Die jüdischen Friedhöfe in Hannover:
Grabmale in der Nordstadt - Spuren jüdischen Lebens
Von Heide Kramer, Februar 2007
Der jüdische Friedhof, hebräisch: Beth Olam – Haus der
Ewigkeit, auch Beth Hachajim – Haus des Lebens genannt, soll für die
Verstorbenen der "gute Ort" sein, er will ihnen eine würdige und dauerhafte
Ruhestätte inmitten von Menschen ihres Volkes und Glaubens geben: Nach
jüdischer Auffassung soll ein Grab auf "ewig" unangetastet bleiben. Die
Forderung eines ewigen Ruherechts entspricht der religiösen Vorstellung
einer zukünftigen körperlich verstandenen Auferstehung der Toten.
Die Beisetzung der Toten ist im Judentum eine Sache der Gemeinschaft; zu den
wichtigsten "Lebensmomenten einer israelitischen Gemeinde gehört ... die Art
und Weise, wie sie ...ihre religiösen Institute erhält und fortbildet,
Wohltätigkeit übt und fördert und ganz besonders, wie sie für Arme, Kranke
und Verstorbene sorgt..." (Salomon Frensdorff, 1845.).
Der älteste jüdische Friedhof an der "Oberstraße"
Mitte des 16. Jahrhunderts erwarben die in Hannover
ansässigen Juden vor den Toren der Stadt einen Sandhügel, um ihre Toten
beizusetzen. Der Begräbnisplatz befand sich im Bereich der heutigen
Oberstraße. Da er zunächst nur mit einer Hecke versehen und somit
ungeschützt war, kam es zunehmend zu Grabschändungen und Beschädigungen
durch vorbeiziehende Fuhrleute, die ihren Sand dort abluden.
Auf eindringlichen Ersuch der jüdischen Gemeinde veröffentlichte der
Amtsvogt von Langenhagen 1671 einen Schutzbefehl auf einer Steintafel. Sie
enthielt die ausdrückliche Warnung, "der Juden Grabstadt ... (zu) fiolieren
oder (zu) turbieren (zu beschädigen oder zu stören)". Die noch existente
Steintafel befindet sich im Eingangsbereich des Friedhofs.
Um das Territorium zu schützen, wurde die Hecke 1740 durch eine Steinmauer
ersetzt.
Auf dem ältesten Friedhof 'Oberstraße' sind etwa 700 Grabsteine erhalten
geblieben.
Der zweitälteste jüdische Friedhof "An der Strangriede"
Der Friedhof 'An der Strangriede' entstand zwischen 1858 -
1864 und wurde von 1864 - 1924 von den hannoverschen Juden genutzt. Er ist
mit seinen mehr als 2.600 erhaltenen Grabstätten das bedeutsamste Dokument
des hannoverschen Judentums aus den Jahrzehnten zwischen Emanzipation und
Nationalsozialismus. Auf dem Friedhof fanden 3.500 Menschen ihre letzte
Ruhe.
Durch die Belegung aller vorhandenen Gräber konnte im Jahre 1923 ein großes
Stück Land zum Bau eines neuen Friedhofs an der Burgwedeler Straße in
Hannover-Bothfeld erworben werden. Dieser Friedhof wurde 1924 als 'Neuer
Jüdischer Friedhof Bothfeld' eingeweiht und ist nach wie vor Begräbnisplatz
der verstorbenen hannoverschen Juden.
Die drei jüdischen Friedhöfe Hannovers dokumentieren die Entwicklung der
alten Synagogengemeinde bis hinein in die Gegenwart.
Die Bleistiftzeichnungen
Im November 2002 erlebte ich erstmals eine Führung auf dem
zweitältesten jüdischen Friedhof "An der Strangriede".
Mein Vorhaben, hier einmal ein zeichnerisches Projekt durchzuführen,
realisierte sich schon im darauf folgenden Sommer. Von Juni 2003 bis Mai
2004 entstanden auf dem Friedhofsgelände des zweitältesten jüdischen
Friedhofs "An der Strangriede" 11 Bleistiftzeichnungen. Ab Mai 2004 setzte
ich die Arbeit fort, und ich bezog im Juni/Juli auch den ältesten jüdischen
Friedhof an der Oberstraße mit drei Motiven ein.
Das stille Wirken im Schutz der alten Bäume in der erhabenen Atmosphäre
inmitten der steinernen Dokumente gelebten Lebens war mir ein ganz
persönlicher Auftrag. Eine spürbare Konfrontation mit Leben und Tod.
Ich habe meine 14 Bleistiftzeichnungen im September/Oktober 2004 in der
hannoverschen Ev. luth.Christuskirche und im Juli/August 2005 in der
hannoverschen Jüdischen Gemeinde in der Haeckelstraße präsentiert.
Quelle:
©Jüdische Gemeinde Hannover, Haeckelstraße 10: "Geschichte".
Zusammengestellt von Heide Kramer, 2005.
©Bleistiftzeichnung von Heide Kramer, 2003.
(Motiv: Grabstätte Familie Meyer, heute anonym, Jüdischer Friedhof "An der
Strangriede", Hannover-Nordstadt.)
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