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WIEN UND DIE VERGANGENHEIT:
Hoffnung auf Entschädigung und Auseinandersetzung mit der Geschichte

Das Streben nach Gerechtigkeit

Gideon Eckhaus, Vorsitzender der Vereinigung der österreichischen Juden in Israel, kam nach Wien, um die Problematik des während des Nationalsozialismus geraubten - "arisierten" - Vermögens zu thematisieren. Gideon Eckhaus wurde selbst 1923 in Wien geboren und war Augenzeuge der unmittelbar nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich einsetzenden Verfolgung der österreichischen Juden. Zum Jahreswechsel 1938/39 passierte er die Grenze am Brenner zu Italien mit Ziel Palästina. Mit Eckhaus sprach Anton Legerer.

Mit welchen Anliegen sind Sie nach Wien gekommen?

Es geht mir vor allem um die Thematisierung der ungeklärten Problematik des von Nationalsozialisten enteigneten Vermögens, das unmittelbar nach Kriegsende nur unzureichend aufgedeckt und bis heute nicht annähernd zurückgegeben wurde. Die Einrichtung des Nationalfonds 1995, der an Überlebende mit ehemals österreichischer Staatsbürgerschaft eine symbolhafte Summe von einmalig S 70.000 (ca. 9.000 Franken) auszahlt, hat weltweit Sympathien gefunden und die Hoffnung geweckt, dass Österreich eine tiefergehende Auseinandersetzung mit seiner Verstrickung in die Vernichtung der Juden unternimmt. Nun geht es konkret darum, Vermögensarisierungen in Milliardenhöhe aufzudecken. Etwa 70.000 Fälle sind dokumentiert. Wer kann sich damit abfinden, dass diese Werte verschwunden bleiben? Das ist nicht eine Frage der Geldgier - selbst wenn Antisemiten das so sehen wollen. Es geht um die Frage, wie unsere Nachkommen über uns richten werden, wenn wir nicht jetzt, regelrecht in letzter Minute, nach Gerechtigkeit rufen. Es geht um das Streben nach Gerechtigkeit.

Sie haben darüber unter anderem mit dem österreichischen Bundeskanzler Viktor Klima gesprochen ...

Ja, nachdem ein Treffen mit Ex-Österreichern im Rahmen der Freundschaftsligen beim sehr erfolgreichen Besuch des Bundeskanzlers in Israel im März dieses Jahres aus kurzfristigen Terminverschiebungen nicht möglich war, hat mir der Kanzler ein Treffen in Wien angeboten. Ich bin froh, dass dieses Treffen so kurzfristig zustandegekommen ist, trotz der baldigen Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Österreich am 1. Juli und der Balkankrise. Es war ein sehr freundliches und offenes Gespräch.

Was erwarten Sie sich als unmittelbare Konsequenz dieses Gesprächs?

Ich erwartete mir den Beginn eines Umdenkprozesses, der dann zu politischen Willenserklärungen führen sollte. Mittelfristig erwarte ich mir die vollständige Aufdeckung der Vermögensenteignungen durch Historiker. Diese Erkenntnisse sollen in das Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung eindringen. Dann sollten von Österreich selbst Überlegungen angestellt werden, wie eine Rückgabe erfolgen kann. Darüber hinaus möchte ich, dass sich Österreich zum Erhalt aller jüdischen Grabstätten und Denkmäler verpflichtet.

In welchem Zeitraum erwarten Sie sich Konseqenzen?

Wir stehen jetzt vor dem Sommer, im September sind die jüdischen Feiertage, sodass ich mir erste Reaktionen im Herbst dieses Jahres erwarte. Wichtig ist dabei, dass Österreich seinen eigenen Zugang zur Aufarbeitung dieser Raubgeschichten findet, der nicht wiederum den Juden die Schuld dafür zuschiebt. Wir wollen weder antisemitische Reaktionen innerhalb Österreichs noch eine Trübung des israelisch-österreichischen Verhältnisses.

Sie sind nicht die einzige Organisation, die Österreich zum Handeln auffordert ...

Als einzige Organisation, die ausschliesslich die Belange der überlebenden Juden aus Österreich vertritt sind wir, das Zentralkomittee der Juden aus Österreich in Israel, die unmittelbaren Vertreter der Juden aus Österreich. Alle Beschlüsse, die bisher ohne uns gemacht wurden, sind schiefgelaufen. Als Partner auf unserer Seite sehen wir die Claims Conference in New York und die IKG in Wien, und es ist wichtig, dass jeweils mit allen drei Organisationen zugleich verhandelt wird. Das ist auch für Österreich wichtig, weil separate Verhandlungen nur zu halben Sachen führen.

Wie hoch schätzen Sie die Zahl der Überlebenden?

Unter Berücksichtigung der damals als Kinder Deportierten sowie der "Staatenlosen", die beim Nationalfonds ja nicht anspruchsberechtigt sind (beim Nationalfonds haben 22.000 Überlebende eingereicht), schätze ich die Zahl der österreichischen Überlebenden auf 25.000. Diese Zahl verringert sich täglich um einige. Viele von ihnen leben unter unsagbar schlechten Bedingungen, sind alt, krank und pflegebedürftig, und allzuoft können sie sich entsprechende Pflegeeinrichtungen nicht leisten. Wir stehen da schon seit jahren unter einem sehr massiven Druck unserer Mitglieder, etwas zu unternehmen. Das gilt auch für die jüdischen Weltorganisationen und auch bei der israelischen Regierung wird fortwährend darüber nachgefragt und die Forderung gestellt zu handeln.

Zumal in dieser Angelegenheit die Schweiz viel härter angegriffen wird als Österreich ...

... diese Thematik betrifft nicht nur die Schweiz, sondern auch Schweden, Norwegen, Frankreich und andere Länder. Selbstverständlich muß man jedes Land nach seinen jeweiligen Handlungen und Unterlassungen beurteilen, und jedes Land hat dabei ganz spezifische Fragestellungen. Bei Österreich kann man heute, nach mehr als 50 Jahren, von keiner leichten Lösung sprechen, aber die Schuld daran tragen nicht wir. Diese Schuld liegt vor allem und zuerst auf der österreichischen Seite.
Ich erinnere nur an den Satz im Ministeratsprotokoll zum Thema der Entschädigungszahlungen "Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen". Diese Haltung galt bis zu Franz Vranitzkys tapferen Auftritt 1991 im österreichischen Parlament und 1993 in Jerusalem, als von der österreichischen Mitverantwortung sprach und damit einen Wechsel in Österreichs Geschichtsauffassung einleitete. Dabei ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Judenverfolgung nicht nur für die Opfer sondern auch für die Täter und deren Nachkommen, also für die gesamte österreichische Bevölkerung, eine notwendige Aufarbeitung.

Anton Legerer, Jr.
A-1100 Wien, Tel & Fax ++43-1-606 5365
Jüdische Rundschau Maccabi - Basel - 02.07.98

haGalil onLine - Samstag, 14. Dezember 2013

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