Bundesverband
Informations- und Beratungsstelle für NS-Verfolgte
Betrifft: Bundesverband zum Urteil
NS-Zwangsarbeit des LG Bonn
Datum: 05.11.1997
Presseinformation vom 05. November 1997
Urteil zur NS-Zwangsarbeit des Landgerichts Bonn:
JETZT ENDLICH ZAHLEN!
Gang durch die Instanzen waere ein toedliches Spiel.
Zum Urteil des Landgerichts Bonn zur
Entschaedigung von NS-Zwangsarbeit erklaert der Sprecher des Bundesverbandes
Information und Beratung fuer NS-Verfolgte, Lothar Evers: "Erstmalig hat ein
deutsches Gericht einer Zwangsarbeiterin unter dem NS-Regime eine
Entschaedigung fuer die von ihr geleistete Sklavenarbeit zugesprochen. Die
Bundesregierung hat damit eine erste Quittung fuer ihre jahrelange Weigerung,
die Ansprueche der Sklavenarbeiterinnen und Sklavenarbeiter politisch zu
regeln, bekommen. Bereits 1992 hatte der Deutsche Bundestag einstimmig
gefordert, endlich an die deutsche Industrie heranzutreten und fuer eine
Nachzahlung der vorenthaltenen Loehne zu sorgen. Statt dessen wurden die alten
und oft auch kranken Ueberlebenden in juristische Scharmuetzel verwickelt.
Das heutige Urteil des Bonner
Landgerichts hat aber auch gezeigt, dass das Problem der Entschaedigung von
NS-Zwangsarbeit nicht allein juristisch geregelt werden kann. Es mag der
Bundesregierung gelungen sein, mit dem Engagement teurer Rechtsanwaelte und
einer jahrelangen Verschleppungstaktik in der Mehrzahl, der heute
entschiedenen Faelle einen juristischen Erfolg zu erzielen. Ihre moralische
Verantwortung, den Ueberlebenden endlich Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen, bleibt bestehen!
Im Gegensatz zu den Klaegerinnen hat
die Bundesregierung die Firma Weichsel Metall Union fuer die die Bonner
KlaegerInnen schuften mussten, fuer den Verlust ihrer Auschwitzer Firma
laengst 2,5 Millionen DM Entschaedigung gezahlt. Wer solche Summen fuer die
Profiteure der Sklavenarbeit bezahlen kann, muss auch die
ZwangsarbeiterInnen entschaedigen.
Eine weitere Verzoegerung der
Zahlungen hat toedliche Folgen! Zehn Prozent der KlaegerInnen des Bonner
Verfahrens sind waehrend dessen fuenfjaehriger Dauer gestorben. Wer die
KlaegerInnen jetzt nicht endlich entschaedigt, sondern Sie statt dessen in
weitere Verfahren zwingt, handelt zynisch und verantwortungslos.
Wir appellieren daher an die
Bundesregierung: Ersparen Sie den Ueberlebenden weitere jahrelange
juristische Scharmuetzel. Viele dieser alten, kranken und
schwerstgeschaedigten Menschen verfuegen nicht ueber die Lebenszeit, sich
auf die Verzoegerungstaktik der Regierung und ihrer Anwaelte einzulassen.
Verzichten Sie auf eine Berufung im Fall der heute positiv entschiedenen
Verfolgten. Zahlen Sie der Klaegerin die heute zugesprochene Summe schnell
und unbuerokratisch aus Ersparen Sie anderen Ueberlebenden kostspielige
Prozesse. Richten Sie eine Stiftung zur Entschaedigung von NS-Zwangsarbeit
unter Beteiligung der deutschen Industrie ein."
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