Eine Hoffnung für unsere Zukunft:
Israelische Solidarität mit den Reformbewegungen
Motiviert durch die Angriffe des fundamentalistischen Lagers, riefen letzte
Woche A.B. Yehoshua, Amos Oz, Yehuda Amichai, David Grossmann und weitere
einflussreiche israelische Intellektuelle zu einer 'entschiedeneren
Unterstützung' der nicht-orthodoxen Richtungen des Judentums auf.
Der Aufruf zum Beitritt in eine der progressiven Bewegungen, fällt
in eine Zeit eskalierender Spannungen zwischen sog. 'religiösen' und
'säkularen' Kreisen der jüdischen Gesellschaft in Israel.
"Eine Hoffnung für unsere Zukunft!
Wir sind erschrocken. Wir fragen
uns heute, ob etwas getan werden kann, um das Judentum vor den Feinden
der Demokratie zu retten, oder ob wir nur zähneknirschend einlenken
können.
Wir sehen einen positiven Schritt
in der Einschreibung bei einer der nicht-orthodoxen Strömungen, sei es
die konservative oder die progressive Richtung. Schreiben Sie sich ein:
Als Unterstützer oder als Mitglied.
Diese massiv unterdrückten und
diskriminierten Richtungen des Judentums entsprechen der Einstellung der
meisten demokratisch orientierten Juden im Lande Israel in viel
stärkerem Masse als die Ansichten der extremen Ultraoorthodoxie, welche
ein Monopol auf religiöses Denken beansprucht. Die Anerkennung dieser
Bewegungen, denen die meisten religiösen Juden der Welt angehören ist
überfällig im Staate Israel. Die Anerkennung dieser Richtungen als
gleichberechtigter Ausdruck jüdisch religiösen Fühlens kann die Kluft
zwischen dem dogmatischen Religionsmonopol und der überwältigenden
Mehrheit der Bevölkerung überbrücken helfen.
Solange diese Gruppen verfolgt
werden sind wir alle reformiert/konservativ!"
Sowohl Rabbi Andy Sacks, Direktor der Rabbinischen Versammlung
der israelischen Masorti (Konservative) Bewegung, als auch Menachem
Leibovitch, Direktor der israelischen Bewegung für Progressives (Reform)
Judentum, zeigten sich erfreut über diesen Aufruf und die überwältigende
Ressonanz der Bevölkerung. Trotzdem bedauerten beide, dass dieser Aufruf
weniger motiviert sei von neuentdecktem positivem Respekt vor ihrer Form
religiösen Denkens, als vielmehr von Angst vor religiöser Bevormundung.
Im jetzt geweckten Interesse sehen wir aber eine Möglichkeit die Leute
von unserer religiösen Motivation zu überzeugen.
Der Schriftsteller David Grossman: "Ich besuche die
(Reform)-Synagoge nur an den Hohen Feiertagen, trotzdem sehe ich in der
deutlicheren Unterstützung dieser Bewegung ein Mittel etwas mehr zu tun
als nur über die Entwicklungen der letzten Zeit zu jammern und zu
klagen. Es ist ein deutlicher Akt der Solidarität mit in Israel
diskriminierten Juden, und ich zeige in dieser schweren Zeit meine
Zugehörigkeit."
Auch A.B. Yehoshu'a betritt eine (Reform)-Synagoge nur am Jom
Kipur: "Es ist die meine Art die Verbundenheit zur Tradition
auszudrücken. Als säkularer Mensch bin ich ein Verfechter der Idee der
Freiheit eines jeden Menschen. Ich bin absolut nicht anti-religiös und
ich unterstütze diese wichtige Form jüdisch-religiösen Denkens und
Handelns als meiner Kultur entsprechend, als Jude und als Israeli. Als
Jude und als Israeli fordere ich einen Platz für das Judentum in Israel,
und zwar auch und gerade innerhalb der Mehrheit unseres Volkes. Die
Tatsache, dass eine solch überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sich
abgestossen fühlt von der Religion, liegt daran, dass die meisten
Israelis die Religion, das Judentum, verwechseln mit dem hässlichen
Ausdruck, den viele Repräsentanten der orthodoxen Macht vermitteln. Die
Israelis fühlen sich durch diese starren Formen von ihren jüdischen
Wurzeln abgeschnitten. Dabei ist doch gerade die Religion unser Erbe,
unsere Tradition, unsere Identität. Wir alle sollten viel mehr von ihr
wissen".
Ganz ähnlich argumentiert auch Shulamith Aloni, ehem.
Erziehungsministerin (RaZ, MeReZ): "Der
Niedergang jüdischen Lernens ausserhalb der Orthodoxie begann meiner
Meinung nach, als die Orthodoxen versuchten die anderen zu
indoktrinieren. Als ich lernte und lehrte und auch noch als meine Kinder
zur Schule gingen, war jüdisches Lernen und Wissen das Erbe aller. Ich
zum Beispiel kann die ganze Bibel auswendig. Meine Kinder konnten nur
noch einen Teil davon. Aber wenigstens das! Als dann aber das Vermitteln
jüdischen Wissen in Israel Sache eines religiösen Establishments wurde,
hat dies die Wissensvermittlung eingeschränkt. Darum fordere ich, dass
Judentum im weitesten Sinn gelehrt und vermittelt werden muss. Dazu
gehört auch alles, was im Judentum in den letzten 250 Jahren gedacht,
geschrieben und geschaffen worden ist, die in Israel geschaffene neue
hebräische Kultur, Literatur und Musik inbegriffen."
Der Herausgeber des Parteiorgans der orthodoxen SchaS-Partei,
Rabbi Natan Grossman, warnt vor einer Instrumentalisierung der Religion:
"'Linke und intellektuelle Elemente wollen die progressiven Bewegungen
benutzen für ihre Auseinandersetzung mit der Orthodoxie. Wenn die
Progressiven für die Linken und Intellektuellen keinen Nutzen mehr
haben, werden sie denen die Tür weisen'.
Schulamit Aloni über Zionismus und Judentum
haGalil onLine -
Montag 01-03-99 |