Israelische Aufklärungsflüge:
Verbale Eskalation im Libanon
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem Der
französische UNIFIL-Befehlshaber Alain Pellegrini im Südlibanon drohte
schon, israelische Flugzeuge abzuschießen, falls sie weiterhin den Libanon
überfliegen und so die Souveränität des Zedernlandes verletzen. Die
UNO-Resolution 1701 sehe ein Ende aller Kämpfe, einen Rückzug aller
israelischen Truppen vor und so auch ein Ende der Aufklärungsflüge über
Libanon. Frankreichs Verteidigungsministerin
Michèle Alliot-Marie äußerte ebenfalls Kritik an Israel: "Die Verletzungen
des libanesischen Luftraums sind sehr gefährlich. Sie könnten als Bedrohung
der UNO-Truppen aufgefasst werden und die könnten mit einer legitimen
Verteidigung reagieren." Im Augenblick verfüge die UNIFIL nur über
Panzer-Abwehrraketen. Aber Befehlshaber Pellegrini soll in New York schon um
Artillerie gebeten haben, um auf die israelischen Flugzeuge schießen zu
können. Ebenso habe er um eine Korrektur des Mandats der UNO-Truppen
gebeten, um für einen Beschuss der israelischen Maschinen ermächtigt zu
sein.
Auch die Amerikaner üben Druck auf Israel aus, die Aufklärungsflüge zu
stoppen. Sie boten Israel Zugang zu ihren Spionagesatteliten zu, als Ersatz
für direkte israelische Aufklärung mit eigenen Flugzeugen.
Eine israelische Zeitung berichtete am Sonntag, dass Israel tatsächlich ein
Ende der Flüge erwäge. Doch während der Kabinettssitzung ließ
Verteidigungsminister Amir Peretz keinen Zweifel an der Absicht, die eigene
Aufklärung über Libanon fortzusetzen. Israel habe zahlreiche Beweise und
Hinweise dafür, dass Syrien sich verstärkt darum bemühe, wieder Waffen für
die Hisbollah in den Libanon zu schmuggeln. Deshalb müsse Israel die
Landgrenze zwischen beiden Ländern überwachen. Zudem, so Israel, sei die
UNO-Resolution 1701 noch nicht umgesetzt worden. So sei die Hisbollah-Miliz
nicht entwaffnet worden, wie das die Resolution fordert. Vor einigen Tagen
wurde zudem aus Libanon berichtet, dass Hisbollah-Kämpfer Soldaten der
UNIFIL im Südlibanon den Zugang zu ihren Trainingslagern verboten habe. Nach
mehrstündigen Diskussionen seien die französischen UNO-Soldaten
unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Dabei verbietet die UNO-Resolution
eigentlich der Hisbollah, weiterhin im Südlibanon militärische Einrichtungen
zu unterhalten.
Gemäß israelischen Presseberichten habe die libanesische Armee sich an
Frankreich und Italien gewandt, um Luftabwehrraketen vom Typ Astre-15 zu
erwerben. Gemäß diesem Bericht fürchte Israel vor Allem, dass solche Raketen
dann in die Hände der Hisbollah geraten und israelische Flugzeuge gefährden
könnten.
Derweil hat der israelische Minister Jakov Edri in der Knesset eingestanden,
dass die israelische Armee während des Libanonkrieges auf Phosphorbomben
eingesetzt habe. Er sagte nicht, wo, wann und in welchem Umfang. Der
Militärsprecher hatte Anfang August auf Anfrage dieses Korrespondenten den
Einsatz von Phosphor dementiert. Eine erneute Anfrage beim Militärsprecher,
ob denn nun das Militär oder aber der Minister, der im Namen der Regierung
gesprochen habe, die Wahrheit spreche, wird noch vom Militärsprecher
"geprüft" und werde "umgehend" beantwortet.
Ein libanesischer Arzt Dr. Hussein Hamud al-Shel, vom Dar al-Amal Hospital
in Ba'albek sprach während des Krieges von schwarz verbrannten Leichen und
behauptete, dass sie von israelischen Phosphor-Bomben getroffen worden
seien. Ein Team des Südwestfunks der ARD ist der Sache nachgegangen und
hatte versiegelte Hautproben der Opfer nach Deutschland mitgenommen, um sie
dort an unabhängigen Instituten untersuchen zu lassen. Es stellte sich
"einwandfrei" heraus, dass die Verfärbung der Haut von Russ eines Feuers und
nicht von Phosphorverätzungen stammte. So gibt es bis heute keinen Beweis
aus Libanon, dass Menschen von israelischem Phophor getroffen wurde.
Phosphor wurde angeblich als Leuchtmarkierung verwendet um jene Stellen zu
kennzeichnen, wo israelische Kampfflugzeuge ihre Bomben abwerfen sollten.
Wie die umstrittenen Streubomben ist auch der Einsatz von Phophor gemäß
internationalem Recht nicht offiziell geächtet. So befinden sich Streubomben
auch in den Arsenalen der Bundeswehr und wurden von der NATO im Kosovo
eingesetzt. |