Zusammenprall der Religionen:
Der Papst und die Abkopplung
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 29.09.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Es ist irritierend zuzusehen wie sich Papst Bennedikt XVI.
dreht und windet, weil er einen byzantinischen Kaiser zitierte, der einst
sagte, der Prophet Mohammed habe den Befehl gegeben, den Islam durch das
Schwert zu verbreiten. Es ist schwer zu glauben, dass der Anführer von einer
Milliarde Katholiken vor seinen eigenen Worten Angst bekommt und sich
überschlägt, um die Folgen in Grenzen zu halten und um die Moslems (beinahe
20 Millionen allein in Europa) zu besänftigen.
Nach dem Anschlag auf die Zwillingstürme beschrieb der
New-York-Times-Kolumnist Thomas Friedman die Situation als Zusammenprall der
Zivilisationen. Vielleicht ist es das auch. Doch jeder, der die Werke von
Bernard Lewis –ein Mann, der den Islam besser kennt als irgendjemand sonst-
gelesen hat, wird realisieren, dass ein Zusammenprall der Religionen der
Sache näher kommt. Im Prinzip hatte der byzantinische Kaiser bezüglich
seiner eigenen Zeit Recht und er hat auch heute Recht. Heutzutage ist der
Islam sogar noch gewalttätiger, noch radikaler und noch provokativer als er
es in der byzantinischen Ära war.
Religiöser Fanatismus ist eine ansteckende Krankheit. Wenn der Präsident des
Iran davon spricht, dass Israel von der Landkarte gewischt werden muss und
wenn er sich nicht bemüht zu verbergen, dass wir die ersten auf seiner
atomaren Hitliste sind, dann ist es nur natürlich, dass auch unsere eigenen
Extremisten beginnen, den Wald zu verlassen. Diese Woche sagte ein
politischer Beobachter –der eigentlich für seinen moderaten Standpunkt
bekannt ist- klar und deutlich, dass sich Israel nicht zu den 1967er Grenzen
zurückziehen solle. Warum diese plötzliche Abweichung vom internationalen
Konsens? Weil sich die Schlinge des islamischen Fundamentalismus um unseren
Hals zieht, sagte er. Welches sind die beiden letzten Worte, die
Selbstmordattentäter sprechen bevor sie jüdische Frauen und Kinder ermorden?
Allah akbar – Allah ist groß. Somit ist der Hintergrund der
Selbstmordattentate islamisch und nicht politisch. Sie betrachten uns als
Ungläubige, die inmitten eines islamischen Gebietes leben. Und sie wollen
uns in keiner Form haben – weder als politische Einheit und schon gar nicht
als religiöse Einheit.
Das Osloabkommen war ein politisches Abkommen. Doch Yassir Arafat
verwandelte es bald in einen heiligen Krieg. Die Unterzeichner auf der
palästinensischen Seite führten den Kampf des fundamentalistischen Islam.
Islamischer Fundamentalismus beunruhigt die ganze Welt, und wir sollten
besonders beunruhigt sein. Warum? Weil der Fundamentalismus nicht weit weg
ist, er ist direkt in unserer Mitte.
Für uns ist es besonders wichtig, dass politische Interessenkonflikte nicht
religiös verpackt werden. Als Ariel Scharon uns sagte, dass der Traum von
einem größeren Israel aufgegeben werden müsse, trennte er das religiöse
Element vom politischen System. Die einseitige Abkopplung vom Gazastreifen
war als politischer Schritt gedacht, als eine Art Beweis für unseren guten
Willen. Sie war eine Form zu zeigen, dass politische Abkommen und die
Abtretung von Land möglich sind. Doch wie Israels einseitiger Rückzug aus
dem Libanon erwies sich auch der Rückzug aus dem Gazastreifen als Eigentor.
Anstatt Abkommen voranzubringen, die auf Bushs Vision von zwei Staaten und
auf dem Plan des „Quartetts“ basierten, verstärkte unsere Bereitschaft zu
Kompromissen nur die anti-israelischen Aktivitäten islamischer Extremisten.
Die entlang unserer Grenze stationierte Hisbollah startete unzählige
Angriffe auf Israel. Darüber hinaus wurde der Gazastreifen, nachdem er
evakuiert war, zum Stützpunkt für den Raketenbeschuss auf Israel. Die
Abkopplung führte nicht nur nicht zu Verhandlungen mit der palästinensischen
Autonomiebehörde, sondern sie brachte sogar die Hamas an die Macht. Diese
ist ein extremistischer Flügel, der Befehle aus dem Ausland entgegennimmt
und mit dem fundamentalistischen Islam und Al-Qaida verbunden ist.
Inzwischen ist eine wachsende Anzahl von Israelis der Meinung, dass Israel
das Ziel von Terror und Raketenangriffen bleiben wird selbst wenn wir uns zu
den 1967er Grenzen zurückziehen. Die vorausgehende Schlussfolgerung scheint
diejenige zu sein, dass Abkopplung und einseitiger Rückzug gestorben sind.
Und die rechten religiösen Extremisten in unserem Land schweben gefährlich
über uns. Doch die Dinge könnten anders aussehen wenn wir engere
Verbindungen mit moderaten, säkularen islamischen Ländern wie Ägypten,
Jordanien und der Türkei aufbauen würden und wenn wir die saudische
Initiative, die es seit zwei Jahren gibt, ernsthafter verfolgen würden. Die
Dinge könnten anders aussehen, wenn wir klüger in unseren Aktionen wären:
wenn wir zum Beispiel zu der Entscheidung gelangen würden, dass es sich
lohnen könnte, den Golan aufzugeben um dafür einen vollständigen Frieden mit
Syrien –einem säkularen Staat- zu erhalten, bevor dieses auch in die Hände
des fanatischen Islam fällt.
Es ist auch möglich, dass ein dauerhaftes Abkommen mit den Palästinensern,
ein Rückzug zu den 1967er Grenzen, wie er in der "Roadmap" dargelegt wird,
und Frieden mit den moderaten Ländern um uns herum, das Bestreben des
islamischen Fundamentalismus, uns ins Meer zu werfen, nicht beenden werden.
Wonach wir streben müssen ist eine Situation, in der die Araber auch einen
Traum aufgeben.
hagalil.com 29-09-2006 |