Zur Geschichte des Wiener Riesenrads:
Das Rad dreht sich auch ohne die Steiners
Das Riesenrad wurde 1896 von den englischen
Ingenieuren Walter B. Basset und Harry Hitchins geplant und mit 30
Gondeln auf einem von Gabor Steiner, dem eigentlichen "Vater des
Riesenrades", gepachteten Grundstück auf dem Prater-Gelände
errichtet. Ausführender Chefkonstrukteur war Hubert Cecil Booth.
Am 25. Juni 1897 wurde das Rad erstmals in Bewegung gesetzt,
allerdings führte es nur eine halbe Umdrehung aus, damit der obere
Teil nach unten gebracht und fertig montiert werden konnte. Eröffnet
wurde es 1897, ein Jahr vor der Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser
Franz Josephs I. Die offizielle Einweihung des Riesenrads erfolgte
am 3. Juli 1897, einem heißen Sommertag, an dem die Wiener das
Prater-Gelände in großer Zahl besuchten. Nur die wenigsten dürften
allerdings in der Lage gewesen sein, die acht Gulden aufzubringen,
die damals eine Fahrt mit dem Riesenrad kostete (ein Beamter
verdiente damals 30 Gulden im Monat).
Während des Ersten Weltkrieges, im Jahre 1916, wurde der britische
Eigentümer des Riesenrades, Walter Basset, enteignet und die
Attraktion zur Versteigerung ausgeschrieben. Es fanden sich aber
keine Interessenten, so dass die Attraktion im Besitz der Stadt Wien
verblieb, die einem potentiellen Käufer gleich eine
Abrissgenehmigung erteilte.
Abb.:
Der Wiener Heldenplatz 1938, während Adolf Hitler den "Anschluss"
Österreichs an Deutschland verkündet. Siehe auch Video:
tugraz.at/aeiou.film.mpg.
Nach Kriegsende und nach Ausrufung der
Republik Österreich sollte der Prater wieder Vergnügungszentrum
werden. Im Jahre 1919 entschloss sich Eduard Steiner, nur ein
Namensvetter, kein Verwandter des Grundstücksbesitzers Gabor
Steiner, zum Kauf der Anlage. Ursprünglich hatte er geplant
das Riesenrad abbauen zu lassen, entschied sich dann aber für die
Verpachtung.
Nach dem Einmarsch der Deutschen und dem "Anschluss"
Österreichs an das "Grossdeutsche Reich", wurde das Wiener Riesenrad
1938, zusammen mit dem gesamten Eigentum des Eduard als auch des
Gabor Steiner von den Nationalsozialisten arisiert. Im Zweiten
Weltkrieg wurde das Wiener Riesenrad durch Feuer und Bomben fast
gänzlich vernichtet. 1944 brannte es aus, 1944 starb auch Gabor
Steiner in Beverly Hills, wohin er sich vor der NS-Verfolgung hatte
retten können. Eduard Steiner, der letzte rechtmäßige Besitzer vor
der Arisierung, wurde deportiert und, vermutlich ebenfalls 1944, im
KZ Auschwitz ermordet.
Wegen der Brandschäden wurden nur noch 15 der 30 Waggons wieder
eingehängt. Das Riesenrad mit 15 Waggons wurde ein Symbol des
Wiederaufbaus.
Seit 2002 befindet sich beim Riesenrad eine
"Panoramamuseum" genannte Ausstellungshalle mit acht nachgebauten
Waggons, in denen die Geschichte des Wiener Praters dargestellt
wird. Kaum erwähnt wird die Geschichte der Arisierung und das
Schicksal der Steiners. Auf der offiziellen Website
wienerriesenrad.com, öffnet sich
immerhin, zwar erst nach Umwegen und einem zweiten Klick unter der
Überschrift Panorama, ein PopUp auf dem man erfahren kann, dass der
"Preis für den, bereits 1918 geforderten Anschluss" hoch war:
..."Die jüdische Gemeinde Österreichs
wird nahezu vollständig vernichtet, Zigeuner, politische Gegner der
Nazis und staatstreue Österreicher werden im KZ Mauthausen ermordet.
Es ist die dunkelste Stunde Österreichs.
Das Riesenrad wird nun, im Sinne der NS-Politik, entschädigungslos
seinem Vorbesitzer Eduard Steiner, der 1944 im KZ ermordet wurde,
arisiert und von einem NS-Gremium verwaltet.
Im sechsten Jahr der NS-Herrschaft in Wien brennt das Wiener
Riesenrad aus; - ein Brand, welcher von vielen Österreichern als
symbolisch empfunden wurde. Nach dem Untergang Österreichs und der
Ermordung und Verschleppung vieler seiner Einwohner drohte nun auch
noch ein Symbol Wiens unterzugehen.."...
Ein Text, der wohl als Erfolg einer 2005 vom
Künstler Martin Krenn
entworfenen Aktion zu werten ist.
Das Wiener Riesenrad:
Ein Denkmal der
"Arisierung"
hagalil.com
06-10-2007 |