Diskussion in München:
Politik im Spannungsfeld der Religionen
Im Rahmen der Feierlichkeiten zur 60-jährigen
Staatsgründung von Israel lud die Hanns-Seidel-Stiftung in das
Jüdische Gemeindezentrum in München am Jakobsplatz ein.
Die Kooperationsveranstaltung mit der
Israelitischen Kultusgemeinde stellte fast einen Besucherrekord auf.
Eine Bestuhlung von 600 Plätzen reichte gerade aus, so begehrt war
das Interesse am Thema „Politik im Spannungsfeld der Religionen“.
Gespannt lauschte das Publikum den Grußworten von Charlotte
Knobloch, der Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland,
und Herrn Dr.h.c.mult. Hans Zehetmair, Vorsitzender der
Hanns-Seidel-Stiftung, der das Engagement der Stiftung in Israel
betonte: "Einen Beitrag für Frieden, Demokratie und Entwicklung zu
leisten ist eine Maxime der Hanns-Seidel-Stiftung".
Der Moderator Prof. Dr. Michael Stürmer leitete fast salomonisch die
gegensätzlichen Standpunkte von Prof.Dr. Michael Wolffsohn und
seinem Kollegen Prof.Dr. Udo Steinbach vom Zentrum für Nah- und
Mitteloststudien.
Prof. Dr. Steinbach warb um ein Verständnis für die Bevölkerung im
Iran, die, obwohl sie ihren Präsidenten demokratisch gewählt hatte,
doch am liebsten auswandern würde. Dies belegen Studien vor allem
bei der jugendlichen Einwohnern im Iran.
Dass die Religion im Iran instrumentalisiert werde, zeugen auch
Zitate der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, so
der Historiker. Mit seiner Forderung „Israel keine unbedingte
Solidarität zu gewähren, solange die Siedelungspolitik fortdauere“,
strapazierte er die Gunst des Publikums allerdings sehr.
Nathan Kalmanowicz, Mitglied im Präsidium und Direktorium des
Zentralrates der Juden in Deutschland, informierte über die
unterschiedlichen Strömungen im Judentum in Deutschland, verglich
die Lage mit der in Israel und wiess auch auf die Diskrepanz der
offiziellen Positionierung zur Lage in den USA hin, wo sich über 80%
der Juden einer progressiven Richtung zuordnen, während das
israelische Oberrabbinat von der Orthodoxie dominiert wird.
Mor / Stürmer
Als weitere Diskussionsteilnehmer waren aus Berlin der Gesandte der
Botschaft des Staates Israel, Ilan Mor, sowie der Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Christian Schmidt,
angereist.
Während der Bundestagsabgeordnete Schmidt seine Forderung auf den
Slogan "Säkularisierung statt Sakralisierung" brachte, wollte er
keine konkreten Anhaltspunkte liefern auf die Frage, wie man denn
die Rede von Kanzlerin Merkel, die in Jerusalem gesagt hatte, eine
Bedrohung Israels werde in Deutschland einer Bedrohung der eigenen
Sicherheit gleichgesetzt. Ilan Mor brachte seine Hoffnung zum
Ausdruck Israel möge nie in die Verlegenheit kommen solche
Bündnistreue auf die Probe stellen zu müssen und schilderte die ganz
konkrete und tagtägliche Bedrohung der Bevölkerung in Israel. Er
forderte mehr Solidarität der europäischen Gesellschaften als
werteverwandter Gemeinschaft, schließlich ist Israel Teil der
westlichen Welt und die einzige Demokratie im Nahen Osten. Die nicht
aufhörenden Hasstiraden aus Iran und der Terrororganisationen Hamas
und Hisbollah geben wenig Spielraum für Verhandlungen, so der
Diplomat.
Schmidt / Steinbach
Eine auf die aktuelle Tagespolitik gerichtete Fragerunde aus dem
Publikum spitzte die unterschiedlichen Positionen der beiden
Historiker Michael Wolffsohn und Udo Steinbach weiter zu. Zuvor
hatte Michael Wolffsohn noch darauf hingewiesen, dass der Zionismus
eben keine religiöse, sondern im Gegenteil betont säkulare Bewegung
gewesen war, die sich gegen erbitterte religiöse Widerstände habe
durchsetzen müssen. Zwar sei auch die PLO, im Gegensatz zur Hamas,
eine säkulare Bewegung, die arabische Nationalbewegung sei aber in
den 30 Jahren durch den islamistischen Mufti von Jerusalem bestimmt
worden, bevor dieser ins Exil nach Berlin zog.
Woffsohn / Kalmanowicz
Der Kultusdezernent des Zentralrats, Nathan Kalmanowicz wies
abschließend unmissverständlich darauf hin, dass es heute jedem
vernünftigen Menschen in Israel klar sei, dass eine
Zwei-Staaten-Lösung erreicht werden müsse. Genauso klar sei es aber
auch, dass Antizionismus heute nur noch als verkappter
Antisemitismus aufzufassen sei.
Im Anschluss lud die Hanns-Seidel-Stiftung zu einem kleinen Empfang
ein, bei dem die Frage inwiefern sich Religion Politik gegenseitig
beeinflussen in vielen Einzeldebatten fortsetzen ließ.
Nach einem Pressetext (hss münchen) über die
Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung im Jüdischen Gemeindezentrum
am 11.06.2008, in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde
München/Oberbayern zum 60. Jahrestag der Staatsgründung Israels |