Der Herausgeber des Blattes, Dumitru
Dragomir - er ist zugleich Präsident der rumänischen Profi- Fußball-Liga
- behauptete zuerst, der Artikel sei ohne sein Wissen erschienen und der
Verfasser gefeuert worden. Doch Ende September veröffentlichte Atac la
persoana eine von Dragomir unterzeichnete Stellungnahme, in der der
inkriminierte Text als ein "Pamphlet" verharmlost wird. Gleichzeitig
wurde die Wiedereinstellung des Journalisten bekanntgegeben.
Über den Hetzartikel hatte sich auch die
jüdische Gemeinde beschwert. In einer am 9. September veröffentlichten
Erklärung wurde den rumänischen Behörden vorgeworfen, "die Proteste der
jüdischen Gemeinde gegen antisemitische Handlungen" ignoriert zu haben.
Ein im Juli vom stellvertretenden Vorsitzenden einer jüdischen Stiftung
aus Bukarest verbreiteter Bericht über die Zunahme antisemischer
Äußerungen und Angriffe in rumänischen Publikationen und Büchern löste
kein Echo aus.
In dem Bericht wird den Behörden
Tatenlosigkeit vorgeworfen. Die rumänischen Politiker werden
beschuldigt, antisemitische Aktivitäten bestimmter Personen,
Gruppierungen und Publikationen zu dulden. Der Verfasser, Teodor Wexler,
beschuldigt den Privatisierungsminister, den Druck eines
profaschistischen Buches mitfinanziert zu haben. Der Autor des Buches
"Eine objektive Geschichte der Legionärsbewegung" ist Vasile Isac,
Abgeordneter der wichtigsten Regierungspartei, der
Christdemokratisch-Nationalen Bauernpartei (PNCD). Die "Legion des
Erzengels Michael" war die stärkste rechtsextreme, antisemitische
Gruppierung Rumäniens zwischen den Weltkriegen. Nach der Wende
entstanden mehrere Gruppen, die sich auf die Legionäre berufen.
Wexler wirft der Bauernpartei ferner vor,
in ihrer Bukarester Buchhandlung rechtsextreme Schriften zu vertreiben.
Sein Bericht endet mit den Worten: "Verbreiten Sie diesen Appell in den
westlichen Demokratien, damit man versteht, was sich in Rumänien
abspielt."
Auch andere Publikationen vergiften das
Zusammenleben nationaler Minderheiten in Rumänien. So nannte die
Wochenzeitung Romania Mare (Groß-Rumänien), die der Chef der
gleichnamigen rechtsextremen Partei, Corneliu Vadim Tudor, herausgibt,
den ungarischstämmigen Bürgermeister aus Tirgu Mures einen "schielenden
Nazi", der Reden "in der Sprache der Pferde" halte. In der vorletzten
Ausgabe wurde ein Geschäftsmann als Jude mit einem "weichgekochten und
mit dem talmudischen Beschneidungsmesser gemarterten Pimmel"
verunglimpft.
Die antisemitischen Tiraden von Tudor
werden auch im Ausland goutiert. Zu seinen Freunden gehört auch Viorel
Roman, akademischer Rat und Lehrbeauftragter an der Universität Bremen.
In einem im September in Romania Mare veröffentlichten Brief bekräftigt
er seine "Solidarität" mit Tudor und dessen Forderungen. Eine davon
lautet: "Isolation krimineller und asozialer Zigeuner."
In einem anderen Artikel präsentiert Roman
seine geopolitischen Vorstellungen. Der Westen müsse das "slawisch
rechtgläubige Rußland" vor der Bedrohung durch die Abmachungen "des
Vatikans mit Istanbul und des Zionismus mit den Pantürken" unterstützen.
Seine Warnungen beziehen sich gleichermaßen auf die aufkommende
"deutsche und gelbe Gefahr" für die orthodoxe Welt. Zu den Aktivitäten
ihres Mitarbeiters befragt, meinte der Pressesprecher der Universität
Bremen Uwe Gundrum lediglich: "Wir mißbilligen dieses Verhalten."
William Totok / taz vom 27.10.1998, Seite 10 / © Contrapress media
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Halbjahresschrift
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