Bundesverband
Informations- und Beratungsstelle für NS-Verfolgte
10.02.1998 NewsBote:
Berlin startet
Bundesratsinitaitive zu NS-Unrechtsurteilen:
Pauschale Aufhebung soll Einzelfallprüfung ersetzen
Berlin, 10. Februar (AFP) - Der Berliner Senat will mit
einer Bundesratsinitiative die Aufhebung aller NS-Unrechtsurteile ohne die
bisher erforderliche Einzelfallprüfung erreichen. Die Landesregierung
verabschiedete am Dienstag einen Gesetzentwurf, wonach alle Richtersprüche
pauschal für nichtig erklärt werden, die zur Durchsetzung oder
Aufrechterhaltung des NS-Regimes ergingen. Damit sollen all jene rehabilitiert
werden, die von den Nazis aus politischen, rassischen oder weltanschaulichen
Gründen verfolgt wurden. Ziel des Gesetzesentwurfes sei es, "über den
Einzelfall hinaus den vielen Menschen, denen Unrecht widerfahren ist,
Genugtuung zu verschaffen", erklärte der Senat.
Eine pauschale
Rehabilitierung von Opfern der NS-Justiz scheiterte bislang am Widerstand aus
den Reihen der Unionsfraktion im Bundestag. Dort gibt es vor allem Vorbehalte
gegen eine Aufhebung aller Urteile gegen Wehrmachtsdeserteure.
Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) hatte im Januar einen
Gesetzentwurf zur bundesweiten Aufhebung der NS-Untrechtsurteile wegen des
Widerstands vor allem aus der CSU zurückgezogen. Daraufhin hatten SPD und
Bündnis90/Grüne eigene Initiativen angekündigt.
Nach Angaben der Berliner
Justizverwaltung sind alleine in der Hauptstadt noch immer fast 200.000
Entscheidungen des Volksgerichtshofes und verschiedener Standgerichte sowie
zahlreiche Todesurteile formell rechtsgültig. Das Berliner Landgericht hatte
in den vergangenen Jahren bereits mehrere Urteile gegen Widerstasndskämpfer
aufgehoben. Dazu gehören der 1996 von Johannes Paul II. seliggesprochene
Dompropst Bernhard Lichtenberg und der Theologe Dietrich Bonhoeffer.
jp/pin © AFP
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