310.000 Ausländer lebten Ende September in Tschechien, etwa -30.000 mehr
als ein Jahr zuvor. Fast ein Drittel der Zugewanderten stammt aus einem
EU-Land, viele kommen nun auch aus dem Westen.
Kein anderer postkommunistischer Staat wirkt in Relation zur Bevölkerung
so anziehend auf Menschen, die eine neue Heimat suchen, wie Tschechien. Das
mag gewiss auch an der Schönheit des Landes und der Hauptstadt Prag liegen,
aber wohl kaum in erster Linie: Das Land prosperiert seit Jahren, die Löhne
steigen und mit ihnen die Lebensqualität. Das wirkt nach wie vor in erster
Linie auf Menschen anziehend, die in ihrer (östlichen) Heimat keine Arbeit
oder kaum Verdienstmöglichkeiten finden. Westliche Zuzügler, noch immer in
der Minderheit, folgen oft dem Ruf eines großen internationalen Konzerns,
der bereit ist Gehälter zu bezahlen, die ein fast sorgenfreies Leben in
Tschechien ermöglichen.
Anders als in vielen westlichen Ländern wird durch den markanten Anstieg der
Immigranten keine wüste Debatte über die "bösen" Ausländer entfacht. Im
Gegenteil: Experten und Ministerien freuen sich über die neuen Einwohner
ihres Landes, vor allem wenn es sich um gut ausgebildete handelt. Tschechen,
heißt es, könnten von den erfahrenen Einwanderern in den Betrieben lernen,
die Sprachkenntnisse der Einheimischen würden sich verbessern.
Allerdings: Bei knapp 10,5 Millionen Einwohnern sind 310.000 Ausländer nicht
gerade viel. Das ergibt einen Ausländeranteil von nicht einmal drei Prozent.
Da geht es in Deutschland mit knapp 7,3 Millionen Ausländern (8,8 Prozent).
Österreich (10 Prozent) oder der Schweiz (20 Prozent) weit internationaler
und multikultureller zu. Doch es kann nicht schaden, die Bevölkerung bereits
heute für die Thematik zu sensibilisieren. Denn es wird nicht mehr lange
dauern, bis sich in Europa und der Welt herumgesprochen hat, dass es sich
hier ausgezeichnet leben lässt. Es wäre schade, wenn die nun ausgebliebenen
Debatten durch xenophobe Gruppierungen dann doch noch angeschoben würden.
(er)
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