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Am 9. November 2006 wurde die neue Münchner Hauptsynagoge Ohel Jakob mit einem Festakt eröffnet.


Fotos: http://www.gral-gmbh.de


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Der Gedenkgang für die Opfer der Schoah
Fotograf: Roland Halbe


Fotograf: Roland Halbe

9. November 2006
Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber anlässlich der Eröffnung der neuen Münchner Hauptsynagoge am Jakobsplatz, am 09. November 2006

- Manuskriptfassung -

„Zelt Jakobs“ – dieser Name der neuen Hauptsynagoge ist ein Symbol der Heimkehr und des Neubeginns. Er steht nicht nur für einen Gottestempel, in dem bereits der Blick auf das lichtdurchflutete Zeltdach die Nähe Gottes offenbart. Dieser Name und das hier am Jakobsplatz neu entstandene Ensemble von Hauptsynagoge, Gemeindezentrum und Museum signalisieren die Rückkehr des jüdischen Lebens in das Herz der Münchner Altstadt.

Es erfüllt mich als bayerischer Ministerpräsident, aber auch ganz persönlich, mit großer Freude und tiefer Dankbarkeit, heute mit Ihnen die neue Münchner Hauptsynagoge und das neue Gemeindezentrum hier auf dem Jakobsplatz zu eröffnen.

Vor gut zwei Wochen war ich in Würzburg bei der Einweihung des Neuen Jüdischen Gemeinde- und Kulturzentrums „Shalom Europa“. Zum Rahmenprogramm gehörte das wunderbare Lied „Das Haus meiner Träume“ von der israelischen Künstlerin Naomi Shemer. Für die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern ist dieser Traum heute in Erfüllung gegangen. Sie hat hier in unmittelbarer Nähe von Rathaus und Frauenkirche ein neues Zuhause gefunden. Das macht den 9. November 2006 zu einem Tag der Hoffnung und der Versöhnung für alle jüdischen und nichtjüdischen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

Natürlich gehen in dieser Stunde unsere Gedanken 68 Jahre zurück auf jenen unsäglichen und bedrückenden 9. November 1938. In ganz Deutschland brannten die Synagogen. Jüdische Geschäfte wurden geplündert, Friedhöfe verwüstet. Jüdische Bürger misshandelt und ermordet. Hier in München wurde auf Befehl Hitlers sogar schon fünf Monate früher, am 9. Juni, die Hauptsynagoge in einem Willkürakt zerstört.

Die Gewaltexzesse von 1938 markieren den ersten Höhepunkt einer Gewaltspirale, die im Holocaust und im Tod von Millionen Menschen mündete. Ich verneige mich in tiefer Trauer vor den jüdischen Opfern hier aus München und Oberbayern. Ihre Namen leben fort - im „Gang der Erinnerung“ und in unserem gemeinsamen Gedenken.
Die schrecklichen Traumata der Holocaust-Überlebenden, ihr persönlich erfahrenes Leid sind und bleiben unfassbar. Umso mehr grenzt es an ein Wunder, dass einige wenige von ihnen in Deutschland, in Bayern geblieben sind. Aus ihrem unerschütterlichen Glauben heraus haben sie wieder jüdische Gemeinden errichtet – hier in München, aber auch in vielen anderen Orten Bayerns. So konnten jüdisches Leben und jüdische Kultur bei uns trotz der Shoa erneut Wurzeln schlagen.

Heute sind Synagogen und jüdische Gemeinden wieder Teil unserer Städte und unserer Gesellschaft. Sie sind das sichtbare Zeichen für ein über sechs Jahrzehnte hin gewachsenes Vertrauen in unsere Demokratie und in die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Wir sind sehr dankbar für dieses Vertrauen. Wir freuen uns, dass Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens in unserer Heimat wieder ein geistiges, kulturelles und religiöses Zuhause gefunden haben. Sie sind eine große Bereicherung für unser Land.

Diese Bereicherung wird hier am Jakobsplatz sichtbar und erfahrbar. Hier kann sich Gemeindeleben in seiner ganzen Fülle und Breite entfalten. Hier treffen Jung und Alt, Juden und Nichtjuden aufeinander. Krabbelgruppe, Kindergarten, Grundschule, Jugend- und Seniorenclub, aber auch der Hubert-Burda-Saal machen das jüdische Gemeindezentrum zu einem Ort, von dem wertvolle Impulse für das soziale und kulturelle Miteinander in dieser Stadt ausgehen werden. Die gesamte Baukomposition lädt ein zum Kommen, zum Verweilen, zum Dialog.

Wer baut, vertraut auf Stabilität, auf Sicherheit, auf Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat. All diese hohen und wertvollen Güter, die wir als Christen und Juden teilen, müssen immer wieder aufs Neue errungen und verteidigt werden.

Der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer hat einmal gesagt: „Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif, man muss etwas dafür tun – und wenn es nur das ist, ein Hakenkreuz wegzuwischen, denn unter diesem Symbol sind mehr als 50 Millionen Opfer zu beklagen.“

Diese zentrale Botschaft jungen Menschen zu vermitteln, ist unser Auftrag. Unser Land braucht eine wachsame, eine wehrhafte und lebendige Demokratie. Wir müssen alles daran setzen, dass rechtsradikale Demagogen und Holocaustleugner bei uns in Deutschland nie wieder Gehör finden.

Wegsehen, innere Distanz, Gleichgültigkeit sind oft größere Feinde der Demokratie als ihre aktiven Gegner.

