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Das zionistische Ghetto verlassen

Deutsche Ausgabe: [BESTELLEN?]

Ari Shavit ist einer der angesehensten israelischen Publizisten. Berühmt sind vor allem seine Interviews, an denen viele sein hartnäckiges "nicht locker lassen und immer wieder nachhaken" schätzen.

Kritiker werfen ihm einen manchmal verhörartigen Interviewstil vor und meinen es gehe Shavit oft eher darum, seine Interviewpartner dazu zu bringen, das zu sagen, was er gerne hören möchte, und weniger sarum sich selbst zu erklären.

Sein jüngstes Interview mit Avraham Burg, verursachte eine der lebhaftesten Debatten des Sommers 2007. Anlass für das Interview war das Erscheinen von Burgs neuestem Buch "Lenazeach et Hitler" (Hitler besiegen), welches zur "Woche des Hebräischen Buches" in Jerusalem vorgestellt wurde.

[Hebräisch bei haaretz.co.il] [English bei haaretz.com]

Hier der zweite Teil des Interviews:
Und was ist mit Israel heute?

An der Oberfläche ist Deine Position versöhnlich und humanistisch. Doch aus dieser Haltung heraus entfaltest Du eine sehr harsche Einstellung gegenüber dem israelischen Selbstverständnis. Du sagst grauenvolle Dinge über uns.

"Ich glaube, dass ich ein Buch der Liebe geschrieben habe. Liebe tut weh. Würde ich über Nikaragua schreiben, dann würde es mir nichts ausmachen. Aber Ausgangspunkt ist ein enormer Schmerz. Ich muss zusehen, wie meine Liebe vor meinen Augen verkümmert. Ich muss zusehen, wie meine Gesellschaft, der Ort an dem ich aufgewachsen bin - meine Heimat - zerstört wird."

Liebe? Du schreibst, dass Israelis nur Gewalt verstehen. Würde jemand schreiben, dass Araber oder Türken nur Gewalt verstehen, würde er sofort als Rassist verurteilt werden. Und mit Recht.

"Du kannst nicht einen Satz herausnehmen und behaupten, das sei das ganze Buch."

Es ist nicht nur ein Satz. Es gibt Wiederholungen. Du sagst, bei uns gibt es Gewalt, sehr viel Gewalt und nur Gewalt. Du sagst, Israel sei ein zionistisches Ghetto, ein imperialistischer, brutaler Ort, der nur an sich selbst glaubt.

"Schau Dir doch den Libanon-Krieg an. Die Menschen kehrten vom Kriegsschauplatz zurück. Es gab bestimmte Triumphe und es gab Misserfolge, darüber wurde offen gesprochen. Man würde erwarten, dass Menschen in der gesellschaftliche Mitte - und sogar rechts davon - verstehen, dass wenn ZaHaL [IDF, Israel Defense Forces =israelisches Militär Anm. d. Ü] gestattet wird, zu siegen und doch nicht siegt, dass Gewalt keine Lösung ist. Aber dann kommt: Gaza. Und wie sieht der Diskurs über Gaza aus? Wir werden sie zerschmettern, wir werden sie auslöschen. Nichts ist hängen geblieben. Nichts. Und es geht nicht nur um Beziehungen zwischen den Nationen. Siehst Du nicht, wie die Leute hier miteinander umgehen. Hör Dir die persönlichen Gespräche an. Der Grad der Gewalt auf den Straßen, die Rede der misshandelten Frauen. Betrachte das Spiegelbild des Gesichts Israels."

Du sagst, dass das Problem nicht nur in der Besetzung liegt. In Deinen Augen mutierte Israel zu etwas Grauenhaftem.

"Die Besetzung ist ein kleiner Teil davon. Israel ist eine verängstigte Gesellschaft. Bei der Suche nach dem Ursprung der zwanghaften Beschäftigung mit Gewalt und der Beseitigung ihrer Wurzeln muss man das Grauen betrachten. Und die Meta-Furcht, die primäre Ursache der Angst liegt bei den sechs Millionen Juden, die im Holocaust umkamen."

Das ist die These des Buches, und Du bist nicht der Erste, der sie aufstellt, aber Du formulierst sie sehr scharfsinnig. Wir sind psychische Krüppel, behauptest Du. Wir empfinden Angst und Schrecken und wenden Gewalt an, weil Hitler uns tiefe psychische Wunden zufügte.

"Ja".

Nun ja, hiergegen halte ich mit der Aussage, dass Deine Beschreibung verzerrt ist. Denn es ist ja nicht so, dass wir in Island leben und uns einbilden, dass wir von Nazis umzingelt sind, die in Wirklichkeit vor 60 Jahren verschwunden sind. Die Bedrohungen, die uns umgeben sind echt.

