Interview mit Botschaftsrat Joel Lion:
"Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag"
Interview für haGalil: Azad Abramov, 29.09.2006
Joel Lion ist Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Botschaft
des Staates Israel in Berlin. |
haGalil: Sie haben kürzlich in Ihrem Grußwort
anlässlich einer Konzertveranstaltung in München die Deutschen Massenmedien
scharf kritisiert. Was denken Sie, warum haben Ihrer Meinung nach deutsche
Journalisten und Reporter die Bilder dieses Krieges einseitig zu Gunsten des
Libanon gezeigt?
Joel Lion: Weil die meisten Nachrichtenagenturen mehr
Bilder aus Libanon als aus Israel verschickt haben. Auch denke ich, dass es
mit dem alten Syndrom David und Goliath zu tun hat, denn Mitleid hat man
immer mit dem, von dem man denkt, er sei der Schwächere.
Eine Sendung des BR haben Sie gelobt. Was war an dieser
Sendung anders?
Ich habe über eine Reportage von Herrn Kraa gesprochen,
die ausdrücklich gezeigt hat, welche Verwüstung und welche traumatische
Auswirkung die Einschläge der Katyusha-Raketen hinterlassen haben.
Der Chef der Hisbollah, Scheich Hasan Nasrallah hat bei
der letzten Demonstration geäußert, dass niemand seine Armee entwaffnen
kann. Wie können die UNIFIL-Truppen ihre Aufgabe ausüben?
Das Mandat der UNIFIL-Truppe beruht auf der
UN-Sicherheitsrat-Resolution 1701 und 1559, die ausdrücklich das
Gewaltmonopol in den Händen des libanesischen Staates vorsieht. Es ist nur
im Interesse des Libanons, dass die UNIFIL-Truppen ihre Aufgabe ausüben
sollen.
Wie stehen Sie zum Libanon-Einsatz der Bundeswehr?
Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag, um
Waffenschmuggel über das Meer zu verhindern. Wir machen uns aber große
Sorgen im Hinblick auf die Überwachung der syrisch-libanesischen Landgrenze,
über die der Hauptstrom des Waffenschmuggels läuft. Die Hauptfrage ist, ob
Syrien einen positiven Beitrag zur Implementierung der UN-Resolution leisten
will und ein grundsätzliches Interesse an der Stabilisierung des Libanon
zeigt. Die Bilanz der letzten Jahrzehnte macht uns da sehr skeptisch.
Darüber hinaus stellt sich die Frage an den zweiten großen Lieferanten und
Unterstützer der Hisbollah, den Iran: Entwickelt Teheran ein Interesse an
der langfristigen Stabilisierung des Libanon?
Wann kommen die israelischen Soldaten nach Hause?
Wir hoffen, dass alle Mitglieder der internationalen
Gemeinschaft ihren Einfluss geltend machen, um so schnell wie möglich dieses
humanitäre Problem zu lösen. Eldad Regev, Ehud Goldwasser und Gilad Shalit
wurden unprovoziert von israelischem souveränen Gebiet gewaltsam entführt.
Deshalb muss man sie sofort – ohne Bedingungen – nach Hause schicken.
Themenwechsel: kürzlich hat Mecklenburg-Vorpommern
gewählt. Die NPD hat 7,5 Prozent der Plätze im Landtag gewonnen. Sehen Sie
darin eine gefährliche Entwicklung in Deutschland? Kann das Ihrer Meinung
nach auch in anderen Bundesländern geschehen?
Es ist nicht üblich, deutsche innere Angelegenheiten zu
kommentieren, aber ich weiß, dass Deutschland starke demokratische
Institutionen in den letzten 60 Jahren aufgebaut hat und dass diese und die
Zivilgesellschaft ihren Beitrag leisten werden, den populistischen Parteien
keinen Nährboden für ihre rassistischen und antisemitischen Programme zu
geben.
Was bedeutet das für die Juden in Deutschland für die
Zukunft?
Jeder Jude ist frei zu wählen, wo er leben will. Aber als
Jude und Zionist bin ich der Auffassung, dass der einzige Ort, wo man stolz
und frei sein Judentum leben kann, der Staat Israel ist. Es muss klar sein,
dass nur ein starkes Israel versichern kann, dass es der Jude ist, der
entscheiden kann, wo er leben möchte, und es eben nicht der Antisemit ist,
der es ihm vorschreibt, wo er leben soll.
Am 09. November 2006 wird das neue jüdische
Kulturzentrum am Jakobsplatz in München eröffnet. Sehen Sie darin ein
positives Zeichen für das jüdische Gemeindeleben in Deutschland?
Wie schon vorher erwähnt – der Platz der Juden ist in
Israel. Aber wenn einige gewählt haben, hier zu leben, sollen sie es in
Akzeptanz, Toleranz und Respekt tun. Wenn sie also diese Entscheidung
getroffen haben, so soll das neue Kulturzentrum den Juden in München all
jene Angebote offerieren, um ihnen ein jüdisches Leben zu sichern.
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