Sind Israelis ein
Tätervolk?:
Harald Haas gibt dem Eckart ein Interview
Von Karl Pfeifer
Sind Israelis ein Tätervolk?
So untertitelt die rechtsextreme Zeitschrift "Der Eckart" ihre letzte
Ausgabe (9/2006). Sonst beklagen sie gerne wehleidig, man unterstelle
angeblich dem deutschen (und österreichischen) Volk Kollektivschuld, doch
wenn es um Israel geht, haben sie keine Hemmung diese Keule tatsächlich
einzusetzen.
Die
Schriftleitung – d.h. auf völkisch die Redaktion – bemerkt bereits in der
Einleitung, dass Israel "über eine wirksame Propagandamaschinerie
weltweit" verfügt "und nicht zuletzt über
Freunde, die mächtig und wahrscheinlich auch hörig sind."
Renate Bauer fragt: "Darf Israel alles?" und
"Wer sind eigentlich die Extremisten auf jüdischer Seite?
Global gesehen sind es angeblich die Vertreter der Holocaustindustrie, auf
regionaler Ebene ist es, glaubt man der Berichterstattung, ein rassistischer
Nationalzionismus".
Hätte
Israel wirklich eine wirksame Propagandamaschinerie dann gäbe es keine
Berichterstattung über Vertreter der Holocaustindustrie. Völkische
Antisemiten kümmern sich nicht um die Realität, sie wissen was ihre Leser
von ihnen erwarten. Da gibt es eine Weltverschwörung und die Machthaber der
Welt sind entweder selbst Juden oder wenigsten "hörig". Implizit klingt da
mit, die Nationalsozialisten waren gar nicht so übel, die Israelis begehen
schlimmere Verbrechen.
Doch
all dies ist lediglich Einleitung für ein Gespräch mit Dr. Harald Haas, der
noch vor kurzer Zeit immer wieder in Ö1 Journalen – meistens sehr tendenziös
– aus Gaza berichten konnte. Jetzt ist der 1965 geborene Politologe
und Psychologe, nach Einsatz für Außen- und Verteidigungsministerium als
Beobachter für UNO und EU im Nahen und Mittleren Osten und mehrjährigen
Aufenthalt in dieser Region "Lektor an der Universität Innsbruck".
Haas:
"Am Anfang einer jeden nachhaltigen friedlichen Lösung muß das Zugeständnis
stehen, daß die arabischen Völker im Nahen Osten ihr Leben führen."
Als ob jemand diese hindern würde ihr Leben so zu führen, wie sie es
einrichten.
Aber
es kommt noch der "Lebensraum": "Eine nachhaltige Lösung kann sicherlich
nur darin bestehen, den arabischen Völkern in ihrem Lebensraum zuzugestehen,
auf ihre Art und Weise zu leben, sich auf ihre Art und Weise zu organisieren
und ihre politischen Systeme selbst zu wählen."
Haas
sieht "Israel als das sicherlich agressivste [sic!] Land und als
die größte Bedrohung des Friedens. Ein Staat, der seine innen- und
außenpolitische Ziele mit Gewalt verfolgt."
Auf
die Frage des Eckart, ob "Israel weiter alles mit dem Holocoust
[sic!] rechtfertigen" könne, antwortet der "Nahostexperte": "Das
wird es immer tun."
Enden
lässt Haas das Interview mit der Behauptung wonach die "Juden von Opfern
zu Tätern geworden" seien. Das ist sekundärer Antisemitismus.[1]
In
der gleichen Ausgabe des Eckart wird auch für das Buch "Frontsoldat
Hitler – Der Freiwillige des Ersten Weltkrieges" geworben, indem Hitler
bestätigt wird, "weder feige als Soldat, noch ein Dilettant als Zeichner
und Maler" gewesen zu sein. Das Buch so der Rezensent sei
"geeignet als Reiseführer für Interessierte."
Walter Lüftl holt wieder einmal das als Fälschung entlarvte
"Lachout-Dokument" hervor, das im November 1987 im Neonaziblatt Halt
unter dem Titel "Mauthausenbetrug amtsbekannt!" publiziert wurde und
beweisen sollte, dass es im "Altreich" und in der damaligen "Ostmark" zu
keinen Gaskammermorden gekommen sei.
Lüftl
hat in der gleichen Ausgabe des Eckart auch einen Leserbrief
publiziert und kommentiert die Aussage von Raul Hilberg, wonach man nur 20%
über den Holocaust weiß. "Ich stelle Herrn Hilberg das Angebot, ihm bei
der Suche nach den restlichen 80% gerne behilflich zu sein. Ich bin als
Techniker sehr gut informiert, darf dieses Wissen aber nach § 3h nicht
öffentlich verbreiten."
Offensichtlich hat Dr. Harald Haas, Lektor an der Universität Innsbruck,
kein Problem in solcher Umgebung veröffentlicht zu werden.
Anmerkung: (1)
Juliane Wetzel bringt es auf den Punkt: "Die zweifellos legitime Kritik an
der israelischen Politik und Regierung überschreitet dann eine Grenze zum
Antisemitismus, wenn das Existenzrecht des Staates Israel in Frage gestellt
oder gar negiert wird, eine Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus
erfolgt oder Vergleiche zwischen dem nationalsozialistischen Völkermord an
den Juden und dem Vorgehen des israelischen Militärs gezogen werden, womit
häufig eine Umkehr der Täter-Opfer-Rolle einhergeht. Festzuhalten gilt auch,
daß an Israel im Vergleich zu anderen Staaten, nicht selten ein double
standard angelegt wird. Damit wird der traditionelle Antisemitismus in
eine neue, weniger delegitimierte Form übersetzt, die heute in Europa bis
hinein in den politischen Mainstream benutzt wird." (Die EU und der
Antisemitismus, in Tel Aviver Jahrbuch 2005 für deutsche Geschichte, Seite
104) Dieses Phänomen wird von der Wissenschaft als "sekundärer
Antisemitismus" bezeichnet. |