Israel - Syrien:
Schmusen mit dem ungeliebten Nachbarn
Am Umgang mit Syrien zeigt sich, wie schwach die
Regierungen im Nahen Osten gegenwärtig sind
Von Thorsten Schmitz
Der innerpalästinensische Machtkampf zwischen Hamas und Fatah lähmt die
Nahost-Region. Die beiden Gruppen kämpfen wieder mit voller Gewalt um die
Herrschaft, als hätte es die unter saudi-arabischer Vermittlung zustande
gekommene Einigung nie gegeben. Premierminister Ehud Olmert, der nach der
massiven Kritik an seiner Kriegsführung im Libanon dringend einen Erfolg
braucht, kann derzeit mit den Palästinensern nicht verhandeln, selbst wenn
er wollte.
Das erklärt auch die Absage des für diesen Donnerstag geplanten Treffens mit
Palästinenserpräsident Machmud Abbas. Abbas gilt in Israel als zu schwach,
um sich im palästinensischen Bruderkrieg zu behaupten, geschweige denn einen
Stopp des Raketenbeschusses durchsetzen zu können. Und immer, wenn Gespräche
mit den Palästinensern ausgesetzt werden, zaubert Israel die syrische Karte
aus dem Hut und erörtert die Zukunft der im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberten
und später annektierten Golan-Höhen.
Das ist ein Grund für Olmerts Schmusekurs gegenüber Damaskus. Erst am
Mittwoch gab er nach einem Treffen des Sicherheitskabinetts die Losung aus,
Israel wolle mit Syrien in Frieden leben. Flankiert werden die milden Töne
mit Empfehlungen aus der Armeeführung, eine Appeasement-Politik gegenüber
dem soeben wiedergewählten syrischen Staatschef Baschar al-Assad
anzustreben. Auch dieser hat in jüngster Zeit mehrfach erklärt, er wolle
Frieden, keinen Krieg.
Zwar übt die israelische Armee in diesen Tagen im Süden des Landes die
Scheineroberung syrischer Dörfer, hat Syriens Armee erstmals seit Jahren
wieder ein groß angelegtes Training absolviert und das US-Außenministerium
erklärt, es gebe kaum Hinweise, dass Syrien eine konstruktive Rolle bei der
Schaffung einer sichereren Region einnehmen wolle. Doch selbst
US-Außenministerin Condoleezza Rice hat durch ein immerhin dreißigminütiges
Gespräch mit ihrem syrischen Amtskollegen im Mai die US-Devise ignoriert,
wonach Washington so lange Syrien isolieren werde, solange es die
Terrorgruppen Hisbollah und Hamas fördere. Dahinter steckt die Überlegung,
Syrien als Hauptsponsor von Hisbollah, Hamas und Islamischem Dschihad zu
umgarnen. Auch will man das mehrheitlich sunnitische Syrien aus den Klauen
des schiitischen Iran drängen und eine Annäherung von Damaskus an die
moderaten sunnitischen Staaten Ägypten und Jordanien erreichen.
Für Olmert ist der Kontakt zu Syrien sinnvoll, weil ihm dadurch nicht
vorgeworfen werden kann, er habe die saudi-arabische Initiative ignoriert.
Der arabische Friedensplan ist für Israel inakzeptabel, weil er ein
Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge fordert und einen kompletten
israelischen Rückzug aus dem Westjordanland. Israel aber fürchtet nach einem
Rückzug aus dem Westjordanland einen Raketenbeschuss à la Gaza. Schon eine
einzige Rakete auf Israels einzigen internationalen Flughafen nahe Tel Aviv
könnte das Land von der Außenwelt abschneiden - ein Horrorszenario.
Andererseits kann es sich Israel nicht leisten, im Friedensprozess untätig
zu bleiben, während arabische Staaten sich moderat zeigen und
Kompromissangebote machen.
Die Avancen gegenüber Syrien sind also auch aus der Not geboren. Für Syriens
Offenheit gegenüber Friedensgesprächen sprechen auch die Treffen eines
früheren Mitarbeiters des israelischen Außenministeriums mit einem von
Assads Regierung autorisierten US-Syrer zwischen 2004 und 2006. Am Ende
wurde eine Art Friedensvertrag präsentiert, der die Umwandlung der
Golan-Höhen in ein Naherholungsgebiet unter internationaler Obhut vorsah.
Syrien war daraufhin an Gesprächen auf Regierungsebene interessiert, der
damalige Premierminister Scharon winkte aber ab. Er war vollauf beschäftigt
mit dem Gaza-Rückzug.
(Von Thorsten Schmitz, Süddeutsche Zeitung
v.
8.6.2007)
Mit freundlicher Genehmigung der
Süddeutschen Zeitung und der
DIZ München
GmbH
hagalil.com 10-06-2007 |