Holpriger
Start für Historikerkommission :
Israelischer Historiker Barkai
scheidet aus
Liberales Forum befürchtet Aktenvernichtung
Der einzige Nichtösterreicher in der von der Regierung in
Wien eingesetzten Historikerkommission zur Untersuchung der Arisierungen und
jüdischer Entschädigungsansprüche hat seine Teilnahme an dem Gremium
zurückgezogen. Wie der Kommissionsvorsitzende, der Präsident des
österreichischen Verwaltungsgerichtshofes, Clemens Jabloner der in Wien
erscheinenden Tageszeitung "Der Standard" (Dienstagsausgabe) sagte,
begründete der 77jährige Historiker Abraham Barkai seinen Schrit mit den
Ausmassen der bevorstehenden Arbeit, der ihm bei seinem Besuch in Wien in
der vergangenen Woche bewußt geworden sei.
Eine Mitarbeit in der Kommission hätte bedeutet, daß
seine Arbeitsprojekte in Israel zu kurz gekommen wären, heisst es nun
offiziell. Der bekannte Holocaust-Historiker Raul Hilberg aus den USA
sagte schon vorher ab , weil er nach eigenen Angaben nominiert wurde,
ohne vorher gefragt worden zu sein. Die sonst so in Stilfragen bewandten
Beamten am Ballhausplatz scheinen die Pfade ihrer Tugenden zu verlassen.
Die Kommission, der außer dem Juristen Jabloner vier
österreichische Historiker wie Bertram Perz und Brigitte Bailer Gallanda
angehören, ist nun auf der Suche nach einem anderen internationalen
Experten. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt der britische Historiker
Robert Knight, den mehrere Fachleute, unter ihnen auch Simon Wiesenthal,
der österreichischen Regierung bereits früher vorgeschlagen hatten. Yad
Vashem und das Holocaust Museum in Washington waren die anderen
Institutionen, die einVorschlagsrecht hatten.
Der Rückzug von Barkai (77) aus der Historikerkommission
macht keine Neukonstituierung notwendig. Dies Jabloner am Dienstag auf
Anfrage der APA. Jabloner geht davon aus, daß bis zur nächsten Sitzung
der Kommission - voraussichtlich am 17. Dezember - von Regierung und
Parlament ein neuer Experte nominiert wird. Die konstituierende Sitzung
der Historikerkommission vom 26. November bleibt laut Jabloner deshalb
aufrecht, weil in der Geschäftsordnung ausdrücklich festgehalten wurde,
daß bis zu höchstens zwei Mitglieder ohne Neukonstituierung ausscheiden
können. Für die Haltung Barkais hat Jabloner durchaus Verständnis. Der
Historiker sei nicht mehr der Jüngste und habe sowohl in einem Telefonat
mit ihm als auch per Fax persönliche Gründe für das Ausscheiden geltend
gemacht.
Unterdessen hat Karel Smolle vom Liberalen Forum
Aktenvernichtung in Kärnten geortet. Einem Antrag des liberalen
Abgeordneten und führenden Exponenten der slowenischen Minderheit an der
Südgrenze der Alpenrepublik mochten sich die Sozialdemokraten des
Kanzlers Klima, genausowenig wie die Konservativen des Vizekanzlers und
Aussenimisters Schüssel nicht anschliessen.
Mit Stimmen der Koalition wurde eine Regelung abgelehnt,
die die Archive verpflichtet, die Bestände zu sichern. Die Arbeit der
Kommission könnte durch die fehlende gesetzliche Grundlage behindert
werden.
SLW/Wien
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