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Fremder Spiegel:
Yoram Kaniuks israelisches Panorama

VON JOACHIM SCHLÖR

Es wird vielleicht noch für lange Zeit so sein, daß die Berlin-Romane nach denen wir uns sehnen, außerhalb dieser Stadt geschrieben werden. Wir leben hier auf den Trümmern der Geschichte, im aufgewühlten Körper der Stadt, aber ihre Seele ist noch immer im Exil. Dort, wo einer die Straßen Berlins, die ihm fremd sind, doch kennt, weil er "Emil und die Detektive" gelesen hat.

Yoram Kaniuk ist in Tel-Aviv geboren, 1930. Mit der Feststellung, er sei "zwischen Weimar und Buchenwald" gezeugt worden, begibt sich der Autor bewußt und verzweifelt: nach Deutschland. Schon in früheren Büchern, in Interviews und im öffentlichen Streit, hat er dieses Gespräch drängend gesucht, hat versucht, sich selbst zu verstehen vor dem fremden Spiegel Deutschland.

Von dieser merkwürdigen, traurigen Geschichte handelt "Das Glück im Exil". Der Titel des Originals heißt "Post mortem" und beschreibt die Ausgangssituation: Die Mutter, Sarah, stirbt, als ihr Sohn sich gerade in Stockholm aufhält. Er bleibt auch dort, fährt nicht zur Beerdigung, widmet der Mutter statt dessen ein Erinnerungsbuch von herzzerreißender Ehrlichkeit. Die Mutter stirbt, oder droht doch mit ihrem Tod, schon lange, sie hatte sich ihr Leben anders gedacht. Ihr Mann, der Vater, Mosche, hatte sich mit den Jahren immer mehr auf sich zurückgezogen und sie mit ihren größeren Hoffnungen auf das Leben neben sich gelassen. Beide lebten, und mit ihnen: Freunde, Nachbarn, Bekannte, im Lande Israel nicht als Fremde.

Mosche arbeitet neben dem legendären Bürgermeister von Tel-Aviv, Meir Dizengoff, im neugegründeten Museum der Stadt (in das 1934 die Kunstwerke aus dem Berliner Jüdischen Museum gerettet wurden). Sarah nimmt aktiven, prägenden Anteil am Aufbau des Erziehungswesens. Aber beide sind mit ihren Gedanken und mit ihrem alltäglichen Verhalten noch verbunden mit Europa: mit der östlichen Herkunft aus Tarnopol (die Übersetzerin schreibt standhaft "Ternopol", auch die arme Toni Halle, Schulleiterin und Frau des straßenkehrenden Gustav Steinschneider, wird zu Toni "Helle" - das hebräische Alphabet bietet beide Möglichkeiten, aber man sollte sich schon die richtige heraussuchen), und eben mit dieser Stadt Berlin, deren nächtlich-abgründige Seiten der junge Mosche einst so gut kannte.

So wächst einer auf, der Sohn, Yoram, im deutschen Haus, das nicht mehr in Deutschland steht. Und muß zur Schule gehen, Freunde haben, sich das Land zur Heimat machen - und zugleich verstehen lernen, wovon die Alten reden. Da entfaltet Kaniuk ein Panorama der Tiefebenen israelischen Lebens. Es ist ein richtiger Roman, eine Entwicklungsgeschichte, um deren Fortgang sich der Leser Lesen sorgt. Aber es ist auch eine Kulturgeschichte des Fremdseins. Glück im Exil? Der deutsche Titel provoziert. Glück gibt es selten in solchen Geschichten, und "Exil" ist schon ganz falsch. Aber auf eine vertrackte Weise ist doch etwas dran: Israel erfährt in diesem Buch seine Vorgeschichte, die stärker von der "Diaspora" gezeichnet ist, als der Zionismus wahrhaben wollte. Und Berlin erfährt, wo es nach sich selbst suchen muß. Ein geglücktes Buch.

Yoram Kaniuk:
Das Glück im Exil
Roman
Aus dem Hebräischen von Beate Esther von Schwarze

List Verlag. München. 340 Seiten. 21,00 Euro

© 1996 Verlag DER TAGESSPIEGEL

haGalil onLine: Samstag, 14 Dezember 2013

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