"In Wahrheit besteht die Spaltung Israels zwischen Jenen, die glauben und Jenen die fürchten. Der großer Triumph der israelischen Rechten im Ringen um Israels politischer Seele liegt in der Art und Weise, wie sie nahezu alles mit absoluter Paranoia durchtränkt haben."

Du bist herablassend und hochnäsig, Avrum. Du hast kein Einfühlungsvermögen für Israelis. Du behandelst den israelischen Juden grundsätzlich als einen Paranoiden. Aber wie das Stereotyp schon sagt, manche Paranoiker werden wirklich verfolgt. Heute da wir sprechen, verkündet Ahmadinedschad, unsere Tage seien gezählt. Er kündigt an, uns auszumerzen. Nein, Hitler ist er nicht. Aber er ist auch keine Wahnvorstellung. Er bedeutet eine echte Bedrohung. Er gehört zur realen Welt – eine Welt, die Du ignorierst.

"Ich sage, dass sich das Land Israel jetzt, zu diesem Zeitpunkt in einem traumatisierten Zustand befindet - in nahezu jeder Hinsicht. Und es geht dabei nicht nur um Theorie. Wäre unsere Fähigkeit, mit Iran umzugehen nicht besser, wenn es uns in Israel möglich wäre, der Welt zu vertrauen? Wäre es nicht in größerem Maße rechtmäßig, wenn wir dieses Problem nicht allein angingen, sondern als Teil einer weltweiten Formierung, aus zunächst den christlichen Kirchen, des Weiteren aus den Regierungen und schließlich aus den Streitkräften?
Stattdessen sagen wir, dass wir der Welt nicht vertrauen, dass man uns verlassen wird; schon sehen wir vor unserem geistigen Auge Chamberlain mit dem schwarzen Regenschirm aus München zurückkehren und wir sind die Einzigen, die die Bomben auf sie werfen."

In Deinem Buch sind wir nicht nur Opfer der Nazis. In Deinem Buch sind wir beinahe Judeo-Nazis. Du bist vorsichtig. Du sagst nicht wirklich, dass Israel Nazi- Deutschland ist. Aber Du näherst Dich diesem Vergleich. Du sagst Israel sei vergleichbar mit Vor-Nazi-Deutschland. Israel sei wie das Deutschland kurz vor der Machtergreifung der Nazis.

"Ja. Begonnen habe ich das Buch aus einer tiefen Traurigkeit heraus. In Trauer um den Verlust Israels. Der Titel des Buches war als ich es schrieb bis zuletzt 'Hitler siegte'. Ich war mir sicher, dass das Buch zu Ende geschrieben worden war. Aber allmählich erschloss sich mir eine Ebene, auf der nicht alles verloren war. Und ich entdeckte meinen Vater als Vertreter jenes deutschen Judentums, das seiner Zeit voraus gewesen war. Diese beiden Motive unterfütterten das Buch von Anfang bis zum Ende. Ich komme dabei als ein optimistischer Mensch heraus, und das Ende des Buchs ist auch optimistisch."

Das Ende mag optimistisch sein, jedoch durchläuft die Gleichsetzung Israels mit Deutschland das gesamte Buch - wieder und wieder. Ist das wirklich gerechtfertigt? Gibt es eine ausreichende Grundlage für die Analogie Israel - Deutschland?

"Dies ist keine exakte Wissenschaft, aber ich werde einige der Zutaten beschreiben, die in diesen Eintopf gelangen: ein hochintensives Erleben nationaler Kränkung; das Gefühl, dass die Welt uns zurückgewiesen hat; unerklärte Verluste in Kriegen. Und, als Resultat, das zentrale Element des Militarismus in unserer Identität. Der Status von Reservisten in unserer Gesellschaft. Die Anzahl bewaffneter Israelis auf unseren Straßen. Wohin strebt dieser Schwarm bewaffneter Leute? Die Schmähungen in der Öffentlichkeit: 'Araber raus'."

Was Du dann letztendlich behauptest, ist, dass wir die Viren des Nazismus in uns tragen.

"Der Begriff 'Nazismus' ist in extremer Weise belastet."

Avrum Burg schreibt in seinem neuen Buch: "Es ist manchmal schwer für mich zwischen dem primitiven National-Sozialismus und einigen nationalen kulturellen Glaubenssätzen der Gegenwart zu unterscheiden.

"Es gibt einen Unterschied zwischen der Aussage 'Nazi' und der Aussage 'National-Sozialist'. Nazi ist ein ultimatives Symbol; in unserem Erleben führt es und ist es verortet in einer bitteren Endgültigkeit."

OK, lassen wir den Nazismus. Sind Sie beunruhigt über ein faschistisches Debakel in Israel?

"Ich denke, dazu ist es bereits gekommen."

Glaubst Du wirklich, dass die in der Tat rassistischen Parolen, die - und das ist wirklich erschreckend - auf den Gehwegsteinen in Jerusalem auftauchen, mit den Parolen der 1930er in Deutschland verwandt sind?