Die Berliner Republik ist gewiss nicht die Weimarer Republik. Es muss uns aber alle aufrütteln, wenn die Hälfte unserer Bevölkerung mit der Demokratie nicht mehr zufrieden ist. Eine Demokratie braucht Demokraten, und zwar aufgeschlossene, aktive Demokraten, die bei Schwierigkeiten, die es immer geben wird, mit ihren Ideen, mit positiven Ansätzen zu Lösungen beitragen. Pauschalkritik ist immer leicht. Nach Lösungen für das Allgemeinwohl zu suchen, erfordert dagegen oft immense Anstrengung. Die Demokratie braucht couragierte Menschen. Sie braucht Bekenntnis und Engagement.

Unsere Demokratie muss vor allem auch eine geschichtsbewusste Demokratie sein. Die Menschen müssen wissen, aus welch schmerzvoller Vergangenheit heraus unsere Demokratie entstanden ist. Es ist ein notwendiges Wissen gegen das Vergessen, Verdrängen und Verleugnen.
Daher sind Orte des Denkens und Nachdenkens wichtig, wie z. B. das hier in München geplante neue Dokumentationszentrum oder die „DenkStätte Weiße Rose“ in der Ludwig-Maximilian-Universität.

Hier erfahren junge Menschen, wie wichtig Menschenwürde, Freiheit und Toleranz für das friedliche Zusammenleben der Menschen sind. Nur so sind sie bereit, auf Rechtsradikalismus, Antisemitismus und andere ideologische Pervertierungen mit Zivilcourage und einem entschlossenen „Nie wieder!“ zu antworten.

Wir dürfen zu rechtsradikalen und antisemitischen Tendenzen in unserem Land nicht schweigen. Wer den Anfängen wehren will, muss hinsehen und Position beziehen. Aktuelle Vorfälle auf Schulhöfen in Sachsen-Anhalt oder bei Sportveranstaltungen sind schockierende Warnsignale. Hier ist die gesamte Zivilgesellschaft gefordert, Gesicht zu zeigen und zu sagen: So nicht!

Wir müssen aber auch positive Ereignisse hervorheben. Unsere Jugend braucht motivierende Vorbilder, um sich mit unserem Staat zu identifizieren. Und diese gibt es, und zwar nicht wenige, wie die Verleihung des Simon-Snopkowski-Preises vor vier Wochen hier in München gezeigt hat.
Hier haben sich viele Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Schulwettbewerbs mit der jüdischen Vergangenheit in unserem Land beschäftigt. Solche Jugendliche dürfen uns optimistisch stimmen. Sie sind Hoffnungsträger für ein von Toleranz getragenes Miteinander.

Die Anfangsbuchstaben der Zehn Gebote am Eingangsportal der neuen Synagoge erinnern uns an unsere gemeinsamen religiösen Wurzeln. Der Dekalog lehrt uns Verantwortung vor Gott und unseren Mitmenschen. Diese Verantwortung müssen wir gerade als Erwachsene leben und vorleben.

Golo Mann hat einmal gesagt:
„Humanität ohne Glauben ist wie eine Blume, der die Wurzel fehlt.“

Wenn wir unser religiöses Erbe an unsere Kinder weitergeben, legen wir den Samen für eine humane Gesellschaft. Humanität und lebendiger Glaube schaffen feste Wurzeln für den gemeinsamen Weg der Verständigung, der Versöhnung und der Freundschaft in eine friedliche Zukunft.

Der jüdische Gemeindekomplex hier am Jakobsplatz ist Ausdruck für diese Freundschaft. Denn an diesem Bau haben viele mitgewirkt, gerade auch die Bürgerinnen und Bürger aus München und Bayern mit ihren Spenden. Mein Dank gilt Ihnen, sehr geehrter Herr Strötgen. Als Vorsitzender des Kuratoriums haben Sie unermüdlich Spenden gesammelt. Danken möchte ich aber auch Ihnen, sehr geehrter Herr Burda, für Ihre großzügige private Spende und natürlich Herrn Oberbürgermeister Ude sowie der Landeshauptstadt München für die gute Zusammenarbeit bei diesem großen Werk. Auch der Freistaat Bayern hat aus verschiedenen Programmen rund 12 Mio. € für dieses Bauvorhaben der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern bereitgestellt.

Mein besonderer Dank gilt Ihnen, verehrte Frau Knobloch! Seit nunmehr 21 Jahren investieren Sie viel Lebenszeit und -energie, damit die Gläubigen der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ein religiöses und soziales Zuhause finden. Zusammen mit Ihrer jüdischen Gemeinde haben Sie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wertvolle Integrationsarbeit geleistet und über 4500 jüdischen Bürgern aus der ehemaligen Sowjetunion eine neue Heimat gegeben.

Verehrte Frau Knobloch, Sie suchen und fördern den Dialog – und zwar weit über die Grenzen Bayerns hinaus, sei es als Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses oder nun auch als Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Das macht Sie zur Botschafterin der deutsch-jüdischen Aussöhnung. Für dieses bewundernswerte persönliche Engagement sage ich Ihnen ein herzliches Vergelt’s Gott. Der heutige Tag ist ein großer Tag - für Sie persönlich und für die jüdische Gemeinde in München.

Vor zwei Wochen haben Sie, Frau Knobloch, bei der Einweihung von „Shalom Europa“ in Würzburg betont:
„Wer baut, der bleibt.“

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern hat gebaut. Mit ihrem „Zelt Jakobs“ legt sie den Grundstein für eine gemeinsame Zukunft in Freundschaft und Frieden. Ich wünsche allen, die den Jakobsplatz zu einem Ort der Begegnung und des Dialogs machen, Gottes Segen.

hagalil.com 23-11-2006

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