Arafat will im Mai 1999
palästinensischen Staat ausrufen
Peres: Einseitiges Ausrufen eines Palästinenserstaats wäre gefährlich und
zwecklos
Gaza (dpa / Gal Galaz / Jedioth) - Palästinenserpräsident
Jassir Arafat will im kommenden Jahr einen palästinensischen Staat im
Westjordanland und Gaza ausrufen. Im Arabischen Satellitenfernsehen sagte
Arafat am Samstag abend: "Gemäß der uns gesetzten Frist von fünf Jahren nach
der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit Israel wird das Jahr 1999 die
Deklaration eines Palästinenserstaates erleben".
Shimon
Peres, damals an der Ausarbeitung der Verträge als Außenminister beteiligt,
bestätigte diesen Zeitplan, wies jedoch daraufhin, dass der
Regierungswechsel nach der Ermordung des damaligen Premiers Rabin, eine
Stagnation gebracht habe, die nicht vorherzusehen war. Israel hätte
stufenweise einen Rückzug aus den Gebieten einleiten sollen, da dies aber
nicht geschehen sei, gebe es nun technische Probleme, die ein Fortfahren im
Geiste der Oslo-Abkommen unmöglich machten.
Arafat entgegnete, die Friedensverhandlungen
mit Israel seien vor allem blockiert, weil Israel in den letzten Jahren
Ausbau und Erweiterung der Besiedlung der für den Palästinastaat in Frage
kommenden Westbank in einem noch nie dagewesenen Tempo beschleunigt habe.
Laut der israelischen Tageszeitung Jedioth achronoth beklagte Arafat, Israel
habe sämtliche Rückzugstermine unbeachtet verstreichen lassen. Nun müsse die
Palästinenserbehörde einseitig auf ihre Rechte aus den mit der Regierung
Rabin geschlossenen Vereinbarungen bestehen. Auf keinen Fall könnten es die
Palästinenser hinnehmen, dass immer weitere Teile ihres Landes für
Siedlungszwecke beschlagnahmt würden.
Anbetracht dieser Tatsachenschaffung vor Ort, seien immer weitere
Forderungen der israelischen Regierung an die Palästinenserbehörde eine
Provokation, so Arafat. Der komplette Neubau der jüdischen Siedlung von Har
Homa am Dschebel Abu Ghneim in Ost-Jerusalem sei strikt abzulehnen. Hier
würden Tatsachen geschaffen, die eine endgültige Einigung in Bezug auf den
Status Jerusalems immer schwieriger machen. "Sie (die Israelis) bauen auf
unserem Land Hotels, mit denen unseren Leuten Touristen gestohlen werden
sollen. Ich habe Informationen darüber, daß ein reicher Australier und guter
Freund von Netanyahu, elf Touristenhotels auf (dem Hügel) von Abu Ghneim
bauen wollen, um uns die Touristen zu stehlen, die zur 2000-Jahr-Feier von
Christi Geburt nach Bethlehem kommen wollen".
"Die großen Anstrengungen von US-Präsident Bill Clinton im Friedensprozeß"
lobte der Palästinenserpräsident. Spätestens in den nächsten zwei Wochen
würden die USA erneut die Initiative ergreifen. Für "sehr bald" kündigte
Arafat eine Kabinettsumbildung an. Hintergrund der geplanten Veränderungen
ist der Bericht einer Untersuchungskommission vom Mai letzten Jahres, der
mehrere Korruptionsfälle in der Palästinenserführung auflistete.
Peres mahnt Arafat: Nicht einseitig
Palästinenserstaat ausrufen
Baden-Baden (dpa) - Schimon Peres hat den
Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat aufgefordert, nicht einseitig einen
Palästinenserstaat mit einer Hauptstadt Ost-Jerusalem auszurufen.
Andernfalls würde sich der israelisch-palästinensische
Konflikt verschärfen, sagte Peres am Freitag in Baden-Baden (Baden-
Württemberg). Er appellierte an Arafat, Geduld zu haben. Der ins Stocken
geratene Friedensprozeß im Nahen Osten ist nach Ansicht des ehemaligen
israelischen Premier- und Außenministers noch nicht gescheitert. Im Abkommen
von Oslo 1993 sei eine "legitime palästinensische Einheit geboren" worden.
"Wir brauchen einen palästinensischen Staat".
Wirtschaftlich sollten beide Staaten eine Einheit bilden,
sagte Peres. Es dürfe kein reiches Israel und ein armes Palästina
nebeneinander geben. "Je besser es den Palästinensern geht, desto bessere
Nachbarn haben wir". Israelis und Palästinenser seien "zum Frieden
verdammt".
hagalil.com 18-03-1998 |