Nachruf
Zum Tode von
Alice Schwarz-Gardos
Dr. hc. Johannes Gerster, Präsident der
Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG)
„Kurz vor Vollendung ihres 91. Lebensjahres verstarb in Tel Aviv
die Chefredakteurin der „Israel Nachrichten“, Frau Alice
Schwarz-Gardos.
Die „Israel Nachrichten“ sind die einzige deutschsprachige
Tageszeitung in Israel, die nicht nur bei den deutschsprachigen
Israelis, den „Jeckes“, sondern auch bei zahlreichen Israel-Freunden
in Deutschland sehr beliebt ist.
Die Verstorbene war seit 1975 bis zu ihrem Tode, mithin 32 Jahre,
Chefredakteurin, prägte diese Zeitung und arbeitete rastlos und mit
unglaublicher Energie für diesen deutschen Kulturträger in Israel.
Frau Schwarz-Gardos wurde 1916 in Wien geboren, siedelte Ende der
zwanziger Jahre mit ihrer Familie nach Pressburg (Bratislava) um,
von wo sie mit ihren Eltern 1939 nach Palästina auswanderte. Es war
eine Flucht vor den Nationalsozialisten, die gerade das „Protektorat
Böhmen und Mähren“ besetzt hatten. Die völlig mittellose
Flüchtlingsfamilie musste sich in Haifa ohne jede Hilfe
durchschlagen, zunächst mit einem kleinen Café mit gerade einmal 4
Tischen. Ab 1942 arbeitete die damals 26-jährige bei der Britischen
Marine. 1947 erschien ihr erster Novellenband mit einem Vorwort von
Arnold Zweig, dem ein Dutzend Bücher, eine Autobiographie und Romane
folgen sollten. Seit 1949 arbeitete sie als Journalistin für mehrere
Zeitungen in einem Beruf, den sie bis zu ihrem Tode 58 Jahre äußerst
erfolgreich ausübte. In Deutschland, Österreich und Israel wurde sie
mit höchsten Orden und Auszeichnungen wiederholt öffentlich geehrt.
Frau
Schwarz-Gardos hat über 5000 Artikel in fast allen Sparten des
Journalismus geschrieben. Die ständige Sorge um Israel trieb sie an.
Dabei analysierte sie nicht nur die Bedrohungen von außen, sie
kritisierte auch Fehlentwicklungen der Demokratie im Innern. Sie
schrieb mahnend und aufmunternd, ernst und heiter; Humor und
Menschlichkeit bestimmten ihr Tun.
Israel hat eine seiner besten Journalistinnen und die älteste
Chefredakteurin der Welt verloren. Aber auch Deutschland und
Österreich werden eine Brückenbauerin vermissen, denn die Aussöhnung
der Generationen nach der Shoah war ihr ein Herzensanliegen.
Heinrich Heine war ihr Ur-Ur-Ur-Großcousin. Wie er musste sie
schreiben, schreiben, schreiben. Ob sie die Welt besser gemacht hat,
ich meine schon, in jedem Fall aber menschlicher. Eine großartige
Frau, die eine Lücke hinterlassen wird, in Israel, aber auch bei
ihren vielen Freunden und Bewunderern in Deutschland und Österreich.
Nicht nur in ihrem Buch „Zeitzeugnisse aus Israel“, das zu ihrem 90.
Geburtstag im
Hartung-Gorre-Verlag in Konstanz erschien, werden ihre
Gedanken weiterleben.“ |