antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

  

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995 - 1999
SS-Malloth:
Der Mann muss vor Gericht gestellt werden

Die Zeiten, als Anton Malloth noch der »schöne Toni« war, sind längst vorbei. Mittlerweile ist er 85 und lebt in einem Altenheim in Pullach, München. In der Tasche hat er einen deutschen Paß, und die Heimkosten werden vom Sozialamt gezahlt.
Das ist praktisch, so kann er die Einnahmen aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses in Meran anderweitig verwenden. Sich z.B. dankbar zeigen gegenüber der »Stillen Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte e.V.«, die sich, vertreten durch Frau Gudrun Burwitz, so rührend um ihn kümmert. Frau Burwitz ist die Tochter des Reichsführers SS Heinrich Himmler. Und die »Stille Hilfe« kümmert sich um NS-Verbrecher. Solche wie Anton Malloth.

Damals, als er noch der »schöne Toni« und SS-Oberscharführer im Gestapo-Gefängnis »Kleine Festung Theresienstadt« in der Nähe von Prag war, galt Malloth als einer der grausamsten und gefürchtetsten Aufseher. Zahlreiche Häftlinge wurden von ihm gefoltert und zu Tode gequält. Nach Kriegsende, am 24. September 1948, wurde er dafür vom I.Senat des Außerordentlichen Volksgerichts in Litomerice (CSR) zum Tode verurteilt. Aber da hatte er sich längst abgesetzt, Richtung Westen.

Vierzig Jahre lebte Malloth unbehelligt in Meran. Verstecken mußte er sich nicht, obwohl er auf der Fahndungsliste der UN-Kommission für Kriegsverbrechen (UNWCC) stand. Selbst als er in der Via Petrarca 30 ein Haus baute, fiel niemandem seine Anwesenheit auf. Als die tschechische Regierung 1971 einen Auslieferungsantrag stellte, bekam sie zur Anwort, gegen Anton Malloth bestehe ein ständiges Einreiseverbot für Italien. Ob der Gesuchte sich vielleicht dennoch im Lande aufhielt, wurde nicht geprüft. Erst 1988 wies die italienische Regierung Malloth aus - und ließ ihn, wegen drohender Verhaftung in Österreich, per Flugzeug nach München bringen. Hier lebt er seitdem, ebenso unbehelligt wie vorher, in besagtem Altenheim in Pullach. Eine Auslieferung an Tschechien? Kommt für die Behörden nicht in Frage, schließlich besitzt Malloth einen deutschen Paß.

Wie kommt der Mann an den Paß?

Geboren wurde Malloth 1912 in Innsbruck als Österreicher. Aufgewachsen ist er in Schenna bei Meran, Südtirol. 1918 wurde der Erstkläßler zusammen mit Südtirol italienisch. Als Hitler 1938 Österreich »anschloß«, hätte er gern auch Südtirol »heim ins Reich« geholt. Um Ärger mit dem verbündeten Diktator Mussolini zu vermeiden, begnügte er sich jedoch damit, daß die Südtiroler ihre Staatsangehörigkeit wählen konnten. Malloth »optierte« für Deutschland und meldete sich zur SS. Nach der »Ausbildung« in Innsbruck kam er nach Prag. 1949 widerrief er die Option und erlangte dadurch wieder die italienische Staatsbürgerschaft. 1956 wurde ihm diese wegen seiner Nazi-Vergangenheit allerdings wieder abgesprochen. Anstandslos erhielt Malloth daraufhin vom westdeutschen Generalkonsulat in Mailand einen Heimatschein, später einen westdeutschen Paß, der mehrmals verlängert wurde. Nach Malloths Ausweisung aus Italien akzeptierte das KVR München (Kreisverwaltungsreferat) den verurteilten und international gesuchten Verbrecher ohne weiteres als deutschen Staatsbürger mit allen entsprechenden Rechten - inklusive Schutz vor Auslieferung. Malloths Widerruf von 1949 sei völkerrechtlich unerheblich gewesen, hieß es. Er habe seine deutsche Staatsangehörigkeit dadurch nicht verloren.

