Nicht nur Nazis und Kinderschänder:
Jugendliche Surf-Begeisterung und die Zukunft des
Internet
Das weltweite Computernetzwerk
Internet wird momentan von über 100 Millionen Menschen benutzt. Vorsichtige
Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Ende des Jahres 2000 mindestens
300 Millionen Menschen am WWW beteiligt sein werden. Gerade für Kinder ist
die 'größte Informationsquelle aller Zeiten, eine Wundertüte ohne Boden'.
Immer geschickter und massiver nutzen auch rechtsradikale Propagandisten das
Internet. Der Verfassungsschutz warnt vor einem 'beängstigenden Vormarsch'
der Alt- und Jungnazis.
Jeder vierte Zwölf- bis Vierzehnjährige war schon im Internet
Das Internet ist für Kinder eine "Wundertüte ohne
Boden". Jeder vierte (26 Prozent) der Zwölf- bis 14jährigen in
Deutschland sei schon einmal im weltweiten Netz gesurft. Weitere
Ergebnisse des Münchner Forschungsinstituts "Iconkids & Youth", welches
im Sommer '98 1000 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren befragt
hatte:
- Altersgruppe 9 - 11: 11% nutzen das Angebot des WWW
- 60% der onlineerfahrenen Kinder sind Jungen, 40% sind Mädchen.
- Altersgruppe 12 - 14: 37% nutzen das Netz zur gezielten
Informationsbeschaffung. 78% erklärten das Surfen im Internet zur "tolle
Sache", da es soviel zu entdecken gebe. 30% sind der Ansicht, dass ihnen
ein möglichst frühzeitiger Umgang mit dem neuen Medium wichtig sei, da
das WWW in der Zukunft immer bedeutender werden würde.
1.000.000.000 Menschen im WWW?
Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass bis
zum Ende des Jahres 2000 mindestens 300 Millionen Menschen am WWW
beteiligt sein werden. Andere Schätzungen sprechen sogar von einer
Milliarde Internet-User bis Dez. 2000 aus. In einer Rede auf der
WWW-Messe 'INET '98' in Genf, sagte Ronald Cerf, einer der Erfinder des
Internet-Protokolls TCP/IP, welches die Grundlage für die
WWW-Kommunikation darstellt, er sehe in den gesellschaftlichen,
politischen und wirtschaftliche Aspekten des WWW eine grossartige
Herausforderung. Die Entwicklung des Internets wird dramatisch
weitergehen, und es wird gerade im alltäglichen Leben immer bedeutsamer
werden.
Der Handel über das Internet werde bis zum Jahr 2002 von heute 8
Milliarden $ auf 327 Milliarden $ anwachsen. Für bestimmte Firmen sei
der Absatz von Waren und Dienstleistungen über das Internet schon heute
sehr signifikant. So mache der US-Computerhersteller Dell jeden Tag
einen Umsatz von fünf Millionen Dollar mit Bestellungen, die über das
World Wide Web im Internet zusammengestellt wurden.
Der beängstigende Vormarsch der Nazis im Web
Zu den von Cerf angesprochenen Herausforderungen,
gehört auch der Umgang mit der weiterhin zunehmenden Propaganda
rechtsradikaler Bewegungen. Immer geschickter und massiver nutzen
rechtsradikale Propagandisten das Internet, dessen Potential sie schon
vor Jahren begriffen haben. Zumindest in Europa treffen sie kaum auf
Gegenwehr: Während die antisemitische Propaganda im Internet im letzten
Jahr weltweit einen Zuwachs von (nur) 100% verzeichnete, stieg
die Anzahl nazistischer Propagandaseiten in deutscher Sprache um 300%
(Tagesspiegel, 22.07.98) an. Dass deutschsprachigen Usern diese Seiten
nicht als einzige Information zum Thema Judentum angeboten werden, ist
privaten Initiativen zu verdanken. Einer der beiden deutsch-jüdischen
Server, das MuniNet, musste inzwischen bereits aufgegeben. haGalil
onLine, weltweit einer der größten jüdischen Onlinedienste, könnte
ebenfalls kurz vor dem Aus stehen. Unterstützung haben die Initiatoren,
die seit Jahren alle Ausgaben selbst tragen, weder bei der deutschen
Wirtschaft, noch bei offiziellen Stelle finden können. Der Grund dafür
liegt in erster Linie darin, daß die maßgeblichen Personen die positive
Nutzungsmöglichkeiten des Internets, gerade in Bezug auf
gesellschaftliche Aspekte, bisher noch nicht begriffen haben.
Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz warnte vor 3 Monaten in
einem Bericht zum Thema "Rechtsextremistische Bestrebungen im Internet"
vor dem 'beängstigenden Vormarsch' der Alt- und Jungnazis. Das Amt
bemühe sich nach Kräften um eine Erfassung und Auswertung der im
Internet eingestellten Daten mit extremistischem Bezug, das neuartige
Medium stelle aber 'für die Sicherheitsbehörden eine wirklich harte Nuß
dar'. Das Datennetz sei ein quasi 'rechtsfreier Raum'. Die Plazierung
strafbarer Inhalte sei durch nationale Gesetze nicht effizient zu
kontrollieren, verhindern, zensieren oder zu ahnden. Bei sinkenden
Preisen und vereinfachter Bedienbarkeit von Computern, wird die
Bedeutung des Internet für die Rechtsextremisten auch nach Einschätzung
des Verfassungsschutzes in der Zukunft beträchtlich steigen. So hat z.B.
die rechtsextremistische 'Gesellschaft für Freie Publizistik' bereits
angekündigt, das Internet als Waffe gegen 'Gleichschaltung,
Geschichtsfälschung und Ausgrenzung' einzusetzen. Die
Verfassungsschützer befürchten zu Recht, daß für manchen arglosen Nutzer
durch die geschickte Propaganda der Rechtsextremisten so manche
'extremistische Karriere im Internet ihren Anfang nehmen könnte'.
Vor zwei Jahren gelangte ein harmloser Surfer, auf der Suche nach
Begriffen wie Judentum, Torah, Talmud zu eindeutig antisemitischen
Informationsdiensten. Er wurde indormiert über 'Judahs Hass auf alle
Nichtjuden', über 'jüdische Macht in den Schaltzentralen der Welt',
'Galinskis dunkle Machenschaften' u.s.w. u.s.f.
Diese Seiten existieren zwar noch immer (und sie werden auch immer
mehr), dennoch werden Suchmaschinen einem Schüler auf der Suche nach
Informationen für ein Referat zum Thema 'Judentum' heute nicht mehr
erstrangig diese Seiten anbieten. Dass dies so ist, ist u.a. der
Existenz von haGalil onLine zu danken. Wir haben weder staatliche Macht
noch gesetzgeberische Massnahmen auf unserer Seite. Wir haben diese
Arbeit ohne finanzielle Hilfe - durch pure Selbstausbeutung - geleistet.
Phantasie, Kreativität und technisches KnowHow haben mehr erreicht als
Kontrolle, Zensur und Strafverfolgung. Wir haben positive Inhalte
geschaffen - und es ist uns gelungen, die negative Propaganda der
Rechten auf die hintersten Ränge zu verweisen.
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haGalil
onLine - Donnerstag - 05-11-98 |