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Jüdische Weisheit
 
 
Im Rahmen des Filmfestivals
des Goethe-Instituts in Prag:
"Golem" - der expressionistische Frankenstein

Zum Abschluß des jüdischen Filmfests in Prag, das im Rahmen des devet-bran-festivals stattfand, zeigte das Goethe-Institut Prag den Stummfilm "Golem" aus dem Jahr 1920. Der Film gilt als eines der bedeutensten Werke, die sowohl das Lebensgefühl der Zeit nach dem ersten Weltkrieg als auch die mythisch verklärte Kunstrichtung des Expressionismus widerspiegeln.

Die Idee zu dem Film kam Regisseur Paul Wegener, ein Filmpionier der ersten Stunde, bei seinen Dreharbeiten zu "Der Student in Prag". Bei seinem Aufenthalt in der böhmischen Metropole hörte er erstmals die Legende vom Golem, die ihn so sehr faszinierte, dass er 1920 "Der Golem - wie er in die Welt kam" inszenierte. Wegener spielt außerdem selbst die Hauptrolle des unheimlichen Wesens aus Lehm. Der Streifen war einer der größten internationalen Kassenerfolge des deutschen Stummfilms.

Dabei hält sich die Handlung des Films nicht gerade strikt an die tatsächliche Legende des Golem. Sie spielt in einer Art jüdischem Ghetto, allerdings ist nicht zu erkennen, dass es in Prag liegt. Aber auch hier ist der weise Rabbi Loew der Erschaffer der Kreatur. Die Stellung der Sterne am Himmel haben dem Rabbi gezeigt, dass seinem Volk großes Unheil droht. Und tatsächlich erscheint bald der Junker Florian mit einer schriftlichen Anweisung des Königs, der die Juden auffordert, die Stadt zu verlassen.

Der Rabbi sieht nun die Zeit dafür gekommen sein bisheriges Geheimnis, die Erschaffung eines Menschen aus Lehm, offen zu legen. Mit Hilfe seines Famulus erweckt Loew den Golem zum Leben. Dazu wird ihm ein Davidstern, der ein Pergament mit dem Wort "EMET" (Wahrheit) enthält in die Brust gesteckt. Das magische Wort hatte der Rabbi zuvor in einer wild inszenierten Schwarzen-Magie-Orgie einem Hausgeist entlockt.

Zum Leben erwacht unternimmt der Golem seine ersten Schritte, sehr ungelenk und für die anderen Juden zu Tode erschreckend. Bald aber kennt jeder den Golem, der für den Rabbi Holz hackt, Besorgungen erledigt und sich im Haushalt nützlich macht. Bei einer Audienz, die Rabbi Loew vor dem König gewährt wird, erweist er dann seinen wirklichen Nutzen. Das Schloß stürzt ein und der Golem rettet dem König und seinem Gefolge das Leben. Der König verspricht dem Rabbi sogleich das Bleiberecht für sein Volk.

Der Golem hat sich jedoch mittlerweile verändert. Während der Rabbi und alle anderen ein Fest vorbereiten um ihr Bleiberecht zu feiern, treibt der Golem sein Unwesen. Angestachelt vom Famulus des Rabbis, der rasend vor Eifersucht ist, bringt er den Junker Florian um, der bei Miriam, der Tochter des Rabbis ein Schäferstündchen gehalten hat. Bei dem Versuch den Golem zu besänftigen gerät das Haus in Flammen. Erst einem kleinen Mädchen, das der Golem beim Spielen antrifft als er sich gerade aus der Stadt macht, gelingt es per Zufall, das Amulett mit dem magischen Wort zu entfernen, der Golem fällt leblos zu Boden.

"Der Golem, wie er in die Welt kam" ist einer der ersten richtigen Filme moderner Prägung überhaupt, wenn auch auf die oft übertrieben und theatralische Mimik und Gestik nicht ganz verzichtet wird, aber sowas gehört nunmal zu einem Stummfilm dazu. Die Kamera führte kein geringerer als Karl Freund, der nach seiner Übersiedlung in die USA dort 1933 mit "Die Mumie" einen der Horror-Klassiker schlechthin inszenierte. Auch die Spezialeffekte von Carl Boese sind für diese Zeit beachtlich, wie z.B. die tanzenden Feuer bei der Anrufung des Hausgeistes oder der Einsturz des Schlosses. 

Statt Pappwänden und Papierbemalung ließ Paul Wegener den Architekten Hanns Poelzig auf dem Ufa-Gelände eine verwinkelte Stadt bauen, die zum Synonym für expressionistische plastische Filmarchitektur wurde. "Es ist nicht Prag, was mein Freund, der Architekt Poelzig, aufgebaut hat. Sondern es ist eine Stadt-Dichtung, ein Traum, eine architektonische Paraphrase zum dem Thema Golem. Die Gassen und Plätze sollen an nichts Wirkliches erinnern, sie sollen die Atmosphäre schaffen, in der der Golem atmet." (Paul Wegener, zitiert nach: Verleihkatalog Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin)

Ein mehr als gelungener Abschluß des Filmfests. Nur schade, dass nur wenige dieses Schmankerl der Filmgeschichte sehen wollten. Aber vielleicht sind die Prager der Geschichte des Golems bereits ein wenig überdrüssig. Im jüdischen Viertel begegnet er einem auf Schritt und Tritt, sei es als lebensgroße Touristenlocke oder auf der Speisekarte des Restaurants "Zum Golem"...

Andrea Übelhack

haGalil onLine 28-11-2000


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