Kein hinreichender Tatverdacht

Während Malloth nach wie vor auf der Kriegsverbrecherliste der UNO zur Fahndung ausgeschrieben ist, stellte die »Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund« das Ermittlungsverfahren, das hier seit 1970 anhängig ist, bereits mehrmals ein: »Kein hinreichender Tatverdacht«. Es ist dieselbe Stelle, die es in den 60er Jahren nicht schaffte, belastendes Material gegen den Massenmörder Priebke aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzen zu lassen, und ebenfalls die Ermittlungen einstellte.

Das skandalöse Verhalten der Dortmunder Staatsanwaltschaft im Fall Malloth wird ausführlich in dem Buch »Haus Deutschland oder Die Geschichte eines ungesühnten Mordes« von Peter Finkelgruen beschrieben. Finkelgruen, dessen Großvater in Theresienstadt von Malloth erschlagen wurde, recherchierte selbst und lieferte der Zentralstelle Material. Das war offensichtlich unerwünscht. Schließlich mußte das Verfahren aber doch wiederaufgenommen werden. Mit der Auswertung von Dokumenten aus Archiven in Prag und der Gedenkstätte Theresienstadt haben es die Dortmunder Staatsanwälte jedoch nicht eilig. Alles brauche seine Zeit, sagt Oberstaatsanwalt Klaus Schacht; vieles müsse erst einmal übersetzt werden ...

Kürzlich startete die Grünen-Abgeordnete Annelie Buntenbach im Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung wegen Malloth. Und im Münchner Landtag wartet Sophie Rieger, ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen, auf eine Antwort der bayerischen Staatsregierung. Rieger: »Da erhält ein rechtskräftig verurteilter Kriegsverbrecher die deutsche Staatsangehörigkeit, die er 1949 aus Angst vor Verfolgung abgelegt hat, und verbringt auf Staatskosten einen ruhigen Lebensabend. Und die bayerischen Behörden, die die Hintergründe des Falles kennen, sehen zu und schweigen

Versöhnung mit NS-Verbrechern?

In der tschechischen Presse fanden die Anfragen von Frau Rieger und Frau Buntenbach erhebliche Aufmerksamkeit. Innenminister Jan Ruml und Senatsvorsitzender Petr Pithart, dessen Vater Häftling in Theresienstadt war, forderten, Malloth vor Gericht zu stellen und - unabhängig von der Haftfähigkeit des 85jährigen - seine Schuld festzustellen.

Vielen Tschechen, die sich schon im Zusammenhang mit der deutsch-tschechischen Erklärung fragten, was man in Bonn und München meint, wenn man »Versöhnung« sagt, gibt der »Fall Malloth« erneut zu denken: Was haben wir von einer deutschen Politik zu erwarten, die von uns unerhörte Zugeständnisse verlangt, aber selbst nicht bereit ist, eindeutig gegen die Verbrechen der Nazis Stellung zu beziehen - weder gegen das Münchner Diktat von 1938 und die anschließende Annexion der tschechischen Grenzgebiete (»Sudetenland«) durch Hitler-Deutschland, noch gegen die Verbrechen derer, die nach der Eroberung der »Rest-Tschechei« das Land mit Mord und Terror überzogen?!

Und was denken Sie?

MAXIM - Setkání - Gesellschaft für tschechisch-deutsche Begegnung - VVN-Bund der Antifaschisten München - Antifaschistische Nachrichten

Die hier archivierten Artikel stammen aus den "Anfangsjahren" der breiten Nutzung des Internet. Damals waren die gestalterischen Möglichkeiten noch etwas ursprünglicher als heute. Wir haben die Artikel jedoch weiterhin archiviert, da die Informationen durchaus noch interessant sein können, u..a. auch zu Dokumentationszwecken.


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved