Februar mit einem Stück Reisegepäck und Proviant für drei Reisetage
im Gebäude Zeughausstraße 3 zu erscheinen. Zu den dabei infrage kommenden
Dresdnern zählten Stefanie Gaehde, Sedanstraße 29, und Zahnarzt Dr. Hugo
Simon, Reichstr. 15. Verschont von der vorgesehenen Fahrt nach
Theresienstadt blieben nur Dr. Willy Katz und Dr. Ernst Neumark sowie
höchstens acht weitere Dresdner Juden.
Die Gesamtzahl der im
Laufe der nationalsozialistischen Ära umgekommenen ostsächsischen Juden
beläuft sich auf mindestens 4.000.
Bis Ende der vierziger Jahre fanden in der Landeshauptstadt wieder annähernd
200 Juden zueinander. Wenigstens 50 von ihnen wurden aufgrund
stalinistischer Zwänge erneut zum Verlassen ihrer Heimat gebracht. Anfang
1990 zählte die jüdische Gemeinde Dresden noch 53 Mitglieder.