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Ein rabbinisches Wort zur Aufklärung:
Die Auswanderer

B. Wechsler, Landrabbiner, Oldenburg, 20. December 1846, ein Vortrag, gehalten im Verein für Volksbildung zu Oldenburg

Gefunden in den Beständen der "Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA" (DAUSA) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

V o r w o r t

Letzthin äußerte mir Jemand: was nütze all unser Gerede, alle Vorträge und Schreibereien, da ja doch kein Erfolg zu verspüren sei, da wir ja doch nicht von der Stelle rücken!

Der nachfolgende Vortrag behandelt einen Punkt, in welchem wir allerdings, und das ganz buchstäblich von der Stelle rücken, welcher mehr als alles Gerede und Geschreibe demonstrirt, daß wir nicht stille stehen dürfen. Ich zweifle keinen Augenblick, daß die beifällige Aufnahme, welche er gefunden hat und die Aufmunterung, welche mir von vielen Seiten her geworden ist, ihn weiter zu veröffentlichen, in dieser Wichtigkeit des Gegenstandes ihren Grund hat.

Wie aber ich, ein jüdischer Geistlicher, ein Saul unter den Propheten, dazu komme, mich an eine so wichtige, sociale Frage zu wagen? Es sollte mir leid thun, wenn ich auf diese Frage eine andere Antwort noch geben müßte, als die schon im Vortrage selbst gegeben ist. Freilich - wäre die Auswanderung lediglich ein statistisches Rechnungsexempel, wäre sie von keinem andern Gesichtspunkte aus zu behandeln als von dem der materiellen Noth, materieller Zustände, dann hätte ich mir nicht erlauben mögen, ein Wort mitzureden, dan hätte mich das: ne sutor ultra crepidam - zu deutsch, Niemand soll von etwas urtheilen, er verstehe es denn - abschrecken müssen. Daß aber dem nicht so ist, daß die Auswanderung in Deutschland mit anderweitigen geistigen Erscheinungen, daß sie mit den wichtigsten Fragen des Tages innig zusammenhängt - das gerade ist meine feste Ueberzeugung. Bei meinen auswandernden Glaubensgenossen - und deren sind ja nicht wenige - ist das klar und offen. Aber auch bei vielen Andern liegt dieser Zusammenhang zu Tage. Nehmen wir die beiden Fälle, welche im verflossenen Jahre so viel von sich haben reden machen in den öffentlichen Blättern. Ein Seidensticker wandert aus, weil das Vaterland keine Duldung für seine politische Meinung hat; der arme Schelm Schulm Moses muß in Amerika sein Heil suchen, weil er ein heimathloser Jude ist, weil man in den deutschen Landen wohl Prügel und Kerker, aber kein Plätzchen der Ruhe für ihn hat, weil man sich nicht scheuet, ihn wie einen Fangball einander zuzuwerfen - greifen diese Vorfälle nicht tief ein in das innerliche geistige Leben der Gegenwart?

Damit soll nun aber ebensowenig, wie mit dem ganzen folgenden Vortrage gesagt sein, daß auch ich auf diese Gegenwart den Stein der Verdammniß werfe, daß auch ich Alles, was bis jetzt unter uns geschehen ist und noch weiter geschieht im Sinne der Entwicklung, für ein leeres, erfolgloses Gerede halte. Das Wort ist ein Saatkorn. Gar oft wird es von den Winden wieder verweht. Oft aber auch findet es guten Boden und keimt und lohnt die Saat zu seiner Zeit. Und rühmlicher, meines Erachtens, ist es jedenfalls, im Vaterlande die, wenn auch nur langsam reifende Ernte abzuwarten, den Schweiß der Arbeit nicht zu scheuen und den Muth der Hoffnung nicht zu verlieren, als ihm in bösem Unmuthe ein Valet zu sagen, und uns an einen fremden Heerd zu begeben. Was wir im eigenen Hause bauen helfen und erringen helfen, das ist unser wohlverdientes Eigenthum, das gehört uns als ein Erkämpftes auch innerlich an. Der Besitz mag dann kleiner sein, aber er macht glücklicher, zufriedener. Mögen das besonders meine jüdischen Leser beherzigen und wohlerwägen. Amerika bietet den Juden allerdings unverkürzt, was ihnen Deutschland zum Theil noch versagt - die bürgerliche und sociale Anerkennung. Aber dafür versagt es ihnen zur Zeit wenigstens den geistigen Aufschwung, die geistige Regsamkeit, die bei uns zu Hause ist und die allein eine Zukunft hat.

Oldenburg, den 28. Decbr. 1846.

>> Teil 1...

hagalil.com / 13-08-2006


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