Aus der
genannten Veröffentlichung seinen folgende Passagen zitiert:
"Der Leiter der
Bayreuther Polizei, Major der Schutzpolizei Kesselring, machte gegen
22.45 Uhr dem Oberbürgermeister Dr. Kempfler telefonisch Meldung, daß
auch im Gau Bayer. Ostmark schon Judenaktionen durchgeführt würden, in
Bamberg die Synagoge bereits in Brand gesetzt worden sei und daß auch
die Bayreuther SA und SS die Inbrandsetzung der Synagoge beabsichtigen.
Er habe deshalb sofort einige Polizeibeamte und ein Löschfahrzeug der
Feuerwehr zur Sicherung der Synagoge dorthin beordert, was die Billigung
des Oberbürgermeisters Kempflers fand.
...
Weiter erfuhr der OB, daß man die Bayreuther Juden aus ihren Wohnungen
holen und in das Rathaus verbringen werde. Dr.Kempfler versuchte
mäßigend einzuwirken und es gelang ihm, die beabsichtigte Inbrandsetzung
der Synagoge wegen der unmittelbaren Nähe des Opernhauses zu verhindern.
...
Nachdem man die Inneneinrichtung der Synagoge, die jüdischen Geschäfte und
eine Anzahl von Judenwohnungen demoliert und ca. 60 Juden festgesetzte
hatte, ebbte mit fortschreitender Nacht die Aktion ab. Die Leute
verliefen sich. Die Polizei sicherte die zerstörten Geschäfte und
teilweise auch die demolierten, offenen Judenwohnungen. Gegen 4.00 Uhr
herrschte wieder Ruhe in Bayreuth. Zwischen sechs und sieben Uhr morgens
versuchten SS-Angehörige, die mit Brechwerkzeugen oben auf der Synagoge
standen, Quadersteine aus dem Mauerwerk auszubrechen. Sie wurden von der
Polizei daran gehindert, die die Synagoge daraufhin bewachte. Nicht
verhindert wurde der Abtransport der zertrümmerten Holzteile der
Synagoge durch Teile der Bevölkerung. Es herrschte ein reger
"Handwagenverkehr", vor allem in Richtung Mainkaserne."
Aus: PAULUS, Helmut / HÜBSCHMANN, Ekkehard
1998 Die "Reichskristallnacht" 1938 in Bayreuth
Hg. von der Geschichtswerkstatt Bayreuth
Bumerang-Verlag, Bayreuth. 48 S. ISBN 3-929268-05-1
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass OB
Kempfler zwar gegen die Ausschreitungen während jener Nacht gewesen war,
dass er aber ein Bürgermeister in SS-Uniform war. U.a. war er beteiligt
an dem Ankauf und Abriß eines Wohn- und Geschäftshauses, das Eigentum
zweier jüdischer Familien war und das die Nazis als "eine beispiellose
jüdische Frechheit" ansahen. Den Abriß hatte Hitler verlangt, der zu
jeder Festspielaufführung zweimal an ihm vorbei fahren mußte. Um das
Haus abreissen zu können, mußte es die Stadt erst ankaufen - freilich
für einen weit unter dem tatsächlichen Wert liegenden Betrag. Die
Eigentümer wurden bedroht und unter Druck gesetzt bis sie schließlich
unterschrieben. Auf Initiative Kempflers wurde am 16.5.1939 mit dem
Abbruch begonnen. Trotz Material- und Arbeitskräftemangel organisierte
er den Umzug des Kaufhauses Loher - wie das Geschäft nach der Arisierung
des Kaufhauses Erwege hiess - in das Gebäude Kanalstraße 17 sowie den
eigentlichen Abruch des Hauses Opernstr. 11.
Genauer ist die Geschichte des Kaufhauses Josef
Friedmann / Erwege nachzulesen in:
GESCHICHTSWERKSTATT BAYREUTH
Umgeguckt und hinterfragt
Ein kritischer Spaziergang durch die Geschichte der Stadt Bayreuth
Bumerang-Verlag, Bayreuth 1992.
Kempfler will andrerseits die vom Gauleiter Wächtler
und einigen Stadträten verlangte Einebnung und Beseitigung des jüdischen
Friedhofes in Bayreuth mit dem Hinweis verhindert haben, dass die Stadt
nicht Eigentümer und deshalb nicht verfügungsberechtigt sei. Erst als
1944 Behelfsheime gebaut wurden und der Gauleiter die Verwendung der
Mauersteine vom Friedhof verlangte, hätte Kempfler nach eigener Aussage,
wenigstens ein bis zwei Reihen der Mauer abtragen lassen.
Dr. Fritz Kempfler blieb im April 1945 zunächst im
Amt, wurde dann aber doch interniert und bleib mehrere Jahre in Haft. Er
wurde von der Berufungskammer Regensburg am 5.3.1948 als
Minderbelasteter mit 6 Monaten Bewährungsfrist eingestuft. In
Eggenfelden wurde er später CSU-Kreisvorsitzender und ab 1957 saß er für
zwei Jahrzehnte im Bundestag.