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Eine Frau der Tat:
Golda Meirs fränkische Freundin

Wenige Monate vor ihrem 95. Geburtstag verstarb Senta Josephthal – Die gebürtige Fürtherin gehörte zur Gründergeneration des jüdischen Staates

Von Jim G. Tobias

"1956 schickte mich unser damaliger Finanzminister Levi Eschkol nach Deutschland", erzählte die Israelin Senta Josephthal. Gerne erinnerte sie sich an diese, eine der wenigen, Reise in ihr Geburtsland. Der jüdische Staat brauchte dringend Geld, um die vielen Zuwanderer unterzubringen und neue Kibbuzim aufzubauen. "Wir verhandelten über Entschädigungszahlungen für Holocaust-Opfer. Ich sollte den Deutschen erklären was ein Kibbuz ist."

Ende der 1930er Jahre waren die 1912 geborene Jüdin und ihr Mann Giora Josephthal aus Deutschland emigriert. Das Paar hatte sich in Nürnberg kennen gelernt und einige Jahre in der Stadt der NS-Reichsparteitage gelebt. Beide waren in der jüdischen Jugendbewegung aktiv und organisierten ab 1936 die Ausreise von Juden nach Palästina. Dort wollten sie einen Kibbuz, eine Kollektivsiedlung, aufbauen – in denen die Menschen ohne Privateigentum zusammenleben. 1938 erreichten die Josephthals das Gelobte Land und gründeten mit anderen deutschen Juden den Kibbuz Gal Ed. Mit Deutschland wollten sie nichts mehr zu tun haben. Doch die Abwicklung der von David Ben Gurion und Konrad Adenauer vereinbarten Entschädigungszahlungen an Israel machte einen Besuch in der alten Heimat unumgänglich.

Mit gemischten Gefühlen trat Senta Josephthal die Reise nach Deutschland an. Weil der Kibbuz Gal Ed viele Holocaust-Überlebende aufgenommen hatte, standen der Siedlung entsprechende "Wiedergutmachungsgelder" zu. Ein Stuttgarter Gericht verweigerte dem Kibbuz allerdings jegliche Zahlung: "Nach Auffassung dieser Richter sind Kollektivfarmen eine Art von Kloster, deren Insassen auf alle Annehmlichkeiten der Welt verzichtet haben", empörte sich Senta Josephthal noch nach Jahrzehnten über diese eigenwillige Entscheidung. In langen Gesprächen erklärte die Israelin deshalb den deutschen Ministerialbeamten und Juristen ausführlich die Kibbuzbewegung und deren Vorstellung vom gleichberechtigten Leben in der Gemeinschaft. "Meine Ausführungen müssen sie beeindruckt haben", freute sie sich im Nachhinein immer wieder über ihre Hartnäckigkeit. Von 1957 an erhielt der Kibbuz die ihm zustehenden Entschädigungsgelder aus Deutschland.

Das Ehepaar Josephthal war maßgeblich am Aufbau des Staates Israel beteiligt. Giora Josephthal hatte bis zu seinem Tod im Jahre 1962 den Posten des Arbeits- und Wohnungsbauministers inne. Senta Josephthal arbeitete Jahrzehnte in der Gewerkschaftsbewegung, wo sie sich um die Neueinwanderer kümmerte und zeitweise als Abgeordnete die Kibbuzbewegung im Parlament vertrat. 1955 wurde sie erstmals in die Knesset gewählt – auf ausdrücklichen Wunsch David Ben Gurions. "Er wollte, dass mehr Frauen ins Parlament kommen", erinnerte sich Senta Josephthal, "und so setzte er mich auf einen der vorderen Listenplätze." Doch bereits nach einem Jahr gab sie ihr Mandat zurück: "Ich bin praktisches Arbeiten gewöhnt und fühlte mich in der Knesset überflüssig. Nur Reden halten, das war nichts für mich", begründete die überzeugte Kibbuznik ihre Entscheidung. Mitte der 1970er Jahre wurde sie erneut ins Parlament gewählt. Weil sie aber lieber in der kollektiveigenen Plastikfabrik mitarbeiten wollte, erklärte sie wiederum nach nur kurzer Zeit ihren Rücktritt.

Senta Josephthal war ihr ganzes Leben eine Frau der Tat. Ihre Entscheidungen waren am Allgemeinwohl orientiert und schnörkellos. Als man nach dem Tod von Premierminister Levi Eschkol 1969 Golda Meir zur Nachfolgerin vorschlug, hatte Frau Meir zunächst wegen ihres fortgeschrittenen Alters bedenken. Sie befürchtete, sich lächerlich zu machen. "Wenn ich dann senil bin, wird es mir keiner sagen", zitierte Senta Josephthal die spätere israelische Premierministerin. "Da reichte ich ihr einen Zettel", erzählte sie nicht ohne Stolz, "auf den ich geschrieben hatte ‚glaub mir Golda, ich werde es dir sagen‘." Noch nach vielen Jahren mussten wir darüber schmunzeln, so Senta Josephthal. Immer wieder habe Golda Meir gesagt: "Du bist die Einzige, die ehrlich ihre Meinung äußert, von den anderen hätte das niemand getan."

Bis zu ihrem Tod im Sommer 2007 verließ man sich immer gern auf den Rat von Senta Josephthal und schätzt ihr offenes Wort. Trotz ihres hohen Alters wurde die rüstige Dame regelmäßig in das Selbstverwaltungsgremium des Kibbuz Gal Ed gewählt. "Wir vertreten noch die alten Grundsätze von Gleichheit, Vertrauen und gegenseitiger Hilfe", sagte Frau Josephthal und resümierte: "Ich glaube es war ein besonderes Anrecht, dass ich meine eigene Heimat bauen durfte. Es war nicht leicht, aber es war sehr befriedigend."

Für das "Nürnberger Videoarchiv der Erinnerung" wurde ein Gespräch mit Senta Josephthal aufgezeichnet, in dem sie über ihre Erinnerungen an die Jugend in Franken, ihre Alija nach Erez Israel und an die Gründung des jüdischen Staates erzählt.


Senta Josephthal im Gespräch mit Schimon Peres
Repro © jgt-archiv


Die ehemalige Premierministerin Golda Meir (rechts) und Senta
Josephthal, Repro © jgt-archiv

hagalil.com 26-11-2007

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