Film, Kultur und gute Nachbarschaft:
Vermischtes aus Tel Aviv
Von Thorsten Schmitz, Süddeutsche Zeitung v.
04./05.08.2007
Auf weltweit großes Interesse
trifft die israelisch-deutsche Ko-Produktion "Der Champagner-Spion". Das
Dokumentarfilm-Debüt von Nadav Schirman über die Doppelidentität des
deutschstämmigen israelischen Mossad-Agenten in Kairo, Wolfgang Lotz, wird
seit seiner Premiere im März in Tel Aviv auf vielen Filmfestivals gezeigt.
Ende September hat der Film auf dem Festival in Hamburg
Deutschland-Premiere. Nun wollen sich auch Filmstudios in Hollywood an der
von einer Münchner Produktionsfirma geplanten Filmversion des
"Champagner-Spions" beteiligen. Schirman, der vor kurzem von Tel Aviv nach
Frankfurt gezogen ist, schreibt das Drehbuch.
Das Stadtzentrum von Tel Aviv gleicht im Moment einer riesigen Baustelle.
Straßen werden neu asphaltiert, Theater renoviert, Luxus-Hochhäuser
errichtet, Radwege angelegt, Bäume gepflanzt und Bauhaus-Gebäude entkernt.
Bürgermeister Ron Huldai will die Metropole am Mittelmeer bis zu ihrer
Hundert-Jahr-Feier 2009 fein herausputzen - und träumt davon, dass die EU
ihm dabei hilft. Huldai möchte, dass Tel Aviv von der EU zur
Kulturhauptstadt 2009 deklariert wird. Von der Idee ist er auch nicht unter
Hinweis auf die Tatsache abzubringen, dass Israel nicht in Europa liegt und
Kulturhauptstädte zehn Jahre im voraus nominiert werden. In Gesprächen mit
EU-Politikern habe er bereits "viel Sympathie" für seinen Tel-Aviv-Vorschlag
erhalten.
Dass Israel und Libanon miteinander verfeindet sind, ist bekannt. Man kann
noch nicht einmal von Israel nach Libanon oder umgekehrt telefonieren. Dass
Israelis und Libanesen dennoch nicht darauf verzichten müssen zu erfahren,
wie es auf der anderen Seite der Grenze zugeht, dafür sorgt der Good
Neighbours Blog (www.gnblog.com). Seit einem halben Jahr tauschen sich darin
Israelis, Syrer, Libanesen, Ägypter und Palästinenser aus. So erfährt man
von der Partyszene in Beirut und davon, was man dort vom Engagement der USA
im Nahen Osten hält. Palästinenser aus Ramallah berichten, wie sich ihr
Alltag positiv geändert hat, seit die Hamas von Präsident Machmud Abbas
nicht mehr geduldet wird, und ein orthodoxer Israeli berichtet von seltsamen
Begegnungen während seines Urlaubs in Großbritannien. Die israelische
Blog-Gründerin Yael Kaynan wollte ihr Dialogforum bereits vor einem Jahr ins
Netz stellen, doch einmal kam dem Friedens-Blog ein israelischer Luftangriff
im Gaza-Streifen, kurz darauf der Libanonkrieg in die Quere. Bedarf für den
Web-Plausch unter Nachbarn gibt es allemal: Jeden Tag, sagt Kaynan, klickten
bereits rund 5000 Menschen die Seite an. |