"Meine Wahrnehmung ist, dass wir diese Äußerungen nicht mit all unseren Kräften ausmerzen. Und ich vernehme Stimmen, die von Sederot kommen... Wir werden vernichten und töten und vertreiben. Und dann gibt es den Umsiedlungs-Diskurs in der Regierung... In den letzten paar Jahren haben wir so oft grenzwertige Schritte getan, dass man sich fragt, welches die nächsten grenzwertigen Schritte sein werden, die wir unternehmen."

Im Buch beantwortest Du Deine eigene Frage. "Ich habe das ziemlich starke Gefühl," schreibst Du, "dass es gut möglich ist, dass es in Zukunft in Israel eine Knesset gibt ... die sexuelle Beziehungen mit Arabern untersagen, Araber auf administrativem Wege daran hindern wird, jüdische Reinigungsfrauen und Arbeiter einzustellen ... wie bei den Nürnberger Gesetzen ... All das wird und ist bereits geschehen." Bist Du da nicht ein bisschen zu weit gegangen, Avrum?

"Als ich Knessetsprecher war, hörte ich den Leuten bei ihren Unterhaltungen zu. Ich führte tiefe Gespräche mit Mitgliedern aller Abteilungen des Hauses. Leute die für Frieden waren hörte ich sagen: "Ich will Frieden, weil ich die Araber nicht ausstehen kann, ich kann ihren Anblick nicht ertragen, kann sie nicht tolerieren". Und ich hörte, wie Leute vom rechten Flügel sich im kahanistischen Sinne äußerten. Kahanismus [bezieht sich auf die ultranationale Doktrin des Rabbi Meir Kahane] ist in der Knesset vorhanden. Zwar wurde diese Strömung als Partei disqualifiziert, aber 10 und möglicherweise 15 und möglicherweise sogar 20 Prozent des jüdischen Diskurses in der Knesset konstituieren den Kahanismus. Diese Angelegenheiten sind alles andere als einfach - es ist ein kochendes Meer."

Ich bin ganz offen. Meiner Ansicht nach haben wir schwerwiegende moralische und psychologische Probleme. Aber ich meine, dass ein Vergleich mit Deutschland am Vorabend des Aufstiegs zur Macht des Nazismus ohne Grundlage ist. Ein Beispiel: Es gibt ein Problem mit dem Raum, den das Militär in unserem Leben und die Generäle in unserer Politik einnehmen; problematisch sind auch die Beziehungen zwischen den politischen Rängen und dem Militär. Aber der Vergleich zwischen dem israelischen Militarismus mit dem deutschen Militarismus hinkt schlichtweg. Du beschreibst Israel als eine Art preußisches Sparta, das durch das Schwert lebt; und das ist nicht das Israel, das ich hier draußen sehe. Sicherlich nicht im Jahr 2007.

"Ich beneide Deine Fähigkeit, eine Situation so zu deuten, wie Du das tust. Ich beneide Dich sogar sehr. Aber ich meine, wir sind eine Gesellschaft, die gefühlsmäßig durch das Schwert lebt....
Mein Vergleich mit Deutschland ist kein Zufall, weil unser Gefühl, dass wir durch das Schwert leben müssen, von Deutschland herrührt. Was man uns dort während der 12 Jahre Nazismus genommen hat, verlangt nach einem sehr großen Schwert.

Schau Dir den Zaun an. Der Trennungszaun ist ein Zaun gegen Verfolgungsangst. Und er nahm seinen Ursprung in meinem Milieu. Rührt her von meiner Denkströmung. Kommt von meinem Freund Chaim Ramon. Welches Denken liegt dem zugrunde? Dass ich eine riesige Mauer errichte und das Problem ist gelöst - weil ich die Leute nicht sehe. Die Labor-Bewegung behielt bisher immer den historischen Zusammenhang im Blick und stand für eine Kultur des Dialogs - aber was wir hier haben ist eine fürchterliche seelische Kleinkariertheit. Der Zaun ist eine physische Demarkationslinie für das Ende Europas. Sie besagt: Hier endet Europa. Sie besagt: Man ist die Vorhut, der Vorposten Europas, und der Zaun trennt einen von den Barbaren. Wie die Römische Mauer. Wie die Chinesische Mauer. Aber das ist so erbärmlich. Und es ist ein Scheidungsdokument von der Vision der Integration. Es liegt etwas so Fremdenfeindliches darin. Es ist so verrückt. Und es kommt zu einer Zeit, in der Europa selbst und die Welt im Gleichklang mit Europa, solch beeindruckende Fortschritte hinsichtlich der Verinnerlichung dessen, was aus dem Holocaust zu lernen ist, gemacht hat; Europa hat einen beachtlichen Fortschritt im normativen Verhalten von Nationen angestoßen."

Fortsetzung: Teil 3...

hagalil.com 22-07-2007

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