Levi Strauss:
Im Namen der Hose
Levi Strauss, seit
nunmehr 140 Jahren ist dieser Name eine Legende. Der Sohn eines jüdischen
Kurzwarenhändlers aus dem Fränkischen meldete am 20. Mai 1873 in San
Francisco ein Patent für Arbeitshosen mit vernieteten Taschen an. Die
Geburtsstunde der berühmtesten Hose der Welt: Die Blue-Jeans.
Von Jim G. Tobias
Am 26. Februar 1829 erblickte Löb Strauss
in der kleinen bäuerlich geprägten Gemeinde Buttenheim (Landkreis Bamberg)
das Licht der Welt. Lange Zeit beanspruchte das nahe gelegene Bad Windsheim,
die Heimat des Jeans-Erfinders zu sein. Erst 1984 konnte es wissenschaftlich
untermauert werden: Levi Strauss stammt aus Buttenheim. Der im Bayerischen
Staatsarchiv verwahrte Geburtsmatrikel und die Auswanderungsurkunde
dokumentieren dies eindeutig. Zu Beginn des 19.
Jahrhunderts zählten etwa 20 Prozent der Bewohner von Buttenheim zur
jüdischen Minderheit. Der Ort verfügte über eine Synagoge, ein Schulhaus und
einen noch heute existierenden Friedhof. Möglicherweise ließen sich einzelne
Juden schon im 15. und 16. Jahrhundert in der Marktgemeinde nieder, doch
erst für das 17. Jahrhundert ist die Anwesenheit von einigen jüdischen
Familien in Buttenheim dokumentiert. Fast 500 Jahre wohnten und
arbeiteten Juden in der Gemeinde. Bereits zur Mitte des vorletzten
Jahrhunderts war allerdings ein deutlicher Rückgang der jüdischen
Bevölkerung zu verzeichnen. Viele suchten ihr Glück in der Neuen Welt.
Auch Levi Strauss wanderte im Juni 1847 mit seiner Mutter und
den Schwestern Fanny und Mathilde nach Amerika aus. In New York wurden sie
bereits sehnsüchtig erwartet. Die beiden älteren Brüder Jonas und Louis
hatten die Reise über den Großen Teich schon einige Zeit vorher angetreten
und mittlerweile einen Textilhandel in der Metropole am Hudson aufgemacht.
Im florierenden Geschäft der Brüder lernte Levi das Handwerk von der Pike
auf.
Levi Strauss um 1860
© Levi-Strauss-Museum/jgt-archiv
Anfang der
1850er Jahre erreichte die Nachricht vom kalifornischen Goldrausch die
Ostküste. Levi Strauss übersiedelte nach San Francisco. Zusammen mit seinem
Schwager David Stern eröffnete er eine kleine Textilfabrik. Hier produzierte
er aus segeltuchähnlichem Material die Vorläufer der späteren Jeans. Bei den
Goldsuchern, Farmern und Ranchern des "Wilden Westens" fanden die
Beinkleider schon bald großen Zuspruch. Doch es dauerte noch 20 Jahre bis
die erste Original Levis Jeans gefertigt wurde. Ein Geschäftsfreund Levi
Strauss', der Schneider Jacob Davis aus dem Nachbarstaat Nevada, hatte die
bahnbrechende Idee. Davis schlug vor, Metallnieten an den Stellen
anzubringen, wo die Hose besonders belastet wird: an den Ecken der Taschen.
Da ihm das Geld für eine Patentierung seiner Erfindung fehlte, unterbreitete
er Levi den Vorschlag, sich an dem Geschäft zu beteiligen. Strauss war
begeistert. Am 20. Mai 1873 erhielten Jacob Davis und Levi Strauss vom US
Patent and Trademark Office das Patent für ihre Geschäftsidee. Schon bald
lief die Massenfabrikation der kupfervernieteten Jeans auf Hochtouren.
Einige Jahre später erhielt die Spezialhose die interne Warennummer "501".
Damit war eine Legende geboren. Die Levis 501!
Der
Siegeszug der blauen Hosen war nicht mehr aufzuhalten. Dass sich die robuste
Arbeitskleidung allerdings einmal zu einem Kultobjekt des 20. Jahrhunderts
entwickeln sollte, erlebte Levi Strauss nicht mehr. Er starb als
wohlhabender und angesehener Bürger San Franciscos im September 1902. Sein
Nachlass belief sich auf etwa sechs Millionen Dollar. Einen Teil seines
Erbes floss in soziale Stiftungen, wie dem "Pacific Hebrew Orphan Asylum"
oder dem "Home for aged Israelites".
Levi Strauss & Company in San Franciso um 1900
© Levi-Strauss-Museum/jgt-archiv
Nach dem Zweiten Weltkrieg eroberte die Levis den
europäischen Markt. Amerikanische Soldaten brachten die Jeans auch nach
Deutschland. Die Hose wurde zum universellsten Kleidungsstück in der
Mode-Geschichte. Dem deutschstämmigen Levi Strauss war es gelungen, ein
Produkt zu entwickeln, das trotz Massenfertigung den Wunsch nach
Individualität und Identifikation verkörpert.
Seit Herbst 2000 kann im Geburtshaus des
geschäftstüchtigen Franken der Siegeszug der Jeans und der Lebensweg seines
Erfinders auf 136 qm Ausstellungsfläche hautnah miterlebt werden. Eine
audiovisuelle Führung in deutscher und englischer Sprache leitet durch das
dreigeschossige Museum. Anhand von Dokumenten und Bildern wird das Leben des
berühmten Schneiders nachgezeichnet. Weiterhin widmet sich die Schau der
Entwicklung der Jeans und stellt ihren Siegeszug um die Welt dar. Außerdem
sind Modelle aus den letzten 70 Jahren zu sehen. Zum Abschluss des Rundgangs
wartet eine besondere Überraschung: Eine Montage aus Levis-Werbefilmen der
letzten Jahrzehnte. Eine visuelle Hommage an die Hose, die die Welt
eroberte.
Seit September 2000 ist im Geburtshaus des berühmten
Hosenerfinders das Levi-Strauss-Museum untergebracht
© Levi-Strauss-Museum/jgt-archiv
Bei der Verleihung des "European Museum of the Year Award" im
Jahr 2002 wurde das Levi-Strauss-Museum mit einer "Special Commendation"
bedacht. Diese begehrte Auszeichnung und ein großer Artikel im
englischsprachigen Bayernreiseführer von Lonely Planet sorgen dafür, dass
das von Museumsleiterin Tanja Roppelt im Einfraubetrieb geführte Haus
jährlich über 10.000 Besucher begrüßen kann. Viele davon kommen aus England,
den Vereinigten Staaten, Südafrika, Australien und einige sogar aus China.
Das Museum ist Dienstag, Donnerstag, 14
bis18 Uhr (November bis Februar: 14 bis 17 Uhr) und Samstag, Sonntag,
Feiertage 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 2,60 €. Levi-Strauss-Museum, Marktstraße 33,
96155 Buttenheim
www.levi-strauss-museum.de |