Dinko Sakic, Lagerkommandant von Jasenovac,
wurde am Montag mittags zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt. Der
76-jährige, der bereits lange Jahre unbehelligt in Argentinien lebte, wurde
am 18.Juni 1998 nach Kroatien ausgeliefert. Am 5. März 1999 begann in Zagreb
das Verfahren, das eines der letzten Kriegsverbrecherprozesse über die Täter
des 2. Weltkrieges sein könnte.
"So ein Verfahren ist auch eine Warnung an die Kriegsverbrecher von
heute, daß selbst nach mehr als 50 Jahren keine Straffreiheit zu erwarten
ist" sagte Eli Rosenbaum, Leiter des Office of Special Investigation in
Washington.
Der Prozess gegen den Kommandanten von KZ Jasenovac wurde auf
beispielhafte Art und streng vom Richter Tripalo geführt. Mehrmals wurde der
Angeklagte ermahnt, als er im Gericht ungebührliches Benehmen an den Tag
legte. In der Anklageschrift und in Zeugenaussagen wurden die Verbrechen des
NHD, des Ustasha Regimes zwischen 1941-1945 an die Öffentlichkeit gebracht.
Um die Opferzahl in Jasenovac gibt es immer wieder weit
voneinander abweichende Angaben. Während Nationalisten wie Vuk Draskovic in
Belgrad Zahlen zwischen 700.000 und 1.2 Millionen nennen, dürfte neuesten
Erkenntnissen zufolge die Opferzahl bei etwa 85.000 liegen. Davon dürften
nach Angaben des Historikers Slavko Goldstein etwa 30.000 Serben, 15.000
Juden , 20.000 Roma, sowie 20.000 kroatische Oppositionelle sein.
Das vorliegende Urteil gibt der in Zagreb regierenden HDZ des Präsidenten
Franjo Tudjman Gelegenheit, sich unzweideutig vom Erbe der Faschisten zu
distanzieren.
Der Historiker Tudjman hatte immer wieder durch relativ anzweifelbaren
Umgang mit Opferzahlen Aufsehen erregt. In seinem Buch, dessen englischer
Text (nicht der kroatische!!) inzwischen geändert wurde, wollte Tudjman die
Opferzahlen des "Auschwitz des Balkans" mit 30.000 ermordeten limitieren.
Der Leiter des Wiesenthal Centers in Jerusalem Efraim Zuroff begrüsste in
einer Pressekonferenz (Pressemitteilung
Wiesenthal Center) in Zagreb das Urteil. "Solche Prozesse sind
für eine Gesellschaft von enormer pädagogischer Bedeutung" sagte Dr. Zuroff
dem Autor. Zuroff verlangte wiederholt die Anklage gegen den mutmaßlichen
Kriegsverbrecher Ivo Rojnica.
Die kroatische Justiz hat ein wichtiges Zeichen gesetzt. Im Dezember
sollen in Kroatien Wahlen stattfinden. Politische Beobachter sehen im Urteil
auch einen Akkord im Schwanengesang der regierenden HDZ, die lange von
Ustascha -Sympathisanten finanziell unterstützt wurde.
"Es ist ein großer Tag für die Gerechtigkeit, für die Opfer der Shoah und
für Kroatien" sagte der Leiter des Wiesenthal Centers in Jerusalem Efraim
Zuroff der JR, während sich vor dem Gerichtsgebäude Anhänger des nunmehr
verurteilten Kriegsverbrechers Sakic, sammelten und lautstark ihr Unmut über
das Gerichtsurteil äußerten. Die Vereteidigung hat 15 Tage Frist, Berufung
einzulegen. "Die Urteilsschrift sollte Unterrichtsstoff in den Schulen in
Kroatien werden" meinte Efraim Zuroff.
SLW